CDU und SPD lassen Osten im Stich

08.02.2017 / Axel Troost

Auch weiterhin sollen Menschen im Osten, die auf ein langes und hartes Arbeitsleben zurückblicken, mit weniger Rente abgespeist werden.

Besonders tragisch ist dies für Härtefälle wie die zumeist gesundheitlich geschädigten Beschäftigten in der damaligen DDR-Braunkohleveredlung. Deren Ansprüche (u.a. auf früheren Renteneintritt) wurden nach der Wende zunächst auch anerkannt, ab 1996 nach dem Auslaufen von Übergangsregelungen wurden die Betroffenen aber im Regen stehen gelassen. Ebenso entfielen für Neuzugänge ab 1997 die Rentenaufschläge für Beschäftigte im DDR-Gesundheits- und Sozialwesen, mit denen ihrer harten Arbeit bei niedrigen Einkommen Rechnung getragen wurde. Zwei besonders betroffene Gruppen, für die wir uns mit Gesetzesinitiativen einsetzen.

Am 12. Januar traf ich mich in meinem Regionalbüro in Borna mit Günter Freitag, dem Sprecher der Solidargemeinschaft der Bergleute der Braunkohleveredlung Borna-Espenhain, um mich mit ihm über die Situation der ehemaligen Bergleute der Braunkohleveredlung und speziell über einen Antrag der Fraktion DIE LINKE im Bundestag zur Wahrung o.g. Rentenansprüche auszutauschen. Im Antrag enthalten ist die Forderung, dass die Betroffenen als „Bergleute unter Tage, gleichgestellt“ behandelt werden und somit, auch rückwirkend, nach Erreichen des 60. Lebensjahres abschlagsfrei in Rente gehen können. Im Gespräch mit Herrn Freitag stellte sich heraus, dass diese Variante der Beseitigung dieser Ungerechtigkeit eine von 15 Lösungsmöglichkeiten ist, die von der Solidargemeinschaft eingebracht wurden. Es ist die Lösung, die laut Herrn Freitag von der Solidargemeinschaft favorisiert wird.

Verwunderlich ist in diesem Zusammenhang der Debattenbeitrag der Leipziger Bundestagsabgeordneten Daniela Kolbe (SPD) in der Bundestagsdebatte am 19. Januar, in dem sie behauptet, unser Antrag entspreche nicht den Interessen der Bergleute, und fragt, wann wir das letzte Mal mit den Betroffenen gesprochen hätten. In Anbetracht, dass die Forderungen seit fast 20 Jahren unverändert bestehen, scheint Frau Kolbe seit den frühen 90er Jahren keinen Kontakt mehr mit den Betroffenen zu haben.

Viele der Bergleute leiden heute noch an Folgeerkrankungen ihrer schweren Tätigkeiten. Gab es 2014 noch über 600 Mitglieder in der Solidargemeinschaft Borna-Espenhain, sind es heute nur noch 383. Das Zeitfenster, die Lebensleistungen dieser Menschen anzuerkennen, schließt sich langsam. Auch deshalb ist das Verhalten insbesondere der Abgeordneten der Sozialdemokratie ein Affront gegenüber den Bergleuten.

Frau Kolbe warf uns außerdem vor, den Bergleuten „falsche Hoffnungen“ gemacht zu haben. Wenn wir aber auf die vergangenen Wochen schauen, so war es ihre sächsische Parteikollegin Petra Köpping, die auf einer Veranstaltung der Solidargemeinschaft Anfang Januar versprochen hatte, sich bei ihren Kollegen in Berlin für ihre Interessen stark zu machen. Das Abstimmungsverhalten der SPD, die den Antrag abschmetterte, ist die tatsächliche Enttäuschung, die die Bergleute nun verarbeiten müssen.

Fast höhnisch muss ihnen der Kommentar von Staatsministerin Köpping (SPD), offensichtlich in völliger Unkenntnis der Sachlage, im Nachgang erscheinen: „Der Antrag der Linken ist leider nicht geeignet gewesen, den Betroffenen zu helfen. Er geht völlig am Thema vorbei. Die Linke fordert, dass die Bergleute der DDR-Braunkohleveredlung künftig nach Erreichen des 60.Lebensjahres vorzeitig und abschlagsfrei in Rente gehen können. Aber die betreffenden Bergleute sind im Schnitt bereits 75 Jahre alt und seit Langem in Rente“, meint Köpping. Dass mit einer rückwirkenden Anerkennung die geforderten Ansprüche gewahrt blieben und exakt das die Ungerechtigkeit beseitigen würde, scheint ihr nicht klar zu sein. Gern bieten wir ihr, bei einer gemeinsamen Diskussion mit der Solidargemeinschaft, etwas Nachhilfeunterricht im Rentenrecht an.

Weit weniger Aufmerksamkeit haben darüber hinaus die „OstKrankenschwestern“ erhalten, deren Ansprüche ebenfalls nicht voll anerkannt werden. Unser Antrag, diesen Zustand zu ändern, wurde mehrheitlich abgelehnt, ohne überhaupt im Detail diskutiert zu werden. Die Bürgerinnen und Bürger werden sich sehr gut überlegen, wer sich wirklich für ihre Interessen einsetzt und wer lediglich vor der Bundestagswahl „gut Wetter machen“ möchte. SPD und CDU haben jedenfalls eindrucksvoll bewiesen, dass sie kein echtes Interesse daran haben, an einer gerechteren Gesellschaft zu arbeiten.