Öffentliche Daseinsvorsorge stärken – Für gleichwertige Lebensverhältnisse den Solidaritätszuschlag auch nach 2019 erhalten

Dringlichkeitsantrag an die 3. Tagung des 4. Parteitages der Partei DIE LINKE 6./7. Juni 2015 in Bielefeld

05.06.2015 / 05.06.2015

AntragstellerInnen: Susanna Karawanskij, Axel Troost, Stefan Hartmann,

Der Parteitag möge beschließen:

1. Die LINKE steht für den Erhalt des Solidaritätszuschlags über das Jahr 2019 hinaus als wichtigen Bestandteil des linken Steuerkonzepts und zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland und spricht sich für die Beibehaltung des Solidaritätszuschlags als allgemeine Bundessteuer in seiner bisherigen Höhe aus.

2. Der Bundesparteitag beauftragt die Linksfraktion im Deutschen Bundestag konkrete Ansätze zu erarbeiten, wie der Solidaritätszuschlag im Rahmen der Reform des Länderfinanzausgleichs und eines Solidarpakts III ab 2019 im Sinne der strukturellen und wirtschaftlichen Konvergenz als stetige Mittel für die kommunale Daseinsvorsorge für strukturschwache Regionen zukünftig im ganzen Bundesgebiet verwendet werden kann.

Begründung:

In den letzten Wochen hat das Bundesfinanzministerium im Rahmen der Verhandlungen der Bundeskanzlerin mit den RegierungschefInnen der Bundesländer über die Weiterführung des Länderfinanzausgleiches ein Konzept vorgelegt, dass ab 2019 die schrittweise Abschaffung des Solidaritätszuschlages vorsieht. Möglicherweise findet hierzu bereits eine Einigung bei einem Spitzengespräch in diesem Monat statt. Der Solidaritätszuschlag ist eine Bundessteuer ohne Zweckbindung und Verfallsdatum.

Das Solidaritätszuschlagsgesetz 1995 wurde mit der Herstellung der Einheit Deutschlands, der langfristigen Sicherung des Aufbaus in den neuen Ländern, der Neuordnung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs und der Entlastung der öffentlichen Haushalte begründet.

Der Solidaritätszuschlag sieht bisher neben dem Aufbau Ost, die Nutzung zur Haushaltsentlastung vor und ist Bestandteil des allgemeinen Länderfinanzausgleichs. Ihn weiterhin in diesem Sinne einzusetzen, vor allem angesichts der strukturellen Auseinanderentwicklung von strukturschwachen und strukturstarken Regionen im Bundesgebiet ist ein guter und wichtiger Baustein zur Herstellung regionaler Kohäsion in Deutschland. Der Solidaritätszuschlag hat einen großen Beitrag geleistet für die Vereinigung Deutschlands durch die Förderung einer strukturellen und wirtschaftlichen Konvergenz der neuen mit den alten Bundesländern.

Die Sonderaufgabe des Bundes "Aufbau Ost" ist leider noch nicht beendet. Es besteht dafür weiterhin Finanzierungsbedarf, der die Finanzkraft der Länder übersteigt. Auch wenn große Teile des investiven Nachholbedarfs im Osten abgearbeitet sind, bleibt die Angleichung der wirtschaftlichen und damit auch sozialen Situation bis heute weit hinter den Erwartungen zurück. Während einige wenige Regionen auf West-Niveau aufschließen konnten, droht die überwiegende Zahl ostdeutscher Regionen dauerhaft abgehängt zu werden. Die gleiche Situation einer strukturellen Auseinanderentwicklung ist auch vermehrt im Westen zu beobachten: Regionen mit Strukturschwächen und hoher Arbeitslosigkeit, geringen Steuereinnahmen und hoher Verschuldung stellen Herausforderungen dar, welche die Finanzkraft der Bundesländer übersteigen und eine Finanzierungsverantwortung des Bundes begründen. Eine Schwächung des finanziellen Spielraums des Staates wäre unverantwortlich angesichts der fortschreitenden wirtschaftlichen Abkopplung strukturschwacher Gebiete in Ost und West. Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach die Verfassungsgemäßheit des Solidaritätszuschlags (Soli) unterstrichen und Verfassungsbeschwerden und Normenkontrollanträge in den letzten Jahren stets zurückgewiesen. Zu neuerlichen Bedenken, der Soli stelle grundsätzlich ein juristisches Haushaltsrisiko dar, gibt es daher keinen Anlass. Eine ersatzlose Abschaffung des Solidaritätszuschlags ab 2019 würde einen einschneidenden Einnahmeausfall von mindestens 19 Milliarden Euro jährlich für den Bund darstellen.

Aufgrund der spezifischen Ausgestaltung des Solidaritätszuschlags ist dieser auch bei der Einkommensbelastung gerecht gestaltet und leistet einen entsprechenden Teil zur solidarischen Finanzierung staatlicher Aufgaben bzw. der staatlichen Daseinsvorsorge.

Von seinem Wegfall würden vor allem Gutverdiener und Kinderlose profitieren und damit einen geringeren finanziellen Beitrag als bisher an der Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland leisten.

Bisher finanzierte der Solidaritätszuschlag den Solidarpakt I und II und sollte auch zukünftig dafür verwendet werden gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland zu erreichen. Zu diesem Zweck sind verschiedene föderale Ausgleichsmöglichkeiten denkbar. Ein weiterer Teil der Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag könnte nach 2019 als Mittel für die kommunale Daseinsvorsorge sowie im Rahmen eines bundesweiten Solidarpaktes III für strukturschwache Regionen verwendet werden, um damit zukünftig im ganzen Bundesgebiet mit strukturausgleichenden Maßnahmen und Förderprogrammen die bestehenden Strukturschwächen und die ausgezehrte Infrastruktur gezielt anzugehen.

Die noch nicht vollständig bewältigten Aufgaben im Osten und neue drängende Herausforderungen im Westen machen die Notwendigkeit deutlich, dass der Solidaritätszuschlages und die Ausdehnung seiner Verwendung zugunsten strukturschwacher Gebiete im ganzen Bundesgebiet weitergeführt werden muss – Der Soli wird nach wie vor dringend gebraucht!