Erneutes Steuergeschenk an die Unternehmen verhindern, Richtungswechsel in der Steuerpolitik überfällig

Wissenschaftler und Vertreter von Gewerkschaften und Attac kritisieren Pläne zur Unternehmensteuerreform

04.07.2006 / Gruppe Solidarische Einfachsteuer (SES)

Als Schritt in die falsche Richtung kritisieren Wissenschaftler und Vertreter von Gewerkschaften und globalisierungskritischem Netzwerk Attac den Beschluss des Koalitionsausschusses, die Unternehmen um 4 bis 8 Mrd. Euro zu entlasten. In einem Positionspapier fordern sie eine grundlegende Änderung der Unternehmensbesteuerung.

"Es ist nicht nachvollziehbar, dass die Bundesregierung immer noch glaubt, die Unternehmen würden sich für die weiteren Entlastungen mit Investitionen und Mehrarbeitsplätzen bedanken", kritisiert Michael Schlecht, Verdi-Chefökonom. "Seit 1998 sind die Unternehmen steuerlich um rund 11 Mrd. Euro pro Jahr entlastet worden. Die positiven Effekte für Beschäftigung und Investitionen sind aber nicht eingetreten. Der öffentlichen Hand fehlen die Mittel für vernünftige und zukunftsweisende Infrastrukturpolitik".

Stattdessen fordert die Gruppe in ihrem heute veröffentlichten Papier "Öffentliche Finanzen stärken und Steuergerechtigkeit verbessern" deutliche Mehreinnahmen aus der Besteuerung von Unternehmen. Die deutschen Unternehmen trügen im Vergleich zum europäischen Durchschnitt eine geringere Steuerbelastung.

Es sei notwendig, die gleichmäßige Einkommensbesteuerung wieder ernst zu nehmen und Unternehmensgewinne zur Finanzierung öffentlicher Aufgaben stärker heranzuziehen. In ihrem Papier setzen sich die Steuerexperten für die Beendigung der ruinösen Steuerkonkurrenz der Länder und für die Schließung von Steuerschlupflöchern ein. Reformiert werden müsste darüber hinaus die steuerliche Gewinnermittlung, so dass willkürliche Manipulationen verhindert werden können. Auf längere Frist hält sie eine Harmonisierung der Unternehmensbesteuerung auf europäischer Ebene für notwendig.

Die Arbeitsgruppe, die schon Anfang 2004 den Entwurf für eine Solidarische Einfachsteuer (SES) vorgelegt hat, versteht ihren Vorschlag als einen Beitrag für mehr Gerechtigkeit. Die öffentlichen Mehreinnahmen sollen die übermäßige steuerliche Belastung von Arbeitnehmereinkommen beenden und den Spielraum schaffen für dringend benötigte zukunftsgerichtete öffentliche Investitionen wie z.B. für Bildung und Forschung.

Die Arbeitsgruppe kritisiert auch die beabsichtigte Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge, die bisher mit dem persönlichen Steuersatz belegt werden. "Das ist ein weiteres Steuergeschenk für die Reichen. Stattdessen sind automatische Mitteilungen der Banken an die Finanzämter erforderlich, damit Kapitalerträge nicht mehr versteckt werden können", erklärt Detlev v. Larcher, Mitglied des Koordinierungskreises von Attac.

Einen positiven Ansatz bei den derzeitigen Reformplänen sieht die Arbeitsgruppe in der Stärkung der Gewerbesteuer. "Es ist allerdings zu hoffen, dass dieser Ansatz bei den weiteren Beratungen im Kabinett und Parlament nicht zunichte gemacht wird. Sonst entscheidet am Ende nicht die Leistungsfähigkeit des Unternehmens, sondern die Spitzfindigkeit seiner steuerlichen Berater über die Besteuerung", warnt Ulrich Eckelmann, Leiter der Wirtschaftsabteilung der IG-Metall.


(3.07.2006)


Rückfragen

Ulrich Eckelmann, IG Metall, 069/6693 - 2641

Michael Schlecht, Verdi, 0711/ 964 01 80

Detlev v. Larcher, Attac, 0421/ 89 43 11; 0160 / 93 70 80 07


Zu beziehen ist die ausführliche Stellungnahme bei:

IG-Metall: wi@igmetall.de

Verdi: wirtschaftspolitik@verdi.de

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