DIE LINKE: Fraktionsvorsitzende für mehr Transparenz bei öffentlich-rechtlichen Banken

29.09.2008 / Fraktionsvorsitzendenkonferenz, Linksfraktionen

Kritik am Umgang mit der IKB und der Krise von Landesbanken wie der WestLB, SachsenLB und BayernLB übten heute die Fraktionsvorsitzenden der Länder in Berlin. Auf ihrer Konferenz im Abgeordnetenhaus plädierten sie für eine bessere Kontrolle der Banken durch die Politik und unterstrichen die unverzichtbare Rolle der öffentlich-rechtlichen Geldinstitute im dreigliedrigen Bankensystem Deutsch­lands. Dazu verabschiedeten sie eine Erklärung mit folgendem Wortlaut:

Erklärung der FVK zum öffentlich-rechtlichen Bankensektor

Die globale Wirtschaft durchlebt seit Mitte 2007 eine tiefgreifende Finanzmarktkrise. Ein Ende ist ebenso wenig absehbar wie die vollen Auswirkungen auf die reale Wirtschaft, auf Wachstum, Einkommen und Arbeitsplätze. Sicher ist nur, dass die oft beschwore­nen »Selbstheilungskräfte des Marktes« die Krise nicht lösen werden, sondern vielmehr die Entfesselung der Marktkräfte durch Abbau von Regulierungen diese Krise über­haupt erst herbei geführt hat.

Durch die massiven Abschreibungsbedarfe bei anderen deutschen, europäischen und US-amerikanischen Großbanken hat sich der ursprüngliche Eindruck in Deutschland relativiert, nur Landesbanken müssten hohe Wertberichtigungen vornehmen und hätten deswegen versagt. Dennoch beherrschen neben der Krise der IKB gerade die Verluste und das Fehlverhalten der Landesbanken und die daraus zu ziehenden politischen Konsequenzen die öffentliche Debatte.

Vor diesem Hintergrund stellen wir fest:

Keine Krise der Landesbanken, sondern eine Krise von drei Instituten

Es ist unangemessen, pauschal von einer Krise der Landesbanken und ihrem Ge­schäftsmodell zu sprechen. Nicht Landesbanken an sich sind in der Krise, sondern drei konkrete Institute haben schwerwiegende Fehler gemacht und mussten schmerzhafte Verluste verkraften: WestLB, SachsenLB und BayernLB. Durch die Übernahme seitens der LBBW existiert die SachsenLB als eigenständiges Institut schon seit Ende 2007 nicht mehr. Für die anderen beiden Landes-banken müssen die Eigentümer Lösungen finden, wobei es vor allem um die Probleme der WestLB geht.

Landesbanken zentral im Verbund mit den Sparkassen

Im Verbund mit den Sparkassen sind die Landesbanken ein zentrales und notwendiges Element des öffentlich-rechtlichen Bankensektors in Deutschland. Die Landesbanken sollen und müssen die Sparkassen in diesem Verbund unterstützen, wo diese wegen des Regionalprinzips oder der Größenordnung der Geschäfte an ihre Grenzen stoßen. In diesem Sinne muss der Verbund von Sparkassen und Landesbanken gestärkt und die Arbeit der Landesbanken stärker an den Bedürfnissen der Sparkassen und der Re­gion orientiert werden. Die Sparkassen sind in Deutschland das Rückgrat der Finanzie­rung kleiner und mittelständischer Unternehmen und sind bisher Garant einer flächen­deckenden Versorgung der Bevölkerung mit Finanzdienstleistungen, insbesondere im ländlichen Raum. Sämtliche Landesbanken, ob aktuell kriselnd oder nicht, müssen der Dienstleistungsfunktion für die Sparkassen oberste Priorität einräumen. Zugleich ist von beiden Seiten, Sparkassen und Landesbanken, eine Stärkung der Zusammenarbeit im Verbund zu erwarten. Dabei sind Rivalitäten und Animositäten zwischen Sparkassen und Landesbanken durch präzise Verbundverträge zu überwinden. Je konkreter und verbindlicher Verbundverträge zwischen Sparkassen und Landesbanken formuliert sind, desto besser klappt die Zusammenarbeit.

Probleme im Geschäftsmodell einzelner Landesbanken wie derzeit der WestLB müssen von den Eigentümern, insbesondere den Sparkassen, gelöst werden, die für ihre Ent­stehung genauso Verantwortung tragen, wie die öffentliche Hand. Eine »vertikale Integ­ration«, bei der Sparkassen Landesbanken untergeordnet werden oder den Landes­banken lukrative regionale Geschäftsfelder abtreten müssen, lehnen wir ab.

Öffentlich-rechtliche Banken als politische Instrumente bewahren, demokratisch kontrollieren und politischen Filz bekämpfen

Öffentlich-rechtliche Banken sind keineswegs automatisch ein Hort politischer Verfil­zung. Auch wenn Skandale wie z.B. die ruinösen Immobiliengeschäfte der Berliner Landesbank oder der Nutzung der Flugbereitschaft der WestLB durch Politiker einen anderen Eindruck erwecken: Landesbanken sind Institute der öffentlichen Hand und es kommt darauf an, wie die Politik mit ihnen umgeht. Auch Finanzämter oder Polizeibe­hörden wird niemand mit dem Hinweis privatisieren wollen, sie seien der Verfilzung und Selbstbedienungsmentalität von Politik ausgesetzt. Richtig ist aber, dass Landesbanken deutlich transparentere Strukturen brauchen, damit die jeweiligen Bundesländer ihrem Kontroll- und Gestaltungsauftrag wirkungsvoll nachkommen können. Die Glaubwürdig­keit dieses Kontrollauftrags bedeutet heute auch, mit den Landesbanken und ihren Feh­lern hart ins Gericht zu gehen und nichts zu beschönigen. Auch der von den Sparkas­sen und der öffentlichen Hand ausgehende Renditedruck auf die Landesbanken darf nicht verschwiegen werden. Die Politik steht vor der Aufgabe, öffentliche Banken als Banken in der Hand der BürgerInnen im Interesse der BürgerInnen konkret vorstellbar, wünschbar und erfahrbar zu machen. Die Bürgerinnen und Bürger müssen am Handeln der Landesbanken erkennen können, dass es »ihre Bank« ist und dass sie in einem gemeinwirtschaftlichen Interesse handelt. Demokratisch kontrollierte öffentliche Banken müssen aber mehr leisten als nur nicht verfilzt zu sein: sie müssen wieder ein verant­wortungsvoll eingesetztes Instrument regionaler Struktur- und Wirtschaftspolitik werden. Dazu wiederum bedarf es aber einer Politik in Landesregierungen und -parlamenten, die jenseits vom blinden Vertrauen auf die unsichtbare Hand des Marktes eigenständige Struktur- und Wirtschaftskonzepte für ihre Region entwickeln.

Die sehr verlustreichen Versuche einzelner Landesbanken, über eigene Zweckgesell­schaften auch mal im globalen Finanzkasino mitzumischen, verurteilen wir scharf und wollen sie für die Zukunft ausgeschlossenen wissen.

Fusionsfieber und Konsolidierungsbedarf

Eine Neuausrichtung der Landesbanken und die Stärkung des Verbundgeschäfts eröff­net neue Betätigungsfelder. Sollte das zu Veränderungen in den derzeitigen Landes­bankenstrukturen führen, sind Verkleinerungen bei den einzelnen Landesbanken den Fusionsüberlegungen vorzuziehen, da so die Nähe zu den Kunden und das Vertrau­ensverhältnis im Verbund deutlich besser herzustellen und aufrecht zu erhalten ist als in einer, zwei oder drei fusionierten Groß-Landesbanken. Das schließt nicht aus, neue Wege der Zusammenarbeit von Landesbanken zu suchen. Das Beispiel der Bremer Landesbank, die als eigenständige Anstalt des öffentlichen Rechts unter Beteiligung des Landes Bremen eine Tochter der NordLB ist, zeigt einen Weg in dieser Richtung auf.

Der EU-Kommission entgegentreten

Die öffentlich-rechtlichen Banken spielen eine unverzichtbare Rolle im dreigliedrigen Bankensystem Deutschlands. Dieses System leistet eine im europäischen Vergleich sehr leistungsfähige und kostengünstige Finanzierung des Unternehmenssektors und eine flächendeckende und preiswerte Bereitstellung von Finanzdienstleistungen für Pri­vatkunden und kleine und mittelständige Unternehmen. Daher müssen alle Versuche, insbesondere der EU-Kommission, vereitelt werden, die Probleme einzelner Landes­banken als Vorwand für einen weiteren Angriff auf dieses dreigliedrige Bankensystem zu nutzen. Wir fordern die Bundesregierung auf, ihren ganzen Einfluss in der EU zur Erhaltung dieses dreigliedrigen Systems geltend zu machen. Dieses ist zugleich der beste Weg, internationale Finanzinvestoren von der Übernahme deutscher Großbanken abzuhalten.

Unsere Antwort auf die aktuellen Großfusionen und die immer stärker werdende Monopolisierung des privaten Bankensektors kann nur in der Stärkung des öf­fentlich-rechtlichen Sektors liegen: im Interesse der VerbraucherInnen, der Be­schäftigten und der Regionen.