Halbherzigkeit beim Jahresteuergesetzentwurf 2010

Rede von Barbara Höll zum Jahressteuergesetzentwurf 2010 der Bundesregierung.

01.07.2010

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Üblicherweise wird das Jahressteuergesetz im Vorjahr, bevor es in Kraft tritt verabschiedet. Dieses hier, wird frühestens im September 2010 verabschiedet werden können. Das ist Konzeptionslosigkeit und höchstproblematisch, da Änderungen teilweise rückwirkend sind und zu erhöhter Rechtsunsicherheit führen. Die Leidtragenden Ihrer Politik sind dann wieder einmal die Bürgerinnen und Bürger.


Das Gesetz beinhaltet eine Vielzahl kleinerer Änderungen im Steuerrecht, es ist sozusagen ein Feinschliff des Steuerrechts mit geringen finanziellen Auswirkungen. Da wird mal hier mal da etwas herumgedoktert, aber grundlegende Änderungen – Fehlanzeige.
Dabei wären diese jetzt dringend von Nöten, um auch endlich hohe Einkommen und Vermögen zur Finanzierung heranzuziehen? Selbst in ihren Reihen werden Stimmen laut, die z.B. den Spitzensteuersatz erhöhen wollen. Und auch von Vermögenden hört man, dass sie mehr zur Finanzierung beitragen würden. Nur die Bundesregierung denkt nicht daran!
Statt die Chance zu ergreifen, z.B. die Abgeltungsteuer abzuschaffen und damit Kapitaleinkommen wieder nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu besteuern, doktern sie wieder nur an dieser Regelung herum. Die Ungerechtigkeit bleibt erhalten, denn Kapitaleinkommen werden immer noch bevorzugt behandelt, weil sehr hohe Kapitaleinkommen im Vergleich zu Arbeitseinkommen geringer besteuert werden.
Die Folge des herumdokterns:
es wird noch komplizierter, statt einfacher. Sage und schreibe 105 Seiten Leitlinien hat das Bundesfinanzministerium veröffentlicht, um den Umgang mit der Abgeltungssteuer zu erleichtern. Steuervereinfachung ist das nicht!
Daher fordern wir: schaffen sie die Abgeltungsteuer ab und sorgen sie dafür, dass Kapitaleinkommen endlich wieder zum persönlichen Einkommensteuersatz versteuert werden.
Meine Damen und Herren.
Positiv in diesem Jahressteuergesetzentwurf möchten wir hervorheben, dass eine Angleichung der eingetragenen Lebenspartnerschaft an die Ehe geplant ist. Das ist aber nur ein Minischritt, denn die Gleichstellung im Bereich der Einkommensteuer fehlt weiterhin. Also machen wir es uns einfacher. Öffnen wir die Ehe. Damit wären unzählige Veränderungen von Gesetzen sowie Verordnungen auf Bundes- und Landesebene nicht mehr nötig!
Ebenfalls finden wir es gut, dass Lebensversicherungen krisenfester werden sollen. Allerdings kritisieren wir den Weg, wie sie das bewerkstelligen wollen. Durch die geplante Fristverlängerung von 3 auf 5 Jahre, in denen die Rückstellungen steuerfrei sind, verringert sich der Anreiz für Versicherer, die Risikogewinne zeitnah auszuzahlen. Damit geht die Regelung, wie sie geplant ist, zu Lasten der Versicherten. Statt die Eigentümer und Aktionäre heranzuziehen, z.B. über ein Dividendenausschüttungsverbot, wählen sie den einfachen Weg, indem sie die Versicherten belasten.

Ich möchte zum Schluss noch den Punkt Nichtanwendungserlasse durch das Bundesministerium der Finanzen ansprechen. Was heißt das? Jemand fühlt sich steuerlich ungerecht behandelt und klagt deswegen – und bekommt Recht. Nun folgt ein Nichtanwendungserlass des BMF, welcher dazu führt, dass von diesem meist steuerzahlerfreundlichen Urteil nur der oder die Klagende profitiert. Für alle anderen Steuerzahler gilt das Urteil nicht. Das ist doch eine Frechheit, wenn ein gültiges Urteil vorliegt, müsste es doch auch für alle anderen gelten! Das ignorieren der BFH-Urteile, stellt auch die Frage nach der Respektierung der Gewaltenteilung. Besser wären gleich vernünftige Gesetzesänderungen, welche sie hiermit ja zum Teil vornehmen wollen.
Meine Damen und Herren, das waren nur ein paar Kritikpunkte.
Kurzum: Überarbeiten sie das Jahressteuergesetz noch mal. Zeit dafür ist ja in den nächsten Wochen vorhanden.
Vielen Dank!