Basel III: Nur Reform statt Systemwechsel

Rede von Axel Troost zur Umsetzung von Basel III in nationales Recht (CRD IV-Umsetzungsgesetz)

20.10.2012 / 18.10.2012
Redebeitrag von Dr. Axel Troost (DIE LINKE.) am 18.10.2012 um 15:13 Uhr (198. Sitzung, TOP 6)

Die Aufzeichnung dieser Rede können Sie auf der Internetseite des Bundestages oder nachstehend sehen
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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Diese Beratung hat schon eine gewisse Komik. Das ist schon deutlich geworden, sowohl durch die Rede von Staatssekretär Koschyk als auch vom Kollegen Zöllmer von der SPD. Wir beraten hier einen Gesetzentwurf. Aber die dazugehörige Richtlinie und Verordnung der EU liegen nicht vor. Insofern haben wir hier in der Tat eine Hülle und keinen Inhalt, über den man wirklich konkret streiten könnte.

(Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Durchlesen!)

Warum dieser unreife Gesetzentwurf? Sie wollen damit besondere deutsche Termintreue beweisen. In Pittsburgh ist 2009 beschlossen worden, dass das Basel-III-Abkommen bis Ende 2012 vorliegen soll. In Pittsburgh ist aber auch beschlossen worden, dass sich bis dahin alle zu den UN-Millenniumszielen und zu der Entwicklungshilfequote bekennen sollen. Dabei haben Sie bisher keine solche Termintreue zeigen können.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Jetzt aber zum Basel-III-Abkommen selber. Wir sind uns in drei wesentlichen Punkten in der Tat einig: Erstens. Das Basel-III-Abkommen ist nur ein Element einer umfassenden Finanzmarktregulierung. Zweitens. Höheres und besseres Eigenkapital ist für Banken sinnvoll, weil Banken damit widerstandsfähiger sind. Drittens. Bank ist nicht gleich Bank. Das Basel-III-Abkommen darf nicht dazu führen, dass Sparkassen und Genossenschaftsbanken auf der Strecke bleiben. Das würde das Finanzsystem nicht sicherer, sondern nur noch wackeliger machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Doch über dieses Grundsätzliche hinaus gibt es aus unserer Sicht allen Anlass, zu meckern. Die Reform geht grundsätzlich in die richtige Richtung. Sie wird der Tiefe der Krise und dem bestehenden Veränderungsbedarf aber nicht gerecht. Insbesondere differenziert die Novelle ungenügend zwischen den Banken, die im internationalen Kapitalmarkt das große Rad drehen, und auf der anderen Seite den Tausenden kleinen Banken, welche hauptsächlich Spareinlagen verwalten und private Haushalte sowie kleine und mittelständische Unternehmen mit Krediten versorgen. Es sind aber die wenigen großen Banken vom Schlage einer Deutschen Bank oder einer Commerzbank, die uns Kopfschmerzen bereiten, und nicht die vielen kleinen Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Außerdem wird das Problem der Schattenbanken überhaupt nicht angegangen, sondern bleibt völlig außen vor. Außer vagen Absichtserklärungen haben Sie zu diesem Bereich bisher rein gar nichts geliefert.

Doch bleiben wir bei den Banken im Engeren. Die systemrelevanten Banken sollen einen Eigenkapitalzuschlag von 1 bis 3,5 Prozent bekommen. Insgesamt liegt deren Eigenkapitalquote damit im historischen Vergleich aber immer noch relativ niedrig. Staaten wie die Schweiz und Schweden wollen im nationalen Alleingang deutlich höheres Eigenkapital verlangen.

Laut Finance Watch, einer Organisation, die den Kapitalmarkt schon genau beobachtet, hätte in der jüngsten Krise das ist eben auch angesprochen worden eine Eigenkapitaldecke von ungefähr 16 Prozent die meisten Verluste einzelner Banken absorbiert. Bei 24 Prozent so deren Berechnung hätten beinahe alle Verluste in sämtlichen Bankenkrisen seit 1988 absorbiert werden können.

Wir liegen aber mit den Entwürfen und den Gedanken bisher weit darunter. Gerade große Banken müssen aber gezwungen werden, entsprechend mehr Eigenkapital vorzuhalten. Doch Sie lehnen entsprechende Zuschläge in großem Umfang für systemrelevante Banken ab. Basel III ist daher wesentlich zu zaghaft. In den letzten Jahren haben sich zahlreiche Finanzprodukte, Institute und Geschäftsmodelle entwickelt. Dafür gab es immer den Applaus, weil die Märkte das entwickelt haben. Dann hat man gesagt: Wir wollen eine Art Selbstregulierung haben. Diese Selbstregulierung ist nach wie vor auch die Logik von Basel III. Sie drehen sie nur etwas zurück.

Seit Basel II können Banken nämlich ihr eigenes Risikomanagement anwenden. Es ist eben die Frage, ob das ausreichend und sicher ist. In Zeiten, in denen alles gut gelaufen ist, gab es hohe Boni und Gewinne. Als es dann schlecht lief, mussten die Steuerzahler und die Staaten in die Bresche springen. Wir sagen daher: Die Höhe des Eigenkapitals zu bestimmen, ist Aufgabe der Aufsicht und nicht Aufgabe der Bank selbst oder privater Agenturen.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb fordern wir, keine mit internen Modellen berechneten Risikogewichte zu akzeptieren. Wir fordern auch, sämtliche Passagen aus dem Gesetz herauszunehmen, in denen externe Ratings zugrunde gelegt werden. Wir fordern eine Aufsicht auf Augenhöhe bei den Banken und mit den Banken. Wir müssen uns trauen, den Banken in der Tat Vorgaben zu machen, die eine ausreichende Eigenkapitalvorsorge bedeuten und den internationalen großen Banken, die am großen Rad drehen, so viel Rückhalt geben, dass sie im Falle einer Auseinanderentwicklung bzw. einer Krise Auffanglösungen aus dem Eigenkapital haben und nicht die Staaten zu Rettungsaktionen herangezogen werden.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)