Die Bankenunion: weiterhin völlig unausgereift

Rede von Dr. Axel Troost im Deutschen Bundestag am 28. 11. 2013

30.11.2013 / linksfraktion.de, 28.11.2013
Redebeitrag von Dr. Axel Troost (Die Linke) am 28.11.2013 um 19:09 Uhr (3. Sitzung, TOP 10)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Für uns Linke bleibt die europäische Bankenunion vor allen Dingen eines: ein völlig unausgereiftes Konzept, das bisher mehr Fragen aufwirft als Antworten gibt. Wenn es wirklich stimmt, dass das Projekt eine ähnliche Bedeutung hat wie die Einführung des Euro, dann muss man sagen, dass hier sehr, sehr schlampig gearbeitet wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Erstens. Fangen wir mit der europäischen Bankenaufsicht an, die der erste Schritt bzw. das Fundament ist. Es bleibt dabei: Die juristische Konstruktion, die mit der Ansiedlung einer europäischen Bankenaufsicht bei der EZB gefunden worden ist, ist und bleibt eine Notlösung. Sie ist juristisch umstritten und macht die EZB nicht stark für die Auseinandersetzung mit den Banken.

Zweitens. Die Ansiedlung bei der EZB ist und bleibt falsch. Die Brandmauer gegenüber der Geldpolitik ist nicht zu errichten. Insofern bleibt es nicht nur eine Notlösung, sondern es ist eine falsche Konstruktion.

Drittens. Der Hintergrund der bekannten Ergebnisse in der Nacht vom 27. auf den 28. Juli letzten Jahres bzw. das Motiv, das Ganze der EZB zu übertragen, ist, Banken möglichst schnell einen Zugang zum ESM zu verschaffen.

(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Nein! Das ist doch falsch!)

Deswegen muss ruck, zuck gehandelt werden.

Wenn man sich das aber im Einzelnen anschaut, wird deutlich: Es ist sehr vieles unklar. Die Bankenunion ist sozusagen eine Euro-Zonen-Aufsicht. London als großer Kapitalmarkt bleibt außen vor. Es ist völlig unklar, wie die Schnittstellen funktionieren sollen. Es wird damit logischerweise zu einer Rivalität mit der existierenden europäischen Bankenaufsicht, der EBA, kommen, und das wird auch so bleiben. Wir gehen weg von der Allfinanzaufsicht, die wir bisher in Deutschland hatten. Die Kontrollrechte des Europäischen Parlaments sind eher geringer als die Kontrollrechte, die wir bei der BaFin haben.

Insofern steht von diesem ganzen Konstrukt der Aufsicht, obwohl so getan wird, als stände es schon, erst sehr wenig. Die BaFin hat sich auf dieses „sehr wenig“ vorbereitet und stellt zusätzliches Personal ein, um diese Schnittstelle erst einmal doppelt abzusichern, weil man Angst vor dem hat, was passiert.

Jetzt aber zum zweiten Schritt der Bankenunion, unserem eigentlichen Thema: dem europäischen Abwicklungsregime und Abwicklungsfonds für Banken. Eine Bankenabwicklung, wenn sie wirklich erfolgt, muss quasi an einem Wochenende durchgeführt werden. Sonst drohen Börsenchaos und ein Run auf andere Banken. Es ist völlig unklar, welches Gremium solche Entscheidungen in kurzer Zeit fällen soll, insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir 17 Euro-Staaten haben, die mit der Abwicklung beschäftigt sind, jede große Bank aber eine Zweigstelle in London hat. Diese Zweigstellen sind aber gerade nicht in das Abwicklungsregime einbezogen.

Es bleibt das Problem des hohen Gläubigerschutzes. Natürlich ist es richtig, dass Eigentümer und Gläubiger beteiligt werden sollen. Aber machen wir uns nichts vor: Clevere Gläubiger und clevere Eigentümer werden sich frühzeitig verabschieden und sich damit eben nicht in die Pflicht nehmen lassen.

Aber selbst wenn das passiert, haben wir damit die Chance, vielleicht 30 Prozent oder, wenn es ganz hoch kommt, 40 Prozent abzudecken. Der Rest bleibt gigantisch bei großen Banken. Sie sagen zumindest heute in der Debatte: Dann kommt die Bankenabgabe; dann kommt der Bankenfonds, und zwar nach deutschem Modell.

(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Ja!)

Was bedeutet das deutsche Modell? Ich habe auf eine Anfrage beim Finanzministerium die Zahlen für 2013 erhalten: Das Aufkommen aus der Bankenabgabe beträgt 520 Millionen Euro bei einem Rückgang des Aufkommens der privaten Großbanken um über 43 Prozent. Über drei Jahre hinweg haben wir den Fonds um 1,8 Milliarden Euro aufgestockt. Sie sagen, Sie benötigen mindestens 70 Milliarden Euro. Dann brauchen wir noch 113 Jahre, um diesen Fonds in Deutschland aufzubauen. Und Sie wollen jetzt allen sagen: Wenn wir dieses Modell auf Europa übertragen, dann wird das eine Erfolgsgeschichte. – Das ist pure Augenwischerei.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir werden bei dem gigantischen Volumen, das Banken heute nach wie vor haben, mit so einer Bankenabgabe keine Finanzierungsalternative haben. Insofern bleibt es dabei: Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler werden betroffen bleiben. Deswegen gibt es aus unserer Sicht nur eines: Wir müssen die Banken verkleinern. Wir müssen den Finanzsektor herunterfahren. Sonst gibt es keine Chance, sich vor den Risiken zu schützen, die es nach wie vor dort gibt. Das ist ganz zentral.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Letzter Punkt. Liebe Kollegen von der SPD, wenn ich mir den Koalitionsvertrag im Bereich des Themenfeldes Finanzmärkte genau anschaue, dann kann ich nicht wirklich erkennen, wo Ihr Eintritt in die Koalition Veränderungen im Vergleich zur vorangegangenen Koalition von CDU, CSU und FDP mit sich bringt. Ich kann keine wirklichen Veränderungen erkennen.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)