Die beste Einlagensicherung ist ein besseres Bankensystem

Bundestagsrede von Axel Troost am 29.01.2015

04.02.2015 / 29.01.2015

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Im Programm des Deutschen Bundestages hat sich inzwischen eine Reihe fest etabliert, und zwar die Reihe „Aufräumen im Bankensektor“. In dieser Reihe diskutieren wir heute über ein Thema, das sich mit alltäglichen und notwendigen Bankgeschäften befasst. Es geht um den Schutz von Bankeinlagen.

Für die allermeisten Bankkunden ist ein Bankkonto dazu da, laufende Zahlungen abzuwickeln und Geld aufzubewahren. Bei Spareinlagen kommt ein Zins knapp über oder unter der Inflationsrate dazu. Zur Zahlung von Mieten, zur Abwicklung von Löhnen und Gehältern und dergleichen ist ein persönliches Bankkonto quasi obligatorisch. Deswegen setzen wir uns als Linke auch seit langem dafür ein, dass jede und jeder einen Zugang zu einem eigenen Bankkonto hat.

(Beifall bei der LINKEN - Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wir auch!)

Mit dem Bankkonto vertraut ein Kunde seiner Bank sein Geld an in der Hoffnung, dass damit vernünftig umgegangen wird. Das lässt sich aber von außen schwer beurteilen. Was passiert, wenn die Bank es nicht tut? Aus zwei Gründen sollte sichergestellt sein, dass die Einlagen bei einer Pleite der Bank geschützt sind:

Das ist zum einen das Gerechtigkeitsargument. Da niemand vor der Eröffnung eines Kontos prüfen kann, ob eine Bank solide ist oder nicht, und man natürlich sicher sein will, dass man sein einmal eingezahltes Geld jederzeit zurückbekommt, sollte es nicht mit Geldern von Spekulanten, die hochriskante Produkte einwerben, in einen Topf geworfen werden.

Zum Zweiten ist der Schutz der Bankeinlagen auch aus Gründen der Finanzstabilität erforderlich. Wenn Bankkunden bei jedem Gerücht scharenweise ihre Gelder abräumen würden, hätten wir viele unnötige Bankpleiten und Finanzkrisen. Es ist eben schon angesprochen worden, dass wir das in Deutschland schon erlebt haben und es auch in der Krise in Großbritannien gemerkt haben. Darum gibt es in Deutschland seit vielen Jahrzehnten private, öffentlich-rechtliche und gesetzliche Sicherungssysteme, die historisch gewachsen sind.

In Europa - das ist von Herrn Meister dargestellt worden - hat sich während der Finanzkrise gezeigt, dass Nachbesserungsbedarf existiert. Daher wurde die europäische Einlagensicherungsrichtlinie überarbeitet. Jetzt geht es darum, diese in nationales Gesetz umzusetzen.

Dabei drohte ursprünglich - auch das ist angesprochen worden -, dass die Sicherungssysteme der Sparkassen und Genossenschaftsbanken in Deutschland plattgewalzt werden. Das ist nun aber nicht der Fall und auch nicht notwendig, weil in Deutschland sowohl für die Sparkassen als auch für die Kreditgenossenschaften schon immer eigene Sicherungssysteme bestanden haben. Diese Institute können nicht einzeln pleitegehen, sondern werden immer von den anderen Mitgliedern ihres Verbunds gerettet. Es ist gut, dass diese Prinzipien in die jetzt gefundene Regelung mit eingeflossen sind und es dort eine einheitliche Regelung gibt. Das ist auch wichtig und von Bedeutung, weil wir damit - im Gegensatz zur Bankenabgabe - ein System haben, bei dem die Sparkassen und die Genossenschaften für Kreditrisiken und Ausfallrisiken der Großen nicht in irgendeiner Form in die Haftung genommen werden können.

Trotzdem müssen wir aufpassen - das liegt allerdings außerhalb unserer unmittelbaren parlamentarischen Möglichkeiten -, dass im Rahmen der Leitlinie zur Beitragsberechnung, die auf Empfehlung der EBA, also der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde in London, kommt, nicht doch wieder Richtlinien erlassen werden, die möglicherweise zur Benachteiligung von Sparkassen und Genossenschaftsbanken führen. Wir müssen in den nächsten vier Wochen darauf achten - das gilt sowohl für das Finanzministerium als auch für die BaFin -, dass, wie schon gesagt, keine Regelungen getroffen werden, die von den Sparkassen als sehr negativ empfunden werden und zu erheblich höheren Kosten führen könnten. Ich glaube, dass das machbar ist. Natürlich muss auch innerhalb des öffentlich-rechtlichen Systems das Verhältnis der Sparkassen zu ihren Landesbanken neu definiert werden. Auch da wird es durchaus noch Reibungspunkte geben. Aber auch das sehen wir als nicht so problematisch an.

Das deutsche System wird also nicht umgekrempelt, und das ist auch gut so. Allerdings haben wir schon an der Lehman-Krise bzw. -Pleite gesehen, dass durchaus Gefahren bestehen. Wir alle erinnern uns, dass sich die Bundeskanzlerin und ihr Finanzminister damals trotz der bestehenden Sicherungssysteme genötigt sahen, vor die Kameras zu treten und staatlicherseits Garantien für die Sparguthaben auszusprechen. Das zeigt natürlich, dass es auch in Anbetracht der neuen Regelungen notwendig ist, zu verhindern, dass es zu systemischen großen Krisen kommt. Denn große Krisen stellen Sicherungssysteme, wenn sie einen zu geringen Umfang haben, sofort wieder infrage. Insofern muss man sicherstellen, dass massive Vertrauensverluste gar nicht erst entstehen können. Das heißt, man muss das Finanzsystem so krisensicher machen, dass eine Massenpanik verhindert werden kann. Daher sagen wir immer wieder: Die beste Einlagensicherung besteht darin, ein Finanzsystem zu schaffen, das die Banken davor bewahrt, aus Renditegier auf den Abgrund hin zu spekulieren.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das ist, glaube ich, nach wie vor die zentrale Aufgabe.

Wir haben in der Reihe „Wir retten die Banken und helfen, die Banken sicherer zu machen“ jetzt noch eine große Aufgabe vor uns, nämlich die Schaffung eines Trennbankensystems. Hier stellt sich die Frage: Kommt da wirklich etwas in Gang, was zur Stabilisierung des Systems führt? Ich möchte in diesem Zusammenhang daran erinnern: Die Deutsche Bank hat ein Bilanzvolumen von 1,7 Billionen Euro. Damit ist das Bilanzvolumen dieser einen Bank größer als das Bruttoinlandsprodukt von Italien. Diese Dimensionen müssen verkleinert werden.

Wenn es mit dem Trennbankengesetz nicht gelingt, die Deutsche Bank in deutlichem Umfang zu verkleinern und ihre Zockergeschäfte in London und New York von dem zu sichernden Geschäft in der Bundesrepublik Deutschland zu trennen, dann sind wir als Tiger losgesprungen, aber letztlich als Bettvorleger gelandet. Es geht um die Stabilisierung des Systems und um die Frage, ob Großbanken wirklich verkleinert werden oder nicht. Wenn dies nicht gelingt, hätte ich, um im Bild zu bleiben, den Eindruck, dass wir mit all den Bankensicherungspaketen zwar vorhatten, in die Hochseefischerei einzusteigen, am Schluss aber beim Angeln im Dorfteich gelandet sind. Wenn wir es nicht schaffen, diese großen Einheiten zu verkleinern, werden wir es immer wieder mit großen Instabilitäten im Finanzsystem zu tun bekommen. Dann nutzt die Einlagensicherung alleine, so gut sie jetzt auch ausgestattet werden soll, nichts. Ich möchte gerne, dass wir im Hinblick auf die Trennbanken auch in der Bundesrepublik Deutschland wirklich Veränderungen im Bankensystem hinbekommen.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)