Schwarze Null nur durch Griff in die Sozialkassen

Von Annelie Buntenbach

16.04.2015 / DGB, 14.04.2015

Die "schwarze Null" im Bundeshaushalt ist nur möglich, weil gesamtgesellschaftliche Aufgaben immer stärker aus den Kassen der Sozialversicherungen bezahlt werden statt aus Steuern. Auf Kosten der Beitragszahler. Die Mütterrente etwa macht drei Viertel der Kosten des Rentenpakets aus – müsste aber eigentlich aus Steuermitteln finanziert werden, sagt DGB-Vorstand Annelie Buntenbach.

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach: "Wenn der Finanzminister die Löcher in seinem Haushalt stopfen will, ist er bei den sozialen Sicherungssystemen an der falschen Adresse."

"Für die schwarze Null zahlen die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler der Sozialversicherungen, obwohl die Rente und die Leistungen bei Krankheit, Arbeitslosigkeit und Pflegebedürftigkeit eigentlich dringend ausgebaut werden müssten", kritisiert DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach. Ein DGB-Papier (Download weiter unten) zeigt: Sowohl von der Renten- als auch der Kranken- und der Arbeitslosenversicherung werden gesamtgesellschaftliche Aufgaben immer stärker mitfinanziert – obwohl das eigentlich Aufgabe des Bundes über Steuern wäre. Bezahlt wird Bundesfinanzminister Schäubles "schwarze Null" also zu wesentlichen Teilen von den gesetzlich Versicherten.

Buntenbach: Finanzminister sollte sich an wirtschaftlich Starke halten

"Wenn der Finanzminister die Löcher in seinem Haushalt stopfen will, ist er bei den sozialen Sicherungssystemen an der falschen Adresse", sagt DGB-Vorstand Buntenbach. "Der Finanzminister sollte sich lieber an die wirtschaftlichen Starken halten. Ihre hohen Einkommen und Vermögen müssen angemessen besteuert werden."

Deutschland brauche "ein langfristig zukunftsfähiges System der sozialen Sicherung, es darf nicht für kurzfristige Haushaltsziele kaputtgespart werden", so Buntenbach weiter. "Der Rente mit 63 wird jetzt der schwarze Peter für die sinkenden Rücklagen der Rentenversicherungzugeschrieben, obwohl die Mütterrente, die eigentlich aus Steuermitteln finanziert werden müsste, mit fast drei Vierteln der Kosten des Rentenpakets zu Buche schlägt."

Weitere Beispiele:

  • Die Steuerzuschüsse für gesamtgesellschaftliche Aufgaben an die Renten- und Krankenversicherung sind in den vergangenen Jahren um Milliardenbeträge gekürzt worden.

  • Auch die Arbeitslosenversicherung bleibt nicht verschont: Mit den Hartz-Gesetzen hat der Bund mehr als zuvor Arbeitslosenversicherungsbeiträge zweckentfremdet und direkt in den Bundeshaushalt umgeleitet. So wurde ein so genannter Eingliederungsbeitrag beschlossen, mit dem der Bund zwischen 2005 und 2012 insgesamt 33 Milliarden Euro aus den Beitragszahlertaschen herausgezogen und in den Bundeshaushalt umgeleitet hat.

  • Milliarden von Euro, die für die Alterssicherung veranschlagt waren, behält der Finanzminister gleich: Die Riester-Reform, mit der ein Teil der Alterssicherung privatisiert und gleichzeitig das Leistungsniveau der umlagefinanzierten Rente gesenkt wurde, veranschlagte damals für die Förderung der privaten Verträge 7,5 Milliarden Euro: Geld, das explizit für die Alterssicherung vorgesehen war. Heute sind für die Riesterförderung jährlich nur noch rund 3,3 Milliarden Euro vorgesehen.

  • Durch das Präventionsgesetz wird der Etat der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung durch die gesetzlichen Krankenkassen verdoppelt. Damit müssen gesetzlich Versicherte für diese Bundesbehörde doppelt zahlen: über Steuern und über Krankenversicherungsbeiträge.

"Wir brauchen keine schwarze Null als Mogelpackung zu Lasten der sozialen Sicherungssysteme", so Annelie Buntenbach.