Sechzig Jahre Tarifvertraggesetz: Tarifverträge restabilisieren

15.04.2009 / Rudolf Hickel

"Am 9. April hatte die sozialstaatliche „Magna Charta“ zur Regelung von Entlohnungs und Arbeitsbedingungen in den Betrieben ihren sechzigsten Geburtstag. Praktisch einen Monat früher als die Verabschiedung des Grundgesetzes ist das Tarifvertragsgesetz in Kraft getreten. Die insgesamt nur dreizehn Paragraphen haben es in sich. Sie sichern die kollektive Festlegung von Mindeststandards bei den Arbeitsentgelten, der Arbeitszeit sowie vieler anderer, für die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten wichtige Anforderungen. Jenseits vom Staat und jenseits von den Unternehmen im kapitalistischen Wettbewerb sichert das Grundgesetz die Tarifautonomie. Die Basis bildet das in Artikel 9 GG festgeschriebene „Recht zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden“. Dieses Koalitionsrecht basiert auf der Tatsache: Beschäftigte wären bei der individuellen Aushandlung ihrer Entlohnung wegen der Abhängigkeit vom „Investitionsmonopol“ der Unternehmen Freiwild. Es bedarf der Gegenmacht der von Arbeitsplätzen Abhängigen durch ihre Gewerkschaften. Diese Machtbalance zwischen Arbeit und Kapital ist den Neoliberalen ein Dorn im Auge. Während der Neoliberalismus von der Ideologie der Freiheitsrechte für Alle schwafelt, wird faktisch wegen der strukturellen Überlegenheit durch die Verfügung über die Produktionsmittel die Dispositionsmacht der Unternehmen gestärkt und die Abhängigkeit der abhängig Beschäftigten ausgeweitet. Es bedarf jedoch dieses kollektiven Schutzes, um die individuellen Lebensverhältnisse der abhängig Beschäftigten zu verbessern."

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