Axel Troost: Das Rettungspaket zur Krise – Eine Ermächtigung für die Bundesregierung

14.10.2008

Bricht eine neue Epoche an – ein in Rettungsaktionen geeintes Europa? Vertrauensvolle Staaten, die Scherben kitten, Lasten gerecht verteilen und neuen Bruch vermeiden? Eine vertrauenswürdige Merkel, ein Steinbrück unterm Lorbeerkranz? Vertrauen und Empörung

Das Vertrauen zwischen den Banken ist gerissen. Der Glaube an den Staat erlebt seine Renaissance. Es ist der Glaube an einen Staat, der die Rente, die Wasserwerke, die Straßenbahnen an die Finanzmärkte auslieferte. Davon reden die Regierenden nicht, denn das schafft kein Vertrauen.

Im Eilverfahren soll das deutsche Rettungspaket, das den Namen „Finanzmarktstabilisierungsfondsgesetz“ trägt, diese Woche durch das Parlament und den Bundesrat gejagt werden: Staatsgarantien und Kapitalhilfen – für den Bundeshaushalt eine potenzielle Belastung von 20 Milliarden Euro.

Alle Bedingungen für die Inanspruchnahme der Staatshilfe sind Kann-Aussagen: Staatlicher Anteil oder nur stille Beteilung, Vertrag oder nur Selbstverpflichtung – alles will die Regierung frei nach Gusto und je nachdem alleine per Rechtsverordnung entscheiden.

Doch Beteiligung braucht ein Stimmrecht. Das ist eine demokratische Mindestforderung, wollen wir das Gesetz und seine Umsetzung nicht den Banken überlassen. Ackermann ist in allen Verhandlungen dabei. Hilferding lässt grüßen.

Die Steuerzahlerinnen und -zahler haben keine Garantie, ob der Rettungsfonds nicht am Ende rote Zahlen schreibt. Das Parlament soll noch nicht einmal Einfluss haben.

Vor wenigen Wochen hat die Linkspartei einen Sicherungsfonds für die privaten Banken vorgeschlagen. Alle anderen Parteien lehnten den Antrag am 24.9. als unnötig ab, weil „das in Deutschland bestehende Einlagensicherungssystem von den jeweiligen Kredit­instituten finanziell ausgestattet werde, so dass bereits nach geltenden Regelungen im Sicherungsfall nicht die Lage gegeben sei, dass Verluste zulasten des Steueraufkom­mens ausgeglichen werden.“ Jetzt sollen Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die verbleibenden Stabilitätsanker des deutschen Finanzsektors, für die Einlagen der Pri­vatbanken haften!

Die Katastrophenhilfe ist ausgeschöpft

Mehr Katastrophenhilfe ist kaum denkbar und viel Vertrauen bereits verspielt. Noch vorige Woche lehnte die Kanzlerin ein europäisches Vorgehen ab. Sie versucht es mit einer Regierungserklärung: Während sie spricht, sinkt der Euro. Der Deutsche Aktienindex schließt vor Wochenende mit einem Minus von 21,6 Prozent. Die Verluste nach dem 11. September waren geringer.

„Deutschland ist stark“, sagt die Kanzlerin, und meint: Deutschland ist verwundbar. Eine Wirtschaftspolitik, die einseitig auf Export setzt und die Nachfrage im Inland mit Dumpinglöhnen und Sozialkürzungen schwächt, macht instabil.

Zuchtmeister Steinbrück mahnt bis zuletzt zur Mäßigung. Lange wollte er sich aus der Affäre ziehen, die Verantwortung den Banken und den USA überlassen. Jetzt ist die Not der Stunde im Wahlkampf angekommen: Die SPD erhebt die Krise zum Wahlthema. Ihr bleibt nichts anderes übrig. Derweil ist das europäische Rettungspaket mindestens so hoch wie das der USA.

Wer bloß die Banken rettet, erreicht nichts

Hunderte Milliarden Euro für ein Rettungspaket und kein Euro für ein Konjunktur-programm – glatter Irrsinn. Wer seine Einlagen in Sicherheit weiß und um seinen Arbeitsplatz bangt, kann nicht vertrauen.

Nur wenn die Konjunktur gestärkt und die Finanzbranche zur Realwirtschaft zurückgebracht ist, erwächst ein berechtigtes Vertrauen und werden höhere Folgekosten vermieden. Anteile, die der Staat an den Banken erworben hat, wird er sonst nicht gewinnbringend verkaufen können.

Auch Steuerzahler können erst Vertrauen schenken, wenn das Verlustrisiko der Rettungsaktionen eingedämmt und ihr Anteil eng begrenzt ist: Eine Sonderabgabe der Banken – sei es je nach Gewinnlage eher oder später – und eine Vermögensabgabe zur Finanzierung der Rettungspakete sind Wege.

Vor der Wahl ist noch nicht nach der Wahl. Die Kosten ausbleibenden Handels zeigen sich vielleicht erst dann.

Ein Staat, der die Asche zusammen kehrt und die Überreste für viel Geld restauriert, um sie anschließend mit beruhigenden Worten ins alte Erdbeben zu entlassen, ist den Banken ein willkommener Idiot: „Wer die Börse zur Lokomotive werden lässt, wird ihr als Kohle dienen.“