Arbeits- und Arbeitsmarktpolitik

Arbeit: schaffen, sicher machen, gut bezahlen!

11.04.2007

Im Bundestagswahlkampf 2005 hat die CDU mit dem Slogan "Sozial ist, was Arbeit schafft." für eine Neuinterpretation der Beschäftigungspolitik von Rot-Grün geworben. In der Strategie des "Forderns und Förderns" sollte das Gewicht (noch einmal) zum Fordern verschoben werden. Gebracht hat das außer weiteren Schikanen für Arbeitslose und Druck auf die Löhne nichts:

Anhaltend hohe Arbeitslosigkeit

Die Arbeitslosigkeit ist konjunkturell bedingt im letzten Jahr erfreulicherweise deutlich gesunken. Es fehlen aber immer noch mindestens 4 Millionen Arbeitsplätze. Die Hartz-Gesetze müssen weg! Wir brauchen ein Arbeitslosengeld II (ALG II) von sofort mindestens 435 Euro und die sofortige Abschaffung der 1-Euro-Jobs. versteckt.

Arbeitsplatzvernichtung geht weiter

Die Politik der Regierung Merkel bietet keine Antwort auf die Vernichtung von Arbeitsplätzen in profitablen Großunternehmen und zur Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland: AEG, Siemens, Allianz, Telekom und viele andere opfern Arbeitsplätze zugunsten noch höherer Profitraten.

Unsichere, schlecht entlohnte Arbeit verdrängt existenzsichernde Arbeitsplätze

Die positive konjunkturelle Entwicklung hat seit der zweiten Jahreshälfte 2006 einen Anstieg der Beschäftigung bewirkt. Aber nur die Hälfte der neu aufgebauten Beschäftigungsverhältnisse ist sozialversicherungspflichtig. Und von diesen Beschäftigungsverhältnissen entfällt nur ein Teil auf unbefristete Vollzeitarbeitsplätze. Der andere Teil besteht aus Beschäftigungsverhältnissen, die keine längerfristige Lebensplanung zulassen und/oder kein existenzsicherndes Einkommen bieten (Leiharbeit, befristete Beschäftigung, Teilzeit). Die andere Hälfte des Beschäftigungsaufbaus entfällt auf Arbeitsverhältnissen, die nicht nur schlecht bezahlt und nicht auf Dauer angelegt sind, sondern auch keine oder nur eine unvollständige Absicherung durch die Sozialversicherung und geringe arbeitsrechtliche Schutzrechte bieten. Die Folge: Immer mehr Menschen geraten ins soziale Abseits.

Dafür sind in erster Linie die Hartz-"Reformen" verantwortlich, die der Umwandlung sicherer in unsichere Arbeitsplätze Vorschub leisten: mit Mini- und Midi-Jobs, mit der Aufstockung mies bezahlter Arbeitsplätze mit Arbeitslosengeld II, mit der Möglichkeit zur unbefristeten Beschäftigung von Leiharbeitskräften und mit der Aufsplitterung von Vollzeit in Teilzeitarbeitsplätze ("unfreiwillige" Teilzeitarbeit).

Zur Gruppe der Beschäftigten, die sich in Deutschland mit unsicheren Beschäftigungsverhältnissen durchschlagen müssen, gehören heute bereits 14% der Erwerbstätigen. Betroffen sind davon vor allem Frauen: Von den 5,4 Millionen Menschen, die in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen und in Teilzeit zu Prekär- und Armutslöhnen (weniger als drei Viertel bzw. die Hälfte des durchschnittlichen Bruttoeinkommens in Deutschland) arbeiten, sind die Mehrheit Frauen.

Die Unsicherheit greift weit über die direkt Betroffenen hinaus: In Umfragen gibt eine Mehrheit der heute noch Normalbeschäftigten an, sich davor zu fürchten, ihren gesicherten Beschäftigungsstatus über kurz oder lang einzubüßen und sozial abzusteigen. Die Folge: Aus Angst vor dem Verlust des sicheren Arbeitsplatzes schwindet die Bereitschaft der Beschäftigten, sich gegen Lohnkürzungen, Arbeitszeitverlängerungen und die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen zu wehren.

Die Politik, die dafür verantwortlich ist, ist nicht sozial. Sie ist unsozial. Und sie ist beschäftigungspolitisch schädlich, weil sie der Vernichtung dauerhafter, anständig entlohnter und sozial abgesicherter Arbeitsplätze Vorschub leistet. Damit wird Unsicherheit und Armut ausgeweitet.

Wir brauchen mehr statt weniger Arbeit, sichere statt unsichere Arbeitsplätze und gut statt schlecht entlohnte Arbeit!

Mehr Arbeit schaffen: Investitionen und öffentlich geförderte Beschäftigung

Mehr Arbeitsplätze können entstehen, wenn die Binnennachfrage nachhaltig gestärkt, Beschäftigung öffentlich gefördert und der Niedriglohnsektor abgebaut wird.

Zur allgemeinen Stärkung der Nachfrage nach Arbeit ist ein umfangreiches Zukunfts- und Investitionsprogramm notwendig. Mit Investitionen - in Verkehr, Gesundheit, Energieeinsparung etc. - können Arbeitsplätze in bedeutendem Umfang geschaffen werden. Prognosen gehen von 1 Million zusätzlicher Arbeitsplätze bei einem jährlichen Investitionsvolumen von 40 Milliarden Euro aus. Die Vorstellungen DER LINKEN decken sich im Grundsatz mit den Forderungen der DGB-Gewerkschaften sowie den WirtschaftswissenschaftlerInnen aus der "Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik" ("Memorandumgruppe").

Neben der Nachfragestärkung brauchen wir öffentlich geförderte Beschäftigungsmöglichkeiten für die Menschen, die langzeitarbeitslos sind und dauerhaft keine Chance auf einen Arbeitsplatz haben (werden). Das betrifft vor allem ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Menschen mit mehrfachen Vermittlungshemmnissen und Menschen in Regionen mit überdurchschnittlich hoher Arbeitslosigkeit. Gefördert werden sollen gemeinnützige Tätigkeiten. DIE LINKE hat Eckpunkte für die Finanzierung und Einrichtung von 500.000 geförderten Arbeitsplätzen bis Ende 2009 benannt. Statt Arbeitslosigkeit kann so dauerhaft Arbeit finanziert werden. Vorschläge zur Entwicklung dauerhaft öffentlich finanzierter Beschäftigung wurden u.a. auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund, Einzelgewerkschaften des DGB, dem Diakonischen Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Arbeiterwohlfahrt vorgelegt

Arbeit sicher machen: unbefristete, sozialversicherungspflichtige Arbeit ausweiten

Damit ein Mindestmaß an sozialer Sicherheit für Beschäftigte gewährleistet wird, muss das unbefristete, voll sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnis die Regel sein.

Zahlreiche Arbeitsmarktuntersuchungen bestätigen: Niedrig entlohnte und unsichere Arbeit (Leiharbeit, Minijobs, unfreiwillige Teilzeit etc.) führt nicht zu einem Mehr an Arbeitsplätzen. Stattdessen verdrängt sie reguläre Beschäftigung, begünstig Lohndumping und führt bei den Beschäftigten zu erheblichen Einkommenseinbußen. Deshalb bildet die Ausweitung unbefristeter, voll sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse einen Schwerpunkt in der Beschäftigungspolitik DER LINKEN. Neben der Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze durch öffentliche Investitionen und geförderte Beschäftigung sind dazu der Abbau unsicherer Beschäftigungsverhältnisse (Leiharbeit, Mini- und Midi-Jobs, unfreiwillige Teilzeit) und die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns notwendig.

Bereits im zweiten Halbjahr 2006 hat DIE LINKE. verschiedene parlamentarische Initiativen zur Erhöhung der Beschäftigungssicherheit eingebracht (zum Ausbau des individuellen Kündigungsschutzes, zur Entlohnung und Ausgestaltung von Praktika, zur Sicherung der Beschäftigung älterer ArbeitnehmerInnen). Im Jahr 2007 erfolgten weitere bzw. werden folgen (zur Begrenzung von Leiharbeit, zur Einschränkung von Befristungen, zur Begrenzung von Arbeitsplatzverlagerungen ins Ausland, zur Verhinderung von Arbeitsplatzvernichtung in wirtschaftlich prosperierenden Unternehmen, zur Abschaffung nicht voll-sozialversicherungspflichtiger Arbeitsverhältnisse (Mini-/Midi-Jobs)). Diese und weitere Initiativen werden wir in ein Gesamtkonzept der sozial gerechten Regulierung von Arbeitsverhältnissen einbetten. Dies geschieht im Dialog mit den Gewerkschaften, Sozialverbänden, Kirchen und Initiativen. Den Auftakt dazu bildete die 1. Betriebsrätekonferenz der Fraktion im November 2006.

Von Arbeit muss man leben können: gesetzlichen Mindestlohn einführen

Mit einem gesetzlichen Mindestlohn würde die existenzsichernde Entlohnung von Arbeit sichergestellt, der Unterbietungswettlauf von Unternehmen bei Löhnen (Lohndumping) eingedämmt und die Massenkaufkraft stabilisiert. DIE LINKE wird deshalb ihre Kampagne für den gesetzlichen Mindestlohn ("8+") weiterführen und dazu insbesondere die bereits bestehenden Bündnisse mit Vertretern aus Gewerkschaften, Kirchen, Sozialverbänden und Erwerbsloseninitiativen fortführen und ausbauen.

Kein Erfolg ohne gesellschaftliche Bündnisse

Generell gilt für uns: Die Entwicklung und Durchsetzung einer alternativen Beschäftigungspolitik hat nur Aussicht auf Erfolg, wenn DIE LINKE mit außerparlamentarischen Kräften kooperiert. Deshalb legen wir auf die Entwicklung von gesellschaftlichen Bündnissen besonderes Gewicht.

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Aufschwung für wen?

Hintergrundinformationen zum Wirtschaftswachstum 2006 und zur Situation auf dem Arbeitsmarkt Von Florian Moritz (Referent für Wirtschaftspolitik) und Manuela Wischmann (Referentin für Arbeitsmarktpolitik)

Seit einigen Monaten hält die Diskussion über den wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland an. In den Medien werden immer neue Zahlen zitiert: Das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sei so hoch, wie seit Jahren nicht mehr. Zudem sei es erstmals auch von der Inlandsnachfage getrieben. Die Zahl der Arbeitslosen gehe zurück und es gebe wieder mehr Beschäftigung - auch sozialversicherungspflichtige.

Manuela Wischmann und Florian Moritz stellen die Fragen:

  • Was ist wirklich dran am Aufschwung?
  • Wem nutzt der Aufschwung, wie sind die zusätzlichen Einkommen verteilt?
  • Wie stabil ist das Wachstum, wird es so weitergehen oder wieder abflauen?
Wirtschaftswachstum ist kein Selbstzweck, so die Überzeugung der LINKEN., sondern dient in erster Linie der Bedarfsdeckung der Bevölkerung. Deswegen muss Wachstum vor allem denen nutzen, die heute arbeitslos sind oder zu Niedriglöhnen und schlechten Bedingungen arbeiten.