Linksfraktion: Vorschläge für eine bedarfsdeckende soziale Mindestsicherung

02.02.2009 / Beschluss der Fraktion Die Linke. im Bundestag vom 27.1.2009

Ausgangspunkt

Hartz IV muss weg – ohne wenn und aber. Die Abschaffung der vorrangigen Arbeitslosenhilfe, die „Aussteuerung“ der erwerbslosen nach 12 Monaten Erwerbslosigkeit in das neue, repressive Fürsorgesystem des SGB II mit unzureichendem Leistungsniveau bedeutet Armut per Gesetz. Siebzig Prozent der erwerbslosen sind mittlerweile auf Fürsorgeleistungen nach dem SGB II angewiesen. Das Hartz-iV-Regime verstößt mit seiner entrechteten 1-Euro-Pflichtarbeit, den schikanösen kontrollen von sog. Sozialdetektiven und Zwangsumzügen gegen die Würde des Menschen. Die zu geringen Regelsätze begünstigen Fehl- und Unterernährung, insbesondere bei kindern und Jugendlichen, gefährden die Gesundheit der Betroffenen und benachteiligen sie z.B. bei der Teilhabe an Bildung und dem kulturellen Leben. Die Furcht vor Armut und sozialem Ausschluss reicht tief in die Mitte der Gesellschaft hinein. nicht zuletzt wirkt sie disziplinierend auf die Beschäftigten, schwächt die Durchsetzungsfähigkeit der Gewerkschaften, begünstigt Untertanenmentalität und unterhöhlt so die Demokratie.

Die Linke hat sich in ihren programmatischen Aussagen zu einer bedarfsorientierten Mindestsicherung bekannt.

Das nachfolgende Konzept ist ein Vorschlag zur konkretisierung dieser Forderung, der Gegenstand eines breiten Beratungsprozesses, innerparteilich und mit den Interessenvertretungen der Betroffenen werden soll.

Die Fraktion Die Linke. im Bundestag fordert den Parteivorstand der Linken auf zu prüfen, ob zur besseren begrifflichen Unterscheidung und im Einklang mit unseren Vorschlägen für einen gesetzlichen Mindestlohn und einer „Rente nach Mindesteinkommen“ das linke Grundsicherungskonzept den Namen bedarfsdeckende soziale Mindestsicherung erhalten kann. Da die bestehenden Fürsorgesysteme von SGB II und XII (Grundsicherung im Alter) auch als „bedarfsorientierte soziale Grundsicherung“ bezeichnet werden, halten wir diese begriffliche Unterscheidung für sinnvoll und notwendig.

Diese Vorschläge sind dringend geboten als kleinerer Teil dessen, wodurch Hartz IV insgesamt zu ersetzen ist. Sie sollen als erster Schritt eine Mindestsicherung auf besserem Niveau herstellen. Der zweite Schritt, und noch zu erstellende größere Teil, besteht in der notwendigen Schaffung einer steuerfinanzierten Absicherung bei Langzeiterwerbslosigkeit, in die – im Sinne der „originären Arbeitslosenhilfe“(1) – auch Erwerbslose ohne vorherige Ansprüche nach dem SGB III einbezogen werden sollen. Eine solche „neue Arbeitslosenhilfe“ ist unerlässlich, um den Absturz nach 12 bzw. 18 Monaten Erwerbslosigkeit an den untersten Rand zu verhindern, der durch diese Vorschläge zwar gemindert würde, jedoch weiterhin eine maßgebliche Ursache für die Ausbreitung disziplinierender Existenzangst unter den Beschäftigten darstellt.

-----------------

(1) Originäre Arbeitslosenhilfe“ bekam, wer die Anspruchsvoraussetzungen auf Arbeitslosengeld nicht erfüllen konnte, aber mindestens fünf Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt war oder in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stand (Referendare, Zivil- und Wehrdienstleistende)

(...)