Tobin geht auch ohne FDP

Von Barbara Höll, Mitglied des Vorstandes, Leiterin des Arbeitskreises Wirtschaft, Finanzen, Steuern, Energie, Umwelt und steuerpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

25.01.2012 / DIE WOCHE, WÖCHENTLICHE KOLUMNE AUF LINKSFRAKTION.DE


Als vielen Politikern der Begriff Tobin-Steuer, also die Besteuerung von Devisentransaktionen zur Eindämmung von Spekulation, noch ein Fremdwort war, forderten wir diese Steuer bereits: 1999 im Antrag zur "Einführung einer Steuer auf spekulative Devisenumsätze", Drucksache 14/840. Ein Hinweis auf die Werbung mit den Schweizer Kräuterbonbons "Wer hat´s erfunden?" sei hier mal gemacht, aber nicht weiter ausgeführt. Dieser Antrag ist nun gut 13 Jahre her, doch auch im Wissen der Fehlentwicklungen auf den Finanzmärkten, mit den entsprechenden negativen Folgen für Unternehmen sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wurde seitdem die Deregulierung der Finanzmärkte von sämtlichen Regierungen vorangetrieben.

Wozu das führte, können wir gut erkennen, wenn wir uns die letzten Jahre sowie die aktuelle finanzielle Lage in Deutschland und Europa ins Gedächtnis rufen. Die Bundeskanzlerin hat groß versprochen, die Finanzmärkte zu regulieren sowie die Kosten der Krise nicht allein auf die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler abzuwälzen. Doch das war nur heiße Luft, denn passiert ist bisher kaum etwas. Die wahnwitzigen Geschäfte auf den Finanzmärkten gehen weiter. So zielt auch das 2. Finanzmarktstabilisierungsgesetz, das diese Woche im Bundestag verabschiedet werden soll, nicht darauf ab, künftige Krisen zu verhindern. Mit dem 1. Finanzmarktstabilisierungsgesetz hat sich zum Beispiel die Commerzbank mit staatlichem Kapital eingedeckt, zahlte jedoch nur einen Bruchteil der Zinsen zurück und verschaffte sich gegenüber Sparkassen und Genossenschaftsbanken - diejenigen, die am wenigsten zur Finanzkrise beigetragen haben - Wettbewerbsvorteile.

Nun aber, so hört und staunt man, will selbst die Bundesregierung, oder sagen wir, wollen Teile davon eine Finanztransaktionsteuer – sozusagen eine Weiterentwicklung der Tobin-Steuer – einführen, am liebsten in der EU-27, doch zur Not auch in der EU-17. Hier erhofft man sich bis März Ergebnisse. So ist es vom Bundesfinanzminister Schäuble heute zu hören. Was jedoch die FDP hier politisch liefert, grenzt beinahe an Realitätsverlust. Während sich sogar Europa-Abgeordnete der FDP für eine Finanztransaktionsteuer stark machen, bleibt die FDP-Bundestagsfraktion bei ihrem Nein. Das Gezerre mit der FDP gestaltet sich für die CDU zunehmend zu einem wahnwitzigen Spielchen. Die FDP hat nichts mehr zu verlieren – nicht mal ein Programm zur Überwindung dieser Finanzmarktkrise. Das hatte sie nämlich erst gar nicht. Nein, sie geht mit ihrer unfähigen Macho-Boygroup sowie Herrn Brüderle gegenüber der Kanzlerin auf totalen Konfrontationskurs. Das wäre so, als wenn eine Maus einer Katze den Weg weisen würde.

Wie abstrus die Debatte ist, zeigt sich beispielsweise an Äußerungen von Kollege Wissing, der in der ARD zur Finanztransaktionsteuer sagte: "Das ist nicht zu verantworten." An einer anderen Stelle jedoch meinte er, "dass er eine Finanztransaktionsteuer für alle EU-27-Staaten nicht mehr ausschließe". Man habe Angst um den Finanzstandort Deutschland. Ach ja, darum ging es - die alte Leier der Liberalen und deren Lobgesang auf die Finanzmärkte. Was ist denn mit den Menschen, die nicht im Finanzsektor arbeiten und durch die Krise vielleicht Einkommensverlusten zu verkraften hatten, oder sogar den Job verloren haben, könnte man die FDP frage. Die FDP führt als Argument für die Ablehnung der Finanztransaktionsteuer lediglich die Gefahr einer Abwanderung der Finanzgeschäfte nach Großbritannien an, denn Großbritannien spricht sich strikt gegen eine Finanztransaktionsteuer aus. Das heißt, würde Großbritannien nun doch dafür stimmen, wäre die FDP dann für eine Finanztransaktionsteuer?

Fakt ist, will man die Übermacht der Finanzmärkte zurückdrängen, braucht es dazu eine Finanztransaktionsteuer. Will man ein übergreifendes und nicht von Ausnahmetatbeständen durchlöchertes Mittel zu Regulierung der Finanzmärkte etablieren, bleibt von den diskutierten Vorschlägen am Ende nur die Finanztransaktionsteuer übrig. Der von der FDP ins Spiel gebrachte Vorschlag einer Börsensteuer ist nicht geeignet, Spekulationen entgegen zu wirken, denn die Spekulation mit Anleihen und Derivaten, welche einen Großteil der ausmachen, würde durch das Modell Rösler & Brüderle nicht erfasst.

Ich hoffe, dass die Bundeskanzlerin sich nicht weiter von der FDP vorführen lässt und sich fleißig weiter für eine Finanztransaktionsteuer einsetzen wird. Frau Merkel, wir brauchen die Finanztransaktionsteuer – und zwar jetzt. Das geht auch ohne FDP.