Die Risiken des Cross-Border-Leasing

Durch die Finanzkrise könnten auf deutsche Kommunen hohe Verluste zukommen – Beispiel Leipzig

02.10.2008 / Von Dieter Janke, Neues Deutschland

Die schwere Bankenkrise bereitet mittlerweile auch Kommunen Sorgen. Durch die vor einigen Jahren geschlossenen Cross-Border-Leasing-Verträge könnten zum Beispiel auf die Stadt Leipzig im schlimmsten Falle Belastungen in dreistelliger Millionenhöhe zukommen.

Vor einigen Jahren waren in deutschen Kommunen unter dem Stichwort Cross Border Leasing hochkomplexe Verträge in Mode, die ein – mittlerweile gestopftes – großzügiges Steuerschlupfloch in den USA nutzten. So verkauften auch die städtischen Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) ihr Schienennetz an einen solventen Investor von jenseits des großen Teiches, der die so entstandenen Kosten von der Steuer absetzen konnte, und mieteten es zurück. Ähnlich war es bei den Kommunalen Wasserwerken, die sich ihrerseits zum Erhalt ihrer Leitungsnetze über eine Vertragslaufzeit über 25 Jahre verpflichteten. Außerdem hat die Messestadt weitere Leasingverträge über die Hallen der in den neunziger Jahren aufgebauten Neuen Messe. Gegenstand der Vereinbarungen war zugleich eine Beteiligung der städtischen Firmen und der Stadt selbst an der Steuer-ersparnis in den Vereinigten Staaten. Allein für die LVB bedeutete dies aus dem damals zweitgrößten Leasinggeschäft eine Summe von 27 Millionen Euro.

Wie die »Leipziger Volkszeitung« nunmehr berichtet, warnten bereits vor zwei Jahren kommunale Spitzenmanager vor möglichen Risiken im Zusammenhang mit diesen Deals. Dem Blatt wurde das Protokoll einer nichtöffentlichen Sitzung der Verkehrsbetriebe vom Oktober 2006 zugespielt. Aus diesem gehe hervor, dass die LVB seit 2005 über ein spezielles Kontrollsystem verfügten, um mögliche Risiken bei entsprechenden Geldanlagen rechtzeitig zu erkennen. Der Fokus liegt hier auf Veränderungen in den rechtlichen Rahmenbedingungen und in der Bonität von Instituten, bei denen der Großteil des Kaufpreises deponiert ist und die die jährlichen Leasingraten zu begleichen haben. Im Falle von Problemen mit diesen Banken trägt das kommunale Unternehmen die Ausfallbürgschaft. »Wenn jemand pleite geht, sind die LVB verantwortlich«, wird der damalige Geschäftsführer der Verkehrsbetriebe Klaus Heininger in dem vertraulichen Protokoll des Aufsichtsrats in der Zeitung zitiert. Dies war schon damals keine rein hypothetische Annahme: Bereits 1998 wurde ein Dutzend Straßenbahnen verleast und die entsprechende Geldanlage bei der HypoVereinsbank angelegt, die wie andere Geldinstitute mit faulen Krediten in eine Schieflage geriet und im Rating heruntergestuft wurde. Die Bemühungen der Verkehrsbetriebe zur Wiedererlangung der alten Bonität hätten »sehr viel Geld gekostet«, zitiert die Zeitung aus dem Sitzungsprotokoll. »Die Bank hat sich die eigentliche Verschlechterung bezahlen lassen«, so Finanzexperte Heininger.

Durch die aktuelle Bankenkrise dürften die mit den Leasingverträgen verbundenen Risiken noch erheblich gewachsen sein. Die Leipziger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft (LVV), die Holding der städtischen Betriebe, hat indes derzeit keinerlei Hinweise auf Bonitätsprobleme bei einem in jene Geschäfte involvierten Kreditinstitut. »Wie es in vier Wochen aussieht, weiß bei den dramatischen Entwicklungen im Finanzsektor niemand«, so der LVV-Geschäftsführer Josef Rahmen weiter. Das Ausfallrisiko wird laut Aussage des Geschäftsführers der Holding inzwischen deutlicher niedriger als 140 Millionen Euro geschätzt.

Der finanzpolitische Sprecher der Linksfraktion im Stadtrat von Leipzig, Lothar Tippach, weist darauf hin, dass seinerzeit die PDS-Fraktion angesichts solcher Risiken mehrheitlich gegen die Leasingverträge gestimmt habe. Die derzeitige Aufregung um die kommunalen Unternehmen Leipzigs hält er indes für »scheinheilig«. »Es war die pure Finanznot, die die Städte und Gemeinden bzw. deren Unternehmen zu risikoreichen CBL-Verträgen getrieben hat«, sagte Tippach dem ND. Allein aus der Länge der Laufzeit hätte man die Risiken jener Geschäfte ableiten können. Die US-Finanzkrise lasse jetzt nur das wahre Dilemma offenbar werden.