Deutsche Arbeitskosten: Eine Quelle der Instabilität im Euroraum

Auswertung der Eurostat-Statistik für 2010

14.12.2011 / Torsten Niechoj, Ulrike Stein, Sabine Stephan und Rudolf Zwiener

Seit Beginn der Währungsunion sind die Arbeitskosten in der Privatwirtschaft in Deutschland deutlich
langsamer gestiegen als in den übrigen EWU-Ländern. Zuletzt, im Jahr 2010, nahmen sie gerade mal um 0,6 Prozent zu; im übrigen Euroraum stiegen sie um 1,6 Prozent. Arbeitskosten beeinflussen – als ein wesentlicher Kostenfaktor – die Preise und die Konkurrenzfähigkeit einer Volkswirtschaft und damit die Exportentwicklung. Als Einkommensgröße wirken sie auf die Konsumnachfrage und damit auf die Importe. So dämpfen unterdurchschnittliche Zuwächse bei den Arbeitskosten – Beispiel Deutschland – den inländischen Preisauftrieb, die Binnennachfrage und die Importe und stimulieren zugleich über eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit die Exporte. Beides führt zu Leistungsbilanzüberschüssen. Umgekehrt führen relativ hohe Zuwächse der Arbeitskosten zwar zu einer starken Binnennachfrage, aber auch zu Leistungsbilanzdefiziten. Um außenwirtschaftliche Stabilität zu erreichen, gilt es also, einem gleichgewichtigen Pfad der Arbeitskosten zu folgen. Die über Jahre kumulierte Verbesserung der preislichen Wettbewerbsfähigkeit gegenüber den anderen Mitgliedsländern hat zu massiven bilateralen Leistungsbilanzungleichgewichten beigetragen. Deutschland hat als größte Ökonomie Europas eine besondere Verantwortung. Am Beispiel Deutschlands zeigt sich, dass nicht nur überdurchschnittliche Arbeitskostensteigerungen, sondern auch Unterschreitungen die Stabilität des gemeinsamen Währungsraums bedrohen.(...)