Skandinaviens Gaszeitalter neigt sich dem Ende zu

Keine bedeutenden Funde in den letzten Jahren / Reserven reichen noch etwa 20 Jahre

20.01.2009 / Von Andreas Knudsen, Neues Deutschland

In den skandinavischen Ländern deutet sich an, was auch global bevorsteht: Die Reserven und Fördermengen für Erdöl und -gas nehmen ab, in einer Generation könnte Norwegens Gaszeitalter vorbei sein.

Skandinavien steht in diesen Tagen an der Seitenlinie und kann den russisch-ukrainischen Gas-streit sowie Europas Versorgungsprobleme unbesorgt beobachten. Finnland bezieht sein Gas direkt aus Russland, aber Gas deckt nur einen kleinen Teil des Energieverbrauchs des Landes. Auch Schweden ist kein Großverbraucher und kauft sein Gas ausschließlich von Dänemark. Eine geplante Leitung von Norwegen nach Polen über Schweden ist bisher an polnischem Desinteresse gescheitert. Dänemark ist Selbstversorger bei Gas und exportiert alle darüber hinaus verfügbaren Mengen in europäische Länder, darunter Deutschland und Holland. Norwegen verbraucht nur einen relativ kleinen Anteil Gas im eigenen Land und exportiert große Mengen. Rund 17 Prozent des europäischen Gases kommen von hier, große Importländer wie Frankreich und Deutschland decken bis zu 40 Prozent ihres Bedarfes mit norwegischem Gas. Wären Produktions- und Pipelinekapazitäten noch größer, würden beide Länder in der gegenwärtigen Situation ihre Förderung noch erhöhen, aber dies ist technisch nicht möglich.

Natürlich ist es für Norwegen und Dänemark gegenwärtig eine einfache Position, den Gashahn nach Bedarf auf- und zuschrauben zu können, doch in der Öffentlichkeit wird zunehmend die Frage gestellt, wie lange diese günstige Situation noch bestehen wird. Die Antwort der zuständigen Behörden klingt beruhigend, bietet aber zugleich Anlass zum Nachdenken: In den nächsten zehn Jahren werde es keine Probleme mit der Gasversorgung geben und Devisen werden weiterhin in die Kassen der Energienettoexporteure strömen. Doch wenn bis dahin nicht lohnende Felder gefunden oder die vorhandenen Fördertechnologien nicht entscheidend verbessert werden, wird die Produktion in Dänemark ab etwa 2017 langsam abnehmen. Die Eigenversorgung kann noch eine Reihe von Jahren danach sichergestellt werden, doch die Exporte werden langsam zurückgehen.

Um Engpässen vorzubeugen und wohl auch eigene Reserven zu schonen, hat die staatliche dänische Energiegesellschaft Dong bereits einen Vertrag mit Gazprom abgeschlossen, der ab 2011 jährliche Importe von einer Milliarde Kubikmetern Gas durch die Nordstreampipeline vorsieht. Die Leitung wird insgesamt 55 Milliarden Kubikmeter Gas jährlich transportieren können.

Die norwegische Gasproduktion wird erst in einigen Jahren ihren Höhepunkt erreichen und dann langsam fallen. Alle Hoffnungen liegen in den vermuteten Feldern in der Barentssee. Aus Rücksicht auf die Umwelt besteht hier jedoch ein Erkundungs- und Produktionsverbot, während Russland gleichzeitig an der Öffnung des gigantischen Stokman-Feldes arbeitet. Dieses wird wahrscheinlich mit norwegischer Offshoretechnologie betrieben werden, da Norwegen führend auf diesem Gebiet ist.

Noch problematischer sieht es bei der Ölförderung aus. Die dänische erreichte bereits 2004 ihren Höhepunkt und ist seit 2008 fallend. Noch ist die Produktion etwa doppelt so groß wie der Inlandsbedarf, aber schon in sechs Jahren wird sie nur noch ein Viertel der jetzigen betragen. Deshalb sieht die offizielle Klimastrategie vor, bis 2025 30 Prozent des dänischen Energiebedarfs aus erneuerbaren Quellen zu decken.

In Norwegen sieht es ähnlich aus: Die heutigen Fördermengen und bekannten Reserven sind größer als die dänischen, aber gleichfalls abnehmend und werden in wenigen Jahren halbiert sein, wenn sich die jetzige Entwicklung fortsetzt. Die Ölbranche glaubt nicht, Investitionen im großen Umfang durchführen zu können, falls der Durchschnittspreis für ein Barrel Öl auf dem derzeitigen Niveau bleibt. Es wird noch nicht laut gesagt, aber die Befürchtung besteht, dass das norwegische Ölzeitalter in einer Generation vorbei ist.