SZ führt Leser in die Irre

ver.di News: Angeblich droht "den" Arbeitnehmer/innen eine kräftige Erhöhung der Sozialabgaben

17.10.2013 / www.verdi-news.de, 16.10.2013

(hem) "Deutlich höhere Sozialbeiträge für Arbeitnehmer" schlagzeilt am 10. Oktober die "Süddeutsche Zeitung", und der Text beginnt so: "Auf die Arbeitnehmer kommen 2014 deutlich höhere Sozialabgaben zu." Und weiter im Text: "Weil die Unternehmen etwa die Hälfte der Beiträge zahlen, drohen auch ihnen für jeden Beschäftigten ähnlich hohe Kosten." Die noch amtierende schwarz-gelbe Bundesregierung wolle eine entsprechende Verordnung am Mittwoch der folgenden Woche beschließen: "Das Papier liegt der Süddeutschen Zeitung vor."

Soll wohl heißen: Die Qualitätszeitung aus München hat mal wieder etwas herausgefunden, was andere längst noch nicht wissen. Aber dem SZ-Leser schwillt der Kamm: Da haben sie versprochen, die Steuern nicht zu erhöhen, und jetzt fangen sie an, mit den Sozialabgaben zu tricksen.

Aber was die "Süddeutsche" da schreibt, ist eine ganz gewöhnliche Zeitungsente - zwar nicht direkt eine Falschmeldung, aber doch extrem irreführend. Es folgen noch Bemerkungen zu den "sogenannten Beitragsbemessungsgrenzen", die "von der Einkommensentwicklung abhängig" seien. Schließlich bemüht die Redaktion gar einen leibhaftigen "Professor für Steuerwirkungslehre an der Freien Universität Berlin".

Irgendwann ahnt dann der verärgerte Leser, dass es um die alljährliche Neufestsetzung der Bemessungsgrenzen in der gesetzlichen Sozialversicherung geht, die aber keineswegs "die" Arbeitnehmer und "jeden" Beschäftigten betrifft, sondern ausschließlich solche, die bisher über eine Bruttomonatseinkommen von mindestens 3937,50 Euro verfügen.

Bei 4000 Euro im Monat sind es 3,72 Euro mehr

Ein Single mit einem Gehalt von 4000 Euro im Monat muss laut SZ demnach 44,64 Euro zusätzlich berappen - im Jahr, also geschlagene 3,72 Euro im Monat. Und das geht dann hinauf bis zu Leuten, die 5950 Euro im Monat bekommen: Für die entsteht eine monatliche Mehrbelastung von 20,92 Euro, was aber schon das Maximum ist, das auch bei einem Monatsgehalt von 7000 oder 9000 Euro oder mehr anfällt. Weil die neue Grenze des Einkommens, für das Rentenversicherungsbeiträge fällig werden, die "Bemessungsgrenze", im nächsten Jahr in Westdeutschland eben bei 5950 Euro liegen soll (siehe Tabelle).

Aber die Nachricht von den "deutlich höheren Sozialbeiträgen für Arbeitnehmer" geht - unter Berufung auf den Text der "Süddeutschen" - durch die Republik und von anderen Medien teils wortgleich übernommen. Mit ein paar Ausnahmen: Ausgerechnet "Focus Money online", der gesetzlichen Sozialversicherung ansonsten nicht unbedingt besonders freundschaftlich verbunden, überschreibt seinen Beitrag zum Thema so: "Ab 3937,50 Euro brutto steigen die Sozialabgaben."