Die nächste Finanzkrise ist vorprogrammiert

Interview mit Herbert Schui

19.03.2009 / www.linksfraktion.de, 16. März 2009

Vom neuen Bundeswirtschaftsminister Guttenberg ist derzeit nicht viel zu hören. Reicht es, keine Fehler zu machen?

Der Bundeswirtschaftsminister profiliert sich als Anhänger der Marktwirtschaft. Wenn der Markt versagt, hat er deshalb ein Problem. Vom Wirtschaftsminister kommen daher keine Initiativen zu Lösung der Wirtschaftskrise. Er kann nur bremsen, bei Opel, bei der Enteignung der Hypo Real Estate, bei der Forderung nach international abgestimmten, stärkeren Konjunkturimpulsen.

Was müsste ein Wirtschaftsminister in der aktuellen Situation tun?

Der Wirtschaftseinbruch ist so gewaltig, dass der Staat mit öffentlicher Nachfrage viel stärker gegensteuern muss. Deutschland verhält sich egoistisch. Die Regierung hofft, als Exportweltmeister von den Konjunkturpaketen der anderen profitieren zu können, ohne selbst etwas zu tun. Die Bundesregierung wird zu einem immer größeren Problem für die Weltwirtschaft.

Der Wirtschaftsminister müsste darauf drängen, dass es Hilfe für Banken nur gibt, wenn der Staat dafür Stimmrechte erhält. Dann könnte er kontrollieren, was mit dem Steuergeld passiert. Außerdem könnte er verhindern, dass die Banken überzogene Kreditzinsen verlangen.

Dringend notwendig ist eine Initiative für die Arbeitsplätze in der Automobilindustrie.

Die Bundesregierung kann sich im Fall Opel nicht einigen. Was fordert Ihre Fraktion?

DIE LINKE will staatliche Hilfen. Sie müssen aber zu einer anderen Geschäftspolitik führen. Statt Renditemaximierung wollen wir den Erhalt der Arbeitsplätze und die beschleunigte Entwicklung abgasarmer Autos und alternativer Verkehrsträger. Dafür muss der Staat stimmberechtigte Anteile bekommen, dann kann er auch die Belegschaften beteiligen.

Voraussetzung dafür ist eine echte Unabhängigkeit von General Motors. Allerdings ist die Zusammenarbeit mit anderen Herstellern notwendig.

Die IG Metall Esslingen hat einen Vorschlag gemacht, wie die Automobilindustrie mit Hilfe von Regionalfonds stabilisiert werden könnte: sie fordert einen Treuhandfonds für gefährdete Unternehmen der Region, ähnlich dem Bankenrettungsfonds. Ist das sinnvoll?

Die Kolleginnen und Kollegen aus Esslingen argumentieren zu Recht, dass die Regierung für die Banken sehr viel, für die Arbeitsplätze im verarbeitenden Gewerbe sehr wenig getan hat. Sie wollen, dass über die Gelder die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Politik entscheiden. Das ist viel besser als beim Bankenrettungsfonds, bei dem die Regierung den Banken viel Geld überweist, ohne Mitspracherechte zu bekommen.


Die Regierungsfraktionen machen Wahlkampf, aber die Finanzkrise schlägt global zu. Was ist jetzt über den nationalen Rahmen hinaus notwendig?

Erstens müssen sich die Staaten auf größere Konjunkturpakete verständigen. Das geht nur, wenn die wichtigsten Länder mitmachen. Zweitens müssen die Wechselkurse stabilisiert werden. Dafür sind politische Vorgaben an die Zentralbanken notwendig. Drittens muss die Spekulation zurückgedrängt werden. Die hohe weltweite Staatsverschuldung ist ein gefundenes Fressen für Spekulanten. Wenn keine strikte Regulierung eingeführt wird, ist die nächste Finanzkrise vorprogrammiert.