Rede Axel Troost zum „Aufsichtsstruktur- modernisierungsgesetz“

14.02.2008

Rede von Dr. Axel Troost im Deutschen Bundestag am 14.02.2008 in der 2. und 3. Lesung zum von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Auf­sichtsstruktur der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („Aufsichtsstrukturmodernisierungsgesetz“ Drucksache 16/7078)

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Seit der ersten Lesung im November letzten Jahres hat sich am Gesetzentwurf in den Beratungen durch den Finanzausschuss leider nicht eine Silbe verändert. Von daher widerlegt dieses Gesetz den vielzitierten Ausspruch, kein Gesetz würde das Parlament verlassen, wie es eingebracht wur­de. Leider gibt es daher zum Aufsichtsstrukturgesetz selbst auch nicht viel mehr zu sagen, als ich bereits in unserer Kritik in der ersten Lesung gesagt habe.

Es ist und bleibt dabei, dass der Gesetzentwurf großspurig mit der Äußerung beginnt, dass ein starker Finanzplatz eine starke Aufsicht erfordere, er dann aber praktisch nichts an der Substanz der Finanzaufsicht verändert. Oder wollen die Kolleginnen und Kollegen der Koalition ernsthaft behaupten, dass irgendein Akteur auf dem Finanzmarkt dadurch stärker und restriktiver beauf­sichtigt wird, dass sie dem Präsidenten des Bundesamts für Finanzdienstleistungsaufsicht vier Direktoren an die Seite stellen?

Anders als viele andere Gesetzentwürfe der Koalition leidet der vorliegende Entwurf daher nicht daran, dass er Schritte in die falsche Richtung tut, sondern daran, dass er gar keinen Schritt tut.

Von Ihrer ursprünglich großspurig angekündigten Verbesserung der Finanzdienstleistungsaufsicht und des Zusammenspiels von Bundesbank und BaFin ist im Gesetz nichts angekommen. Denn ein solches Direktorium ist für sich nur soviel wert, wie es konkrete Instrumente an die Hand be­kommt, um die Finanzmärkte auch zu beaufsichtigen und wirksam zu kontrollieren.

Mit Ihrem Entwurf fallen Sie selbst hinter die ohnehin sehr bescheidenen Reformziele des ent­sprechenden Eckpunktepapiers des Bundesfinanzministers zurück, der seinerseits nicht gerade für drakonische Finanzmarktregulierung bekannt ist.

Seit der ersten Lesung im Dezember ist sich die Fachwelt nicht viel einiger geworden, wie weit­reichend die Folgen der aktuellen Finanzkrise für die Konjunktur in Deutschland auch tatsächlich ist. Aber gerade jetzt, wo selbst die Hauptprotagonisten auf den internationalen Finanzmärkte, nämlich die Großbanken und die institutionellen Investoren, unsicher geworden sind und ihre Ge­schäftspraxis kritisch in Zweifel ziehen, gerade jetzt wäre der geeignete Moment, um sie politisch enger an die Leine der Regulierung zu legen. Die Bundesregierung beschwört immer, die großen Finanzmarktakteure seien wegen der Globalisierung kaum mehr nationalstaatlich einzuhegen. Auch wenn wir dies nur teilweise unterschreiben würden, wäre gerade jetzt wegen der Verun­sicherung vieler anderer mächtiger Regierungen die Chance, substantielle Schritte zu mehr Regu­lierung auch international anzupacken.

Ihr Verhalten, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Koalition, läßt deshalb nur einen Schluss zu: nicht die vermeintliche Machtlosigkeit nationaler Politik in Zeiten der Globalisierung ist der Grund für Ihr Nicht-Handeln! Nein, Sie wollen es genau so! Sie wollen die Spielräume der mäch­tigen Banken, Versicherungen und Fonds nicht beschneiden und sie wollen den Reichen und Su­perreichen, die wesentlich hinter diesen Institutionen stehen, kein Haar krümmen.

Eine Sache hat sich seit der ersten Sitzung aber tatsächlich geändert: Sie haben angekündigt, dass die Reform der Führungsstruktur der BaFin nur der erste Schritt sei, und weitere gesetzliche Schritte entsprechend dem Eckpunktepapier des BMF würden folgen. Faktisch hat das BMF in der Zwischenzeit die Kompetenzabgrenzung zwischen BaFin und Bundesbank am Gesetzgeber vorbei durch eine Aufsichtsrichtlinie geklärt und hat es offenbar nicht einmal für nötig gehalten, dies dem Finanzausschuss überhaupt mitzuteilen.

Und nach allem, was wir bisher über diese Aufsichtsrichtlinie wissen, sieht es so aus, dass eher die Bundesbank gestärkt aus der Rivalität mit der BaFin hervorgeht. Das bedauern wir sehr, denn als Linksfraktion würden wir zweifellos die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht lieber gestärkt sehen als die Bundesbank. Auch an der Bafin ist sicherlich Kritik zu üben, aber diese besitzt immerhin einen Verwaltungsrat, in dem auch fünf Abgeordnete dieses Hauses vertreten sind. Somit ist, anders als bei der Bundesbank, wenigstens ein Minimum parlamentarische Kon­trolle über die Finanzaufsicht gegeben.

Im Rahmen der morgigen Aussprache zur Finanzmarktkrise werden sie von uns im übrigen noch eine Vielzahl von konkreten Vorschlägen hören, wie eine wirksame Aufsicht in Deutschland aus­sehen müsste und welche Regulierungen dafür gesetzlich verankert werden müssten.

Im Rahmen der morgigen Aussprache zur Finanzmarktkrise werden sie von uns im übrigen noch eine Vielzahl von konkreten Vorschlägen hören, wie eine wirksame Aufsicht in Deutschland aus­sehen müsste und welche Regulierungen dafür gesetzlich verankert werden müssten.

Nichtsdestotrotz, neben den richtigen Spielregeln braucht man starke Institutionen, die diese Re­geln durchsetzen. Das erfordert eine starke und kompetente demokratische Aufsicht. Ihr Auf-sichtsstrukturmodernisierungsgesetz leistet in dieser Hinsicht einfach gar nichts!