Syrizas Erfolg ist ein Hoffnungszeichen für einen Neuanfang in Europa!

Pressemitteilung zur Parlamentswahl in Griechenland von Katja Kipping und Bernd Riexinger

25.01.2015 / 25.01.2015

Jetzt ist Solidarität mit Griechenland und ein Kurswechsel in der europäischen Krisenpolitik gefragt! Zum Ausgang der vorgezogenen Parlamentswahlen in Griechenland und dem Erfolg von Syriza erklären für den Parteivorstand der Partei DIE LINKE, die Vorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger:

Die Prognose und die bisherigen Auszählungen deuten auf einen deutlichen Erfolg Syrizas bei den griechischen Parlamentswahlen hin. Als LINKE haben wir unsere Schwesterpartei Syriza im Wahlkampf unterstützt und freuen uns mit ihr über den Erfolg! Jetzt hoffen wir gemeinsam mit den vielen Menschen in Griechenland, die jahrelang gegen die unsoziale Kürzungspolitik protestiert und in den letzten Monaten für diesen Erfolg gekämpft haben, dass eine von Syriza geführte Regierung, eine Alternative zum sozialen und wirtschaftlichen Kahlschlag durchsetzen kann. Ein solcher Kurswechsel könnte den Anfang vom Ende des Zeitalters der verheerenden neoliberalen Politik und der Krisenverschärfung durch Austerität in Europa einleiten!

Heute steht fest: Die von der Troika und der Bundesregierung verschriebene Politik des wirtschaftlichen Raubbaus und sozialen Kahlschlags wurde abgewählt! Angela Merkels Strategie der Einmischung in die demokratische Willensbildung der griechischen Bevölkerung – mehr oder weniger verdeckte Drohgebährden und Warnungen vor einem Wahlsieg Syrizas - ist nicht aufgegangen. Die Linke in Griechenland ist, gestärkt durch die Proteste gegen die Kürzungspolitik und die Bewegungen für „wirkliche Demokratie“ auf den Straßen und Plätzen, zur Hoffnung vieler Menschen auf einen radikalen Neuanfang und eine bessere Zukunft geworden. Eine von Syriza geführte Regierung birgt nun die Chance, Perspektiven für die Mehrheit der Menschen in Griechenland zu schaffen, die unter Armut, Arbeitslosigkeit und einem durch die Kürzungspolitik zerstörten Gesundheitssystem leiden. Durch einen Kurswechsel in der Wirtschaftspolitik kann der Teufelskreislauf von Verschuldung, sozialem Kahlschlag, wirtschaftlicher Depression und weiterer Verschuldung beendet werden.

Die Wahl in Griechenland ist nicht aber nicht nur für Griechenland eine Zäsur, sondern für ganz Europa. Sie eröffnet Chancen für einen demokratischen Aufbruch und einen grundlegenden Richtungswechsel der Europäischen Union. Die von der Bundesregierung maßgeblich geprägte
sogenannte „Euro-Rettungspolitik“ der Troika ist gescheitert! Der soziale Kahlschlag durch Austeritätspolitik führt nicht zur Verringerung der Staatsschulden, sondern zur Explosion von Armut und Arbeitslosigkeit. Die neoliberalen Rezepte aus dem Rezeptbuch der Berater der Kanzlerin - radikale Kürzungspolitik in Südeuropa und „schwarze Null“ hierzulande, der Export der deutschen Agenda-Politik, der Förderung prekärer Arbeit und des Niedriglohns - haben Europa in die Stagnation und vor allem die Jugend in die Perspektivlosigkeit geführt. Die europäische Demokratie wurde durch den Kniefall vor den Finanzinvestoren, durch die autoritäre Durchsetzung der Kürzungsprogramme und die Schwächung der Parlamente nachhaltig geschädigt. Diese Politik stößt an die Grenzen ihrer Durchsetzbarkeit. Bei den Wahlen in Spanien könnte sich diese Entwicklung fortsetzen.

Die Bundesregierung und die EZB müssen dem demokratischen Willen zu einem Ende der verheerenden Kürzungspolitik Rechnung tragen! Jeder
Versuch, den politischen Richtungswechsel in Griechenland durch Einflussnahme der EZB, der EU oder Bundesregierung zu torpedieren, würde der Demokratie in Europa weiteren Schaden zufügen! Die Regierungsparteien müssen jetzt die Konsequenzen aus dem Scheitern ihrer Krisen- und Europapolitik ziehen. Es gilt, die Chance für eine breit getragene gesellschaftspolitische Diskussion über einen grundlegenden wirtschaftlichen, sozialen und demokratischen Richtungswechsel in der EU zu nutzen.

Die Krise in Europa kann weder durch den sozialen Kahlschlag der Austeritätspolitik noch durch die bisherige EZB-Politik, die die kleinen SparerInnen und die Mittelschichten belastet, gelöst werden! Als LINKE wenden wir uns aktiv gegen alle Versuche, die sozialen Interessen der Menschen in Deutschland gegen die der griechischen Bevölkerung in Stellung zu bringen. Der Konflikt um die Zukunft Europas verläuft nicht zwischen Nord- und Südeuropa, nicht zwischen „Mitte“ und „unten“, sondern zwischen den Profitinteressen von Banken und Konzernen und den Lebensbedingungen der Mehrheit der Menschen. Die Austeritätspolitik, die die Menschen in Europa ihrer Zukunft beraubt, muss sofort beendet werden! Stattdessen muss in sozial gerechtes und ökologisch zukunftsfähiges Wachstum investiert werden. Um die Krise zu überwinden, braucht es ein europäisches Zukunftsinvestitionsprogramm, das durch die EZB und durch höhere Steuern für Konzerne und Superreiche finanziert wird. Als LINKE unterstützen wir Syrizas Forderung nach einer europäischen Schuldenkonferenz und einem konditionierten Schuldenschnitt. Die Kosten eines Schuldenschnitts dürfen nicht wie bei der Bankenrettung auf die Masse der SteuerzahlerInnen abgewälzt werden, vielmehr müssen die Banken und Milliardäre, die seit Jahren von der Verschuldung profitieren, zur Kasse gebeten werden! Durch ein gerechtes Steuersystem und eine Vermögensabgabe für Millionäre und Milliardäre können die Finanzmärkte entwaffnet, die Staatsschulden verringert und Spielräume für sozial gerechte und ökologische sinnvolle Investitionen in Europa geschaffen werden! Die Chancen für einen solchen Politikwechsel haben sich durch die Wahlen in Griechenland verbessert - der Wahlsieg Syrizas ist daher auch ein Signal der Hoffnung für alle Menschen in Deutschland, die sich bessere Löhne und Renten, mehr soziale Gerechtigkeit, ein wirklich soziales Europa und eine Wiederbelebung der Demokratie in der EU wünschen!

Welche Spielräume für einen Politikwechsel eine zukünftige von Syriza geführte Regierung hat und ob es zu einem grundlegenden sozialen und politischen Richtungswechsel in der EU kommt, hängt maßgeblich von politischem Druck ab. In den kommenden Wochen und Monaten gilt es, praktische Solidarität und gemeinsame politische Initiativen der europäischen Zivilgesellschaft, von Parteien, Gewerkschaften und sozialen Bewegungen für soziale Gerechtigkeit, Umverteilung und echte Demokratie in Europa zu organisieren. Gerade die deutschen Gewerkschaften sind jetzt gefordert, den Druck für einen sozialen Kurswechsel in der Europapolitik zu verstärken. Als LINKE werden wir Solidaritätsveranstaltungen organisieren, Städtepartnerschaften und Solidaritätskomitees und -bündnisse unterstützen und uns für ein gemeinsames Handeln der linken Parteien und der sozialen Bewegungen in Europa engagieren.