Schwarz-roter Oasenstreit

Koalition debattiert Steuerflucht

27.03.2009 / Von Michael Weidemann, NDR, ARD-Hauptstadtstudio

Das Thema Steuerflucht wird der Politik wohl bis zur Wahl erhalten bleiben: Union und SPD schießen sich hingebungsvoll aufeinander ein. Die SPD spricht von Verweigerungshaltung, die Union von Realitätsferne. Und auch die Opposition mischt munter mit.

Für die Sozialdemokraten ist klar: Es sind CDU und CSU, die sich aus ideologischen Gründen der Verabschiedung des Gesetzes zur Verhinderung von Steuerflucht widersetzen. Auf der fachlichen Ebene sei man sich innerhalb der Koalition längst einig gewesen, stellt SPD-Fraktionsvize Joachim Poß fest. Dann aber habe die Union einen Rückzieher gemacht.

Unverantwortlich, findet Poß: "Wer jetzt nicht mitmacht, der will wirklich den Kampf gegen die Steuerhinterziehung nicht. Man hätte schon zusammen sein können, wenn man den politischen Willen dazu hat." Das setzte voraus, dass die Steuerpflichtigen größere Mitwirkungspflichten bekommen. Deswegen halte er das meiste, was von seinen Unionskollegen gesagt werde, für Ausflüchte.

"Das müssen die mit sich selbst ausmachen"Peer Steinbrück droht dem Koalitionspartner sogar damit, die Steuerflucht zum Thema im Bundestagswahlkampf zu machen. Er will an seinem Gesetzentwurf gegen Steuerhinterziehung auf jeden Fall festhalten, der wegen des koalitionsinternen Streits heute gar nicht erst - wie geplant - auf die Tagesordnung des Bundeskabinetts gesetzt worden ist.

Für den Bundesfinanzminister stehen die Verantwortlichen an dem Dilemma fest: "Es ist mein Eindruck, dass es insbesondere die Fraktionsführung von CDU/CSU ist, die eher zurückhaltender Art hier ist. Das müssen die mit sich selber ausmachen." Komme es in dieser Regierung nicht zu einem solchen Gesetzentwurf, werde die SPD dieses Thema auf der Tagesordnung halten. Steinbrück und die SPD-Fraktion gehen aber davon aus, dass die Union doch noch einlenken wird.

Union: Steinbrück isoliert sichDagegen sind sich die Experten in CDU und CSU darüber einig, dass die Sozialdemokraten Abstriche an den geplanten Kontrollen für Firmen und Privatpersonen machen müssen. Laut Gesetzentwurf soll jeder, der in einer Steueroase ein Konto unterhält, sein Finanzamt detailliert über alle Transaktionen informieren.

Damit isoliere sich Steinbrück, sagt CDU-Finanzexperte Otto Bernhardt: "Die Schuld liegt alleine beim Finanzminister, weil er Dinge vorschlägt, die kein anderes europäisches Land macht, die dazu führen würden, dass Deutschland sich isoliert. EU-tauglich ist das, was er vorschlägt, auch nicht." Dies werde vor allem die Deutsche Wirtschaft entscheidend schwächen.

"Setzen auf das Vertrauen der Bürger"

Das sehen im Grunde auch die Liberalen so. Die Pläne Steinbrücks gingen völlig an der Realität vorbei, kritisiert der FDP-Finanzexperte Carl-Ludwig Thiele: "Der ganze Gesetzesentwurf trieft natürlich von einem sozialdemokratischen Überwachungsstaat. Wir setzen im Grundsatz mehr auf das Vertrauen der Bürger. Wie weit die Eingriffsrechte der Verwaltung gehen müssen, darüber wird zu diskutieren sein."

Der Linken im Bundestag gehen die Regelungen im Gesetzentwurf dagegen nicht weit genug. Sie befürwortet zwar die Auskunftspflichten für Kunden von Banken in Steueroasen, will aber nach Angaben ihres Wirtschaftsexperten Axel Troost auch die deutschen Kreditinstitute stärker kontrolliert sehen.