Das Freihandelsabkommen der EU mit Peru und Kolumbien wird die sozialen und Umwelt-Konflikte verschärfen.

Offener Brief an die Abgeordneten des Europaparlaments, u.a. von Informationsstelle Peru e.V.

05.12.2012 / 03.12.2012

Sehr geehrte Abgeordnete des Europäischen Parlaments,

im Dezember wird das Freihandelsabkommen der EU mit Peru und Kolumbien dem Europäischen Parlament zur Ratifizierung vorgelegt. Die unterzeichnenden Organisationen haben Grund zur Sorge, dass dieses Abkommen die sozialen und ökologischen Konflikte in Peru und Kolumbien verschärfen wird, da es den rücksichtslosen Abbau der Rohstoffe der Länder forciert.

Das Abkommen enthält zudem keine verbindlichen Regelungen für die Einhaltung der Menschenrechte und wird an den in Peru und Kolumbien festzustellenden Menschenrechtsverletzungen nichts ändern. Ebenso fehlen verbindliche Umweltstandards im Abkommen, die sicherstellen, dass die weitere Rohstoffförderung nicht die Lebensgrundlagen der vom Abbau betroffenen lokalen Bevölkerung zerstört. In diesem Zusammenhang spielt auch die ökologisch unverantwortliche industrielle Ausbreitung von Ölpalm-Plantagen im Amazonasgebiet eine Rolle, die durch Zollregelungen im Freihandelsabkommen weiter forciert würde.

Ziel der Rohstoff-Strategie der EU und dieses Abkommens ist es, Ausfuhrbeschränkungen für Rohstoffe zu beseitigen und den europäischen Unternehmen einen direkten und ungehinderten Zugang zu den für die europäische Industrie so wichtigen Rohstoffen Perus und Kolumbiens zu verschaffen. Dabei wird in Kauf genommen, dass die sozialen und ökologischen Probleme durch den Rohstoffabbau weiter zunehmen und die dadurch ausgelösten Konflikte sich verschärfen. Hauptursache dieser Konflikte sind bereits heute der Bergbau und die Ölförderung.

In der einjährigen Amtszeit des aktuellen Präsidenten Ollanta Humala sind in Peru mindestens 16 Menschen bei den Auseinandersetzungen in Bergbaugebieten getötet worden. Der Staat hat in betroffenen Regionen den Ausnahmezustand verhängt und geht mit Polizei und Militär gegen Menschen vor, die sich gegen Landraub, die Vergiftung des Wassers und die Gefährdung der Quellen wehren. Die Menschen in den betroffenen Regionen sind trotz entsprechender Gesetze vom Staat nicht über diese Projekte befragt worden und verteidigen ihre Lebensgrundlagen, ihre Ernährung und ihre Gesundheit gegen die Übermacht einer Koalition aus Bergbaufirmen und Staat. Diese Verhältnisse verletzen auch die von der EU und Peru unterzeichnete ILO-Konvention 169, die das Recht auf freie, vorherige und informierte Zustimmung der indigenen Bevölkerung verbindlich regelt.

In Kolumbien soll der Rohstoffabbau zur „Lokomotive“ der Wirtschaft werden. Durch den Jahrzehnte währenden internen bewaffneten Konflikt in Kolumbien wurden etwa 3 bis 4 Millionen Menschen vertrieben, mehr als 16.000 Personen gelten als zwangsweise Verschwundene (Desaparecidos forzados) und von 1986 bis 2011 wurden 2.914 GewerkschafterInnen ermordet (allein in diesem Jahr 34 Personen). Internationale Bergbaukonzerne (Glencore, Drummond) sind nachweislich als Verursacher beteiligt an Umweltschäden bei der Kohleförderung im Tagebau, bei Verstößen gegen die ILO Kernarbeitsnormen und bei der Zusammenarbeit mit Paramilitärs. In Anbetracht des andauernden Landkonflikts mit ungeklärten Landtiteln können diese Konzerne kaum sicherstellen, dass ihre Investitionen nicht zu Menschenrechtsverletzungen führen.

Diese Bergbau- und Handelspolitik schreibt die Rolle dieser Länder als Rohstoff-Lieferanten fest und behindert ihre (zukünftige) Entwicklung.

Wir möchten Sie daher bitten:
· Ratifizieren Sie nicht das Freihandelsabkommen in seiner derzeitigen Fassung und unter
diesen Umständen, um die dramatische Situation in Kolumbien und Peru nicht zu verschärfen.
· Setzen Sie sich dafür ein, dass Menschen- und Arbeitsrechte, Umweltstandards und die Mitwirkungsrechte
der Bevölkerung oberste Priorität haben und umgesetzt werden müssen.
· Setzen Sie sich für eine faire und gerechte Handelspolitik mit Peru und Kolumbien ein, die
der besonderen Situation dieser Länder Rechnung trägt.
· Helfen Sie den Opfern des internen Konflikts in Kolumbien, damit für sie der nötige Schutz
gewährleistet wird, und unterstützen Sie die Menschenrechtsorganisationen in Kolumbien
und Peru in ihren Anstrengungen zur Stärkung des Rechtsstaates und der Zivilgesellschaft.


Den Offenen Brief und die Liste der mitunterzeichnenden Organisationen finden Sie im beigefügten PDF-Dokumnet