Haben die Landesbanken, etwa die HSH-Nordbank, eine Zukunft?

Beitrag zur Debatte: "Landesbanken besser auflösen", von Joachim Bischoff und Norbert Weber

28.11.2012 / 27.11.2012

Auch die Banken- und Finanzsysteme der entwickelten kapitalistischen Länder – also nicht nur jene der Krisenstaaten wie Griechenland, Spanien etc. – sind durch starke Instabilität charakterisiert. Beispielsweise haben sich auch die Risiken für das deutsche Finanzsystem 2012 im Vergleich zum Vorjahr nicht verringert. Die europäische Staats­chuldenkrise hat sich sogar zeitweise zugespitzt. Um das Finanzsystem zu stabilisieren, sind daher massive geld- und finanzpolitische Maßnahmen erforderlich gewesen. Die Geldpolitik kann die Ursachen der Krise allerdings nicht beseitigen, sondern nur Zeit verschaffen.

Die Ursachen können freilich durch eine strikte Regulierung zurückgedrängt werden. Das Ziel der Finanzmarktregulierung ist es zunächst, das Finanzsystem krisenfester zu machen. Finanzstabilität nicht verwechselt werden mit der Stabilität einzelner Finanz­institute: Banken müssen scheitern können. Vielmehr geht es darum, die Systemrisiken, die von einzelnen Instituten ausgehen, beherrschbar zu machen. Es gibt in der gesell­schaftlichen Diskussion recht unterschiedliche Konzeptionen von einer Finanzmarkt­regulierung.

In dem bundesdeutschen System sind aktuell neben einigen privatkapitalistischen Ge­schäftsbanken gerade die sogenannten Landesbanken ein offenkundiger Problemfall. Die EU-Kommission hat diesen Banken strikte Auflagen erteilt und fordert überwiegend den Übergang zu einem anderen Geschäftsmodell. Für die HSH Nordbank zeichnet sich u.a. seit längerem ab, dass diese Form der Regulierung nicht erfolgreich werden wird. Wir treten daher für eine vermögensschonende und sozialverträgliche Schließung dieses Bankentypus ein.

Dem widerspricht Torsten Löser in einem aktuellen Beitrag, indem er sich kritisch mit den von uns vorgetragenen Argumenten auseinandersetzt: »Zu dieser Strategie sage ich »NEIN«! Öffentliche Banken der Kommunen, Länder, des Bundes oder sogar der EU werden auch künftige eine wichtige Rolle spielen und haben.«1

Immer wieder ist zu vernehmen, dass es Banken mit öffentlichem Auftrag, und daher auch die Landesbanken weiter geben muss.

Zunächst einmal betrachten wir einmal »Banken mit öffentlichem Auftrag« bzw. »öffent­liche Banken«:

  • Banken mit »öffentlichem Auftrag« sind ein Instrument der regionalen Struktur­politik und sollen klein- und mittelständische Unternehmen mit regionalem Bezug bei der notwendigen Kapitalausstattung unterstützen. Banken mit öffentlichem Auftrag sollten in der Rechtsform einer Anstalt öffentlichen Rechts und – aus gu­tem Grund – nicht in der Rechtsform einer juristischen Person wie z.B. GmbH oder AG geführt werden. Im Verwaltungsrat einer solchen Anstalt öffentlichen Rechts sollten sich ihrer Verantwortung bewusste Politiker befinden und nicht in einem Aufsichtsrat wie bei einer juristischen Person wie z.B. einer Aktiengesell­schaft. Dieser Aufsichtsrat ist ausschließlich den gesetzlichen Regeln des Aktien­rechts gegenüber verantwortlich.

Betrachten wir die Landesbanken, hier am Beispiel »HSH Nordbank«: Um es mit dem Zitat von Dr. Peiner, ehemaliger Aufsichtsrats-Vorsitzender der HSH Nordbank aus 2009 zu beschreiben, ist die HSH Nordbank keine Landesbank mehr, sondern eine »international aufgestellte Geschäftsbank in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft«.

Diese »international aufgestellte Geschäftsbank« HSH Nordbank hat sich von ihren eigentlichen Aufgaben einer Landesbank mit regionalem Bezug um Lichtjahre entfernt. Viele Jahre hat die Bank nahezu ausschließlich reines Funding-Arbitrage-Geschäft be­trieben. Sie hat die angenehmen Seiten einer »öffentlichen Bank« rigoros und in vielen Facetten kriminell ausgenutzt und sich mit durch »öffentliche Gewährträgerhaftung« unterlegten Geldern vollgesaugt.

Diese Gelder sind jedoch keinesfalls dazu verwendet worden, dieses Kapital der regio­nalen Wirtschaft zur Verfügung zu stellen, sondern die Bank hat dieses als Eigenge­schäft in Form von Wertpapieren lediglich wieder angelegt. So musste man sich nicht mit lästigen Kundengesprächen rumschlagen, brauchte keine Kreditabteilung und auch keine Sicherheitenverwaltung. Alles nicht notwendig und überaus lästig. An seinen »öf­fentlichen Auftrag« erinnerte man sich erst wieder, als man die Bank vor die Wand ge­fahren hatte, weil man in seiner Gier und Maßlosigkeit den Hals nicht voll genug bekam, viel zu risikoreich agierte und nun nur mit Hilfe von Steuergeldern in Milliardenhöhe halbwegs überleben konnte.

Die Masse der bundesdeutschen Landesbanken sind diesem Kurs gefolgt, die Schäden muss die Allgemeinheit tragen. Die zur Sanierung notwendigen Mittel fehlen der Infra­struktur und der sozialen Verantwortung an allen Ecken und Kanten. Kurzum: Mit Ban­ken mit »öffentlichem Auftrag« haben Landesbanken hinsichtlich ihrer Geschäftsmodel-le und ihrer Kompetenzen rein gar nichts mehr zu tun!

Aufgrund des massiven Drucks seitens der EU-Kommission müssen die Landesbanken ihre Geschäftsmodelle ändern, weg von ihren risikobehafteten Internationalen Geschäf­ten. Dieses führt dazu, dass die Landesbanken nunmehr – am Leben gehalten durch Steuergelder – in einen weitestgehend funktionierenden regionalen Bankenmarkt (ins­besondere Sparkassen und Genossenschaftsbanken, auch ggf. Großbanken) drängen. Hier besteht die Gefahr, dass die Landesbanken auch dort nur Unheil anrichten. Punk­ten und Marktanteile holen können sie in diesem für sie neuen Verdrängungswettbe­werb nur über Dumpingkonditionen. Dieses wird nicht ohne Probleme bei den konserva­tiv aufgestellten anderen Banken über die Bühne gehen können.

Auch wir unterstützen die Initiativen zur Schaffung von Banken mit »öffentlichem Auf­trage«, so die Bemühungen um die Gründung einer Investitionsbank in Hamburg. Nur eine solche Konstruktion wird in der Lage sein, den regionalen Unternehmen zur Seite zu stehen. Darüber hinaus sollte die Stärkung der Sparkassen und Volksbanken ein wichtiges Ziel sein. Die privatkapitalistischen Geschäftsbanken müssten auch in der Bundesrepublik einem strikten Kontroll- und Regulationsmodus unterworfen werfen.

Selbstverständlich ist die Finanzmarktregulierung in einen umfassenderen Kontext ein­zubetten. »Mit der Dauer der Finanzkrise wurde deren systemischer Charakter immer offensichtlicher. Es handelt sich dabei um das Ineinanderwirken von drei Einflussfakto­ren, die eng miteinander verzahnt sind: Defizite der Regulierungsarchitektur, weitere ökonomische Einflussfaktoren (makroökonomische Ungleichgewichte, aber auch Inko­härenzen des Steuersystems und die Ungleichheit in der Einkommens- und Vermö­gensverteilung) sowie politökonomische Aspekte. Letztere beschreiben den Umstand, dass die Funktion der Regulierung zunehmend an unabhängige Institutionen delegiert wurde und auch an die Finanzindustrie selbst, der sowohl bei den Prinzipien der Regu­lierung, als auch bei deren Umsetzung immer mehr Einfluss eingeräumt wurde.«2 Die­ser Bewertung von Brigitte Unger (WSI) und den daraus zuziehenden Schlussfolgerun­gen schließen wir uns an.


Fußnoten:

1 Newsletter Axel Troost, MdB, vom 25.11.2012, Kommentar zur Veröffentlichung unseres Artikels »Lan­desbanken besser auflösen«

2 Prof. Dr. Brigitte Unger, Regulierung der Finanzmärkte, September 2012