Hedgefonds, Finanzinvestoren: Wann platzt die Blase?

Die Branche droht mit Insolvenz wegen Steinbrücks Zinsbesteuerung - und deckt damit ihren wahren Existenzgrund auf

09.08.2006 / Axel Troost, Pressemitteilung

Hedgefonds, Finanzinvestoren: Ohne Steuerprivilegien in die Pleite

Die Private-Equity-Branche heult auf: Das Handelsblatt zitiert heute mehrere ihrer Vertreter, die mit einer Insolvenzwelle drohen und davor warnen, bei Steinbrücks geplanter Besteuerung von Zinskosten würde für ausländische Finanzinvestoren „das ganze Modell kippen“.

So viel Klarheit hört man selten aus der Branche, glänzte sie doch bislang mit einem Ausmaß an Intransparenz, sodass selbst Commerzbankchef Müller beklagte,man kenne von den „Heuschrecken“ meist nicht mehr als eine Postfachadresse.

Endlich sprechen die Finanzinvestoren aus, wovon sie in Wahrheit leben. Der eigentliche Kern des gewaltigen Booms, den die Branche zur Zeit in Deutschland erlebt, sind drei Sachverhalte:

  • Die PE-Firmen kaufen heimische Firmen weitgehend auf Kreditbasis auf und stellen der deutschen Tochter die Zinsen in Rechnung, die damit ihre Gewinne drückt. Die Zinsen, die an in einer Steueroase sitzende Muttergesellschaften gezahlt werden, werden am Sitz der Mutter zu niedrigsten Sätzen versteuert. Jüngstes Beispiel für die regelrechte Ausplünderung ist die Übernahme von Tank&Rast durch den Finanzinvestor Terra Firma.
  • Eine wichtige Bedingung dieses Modells: Die (immer noch) historisch niedrigen Zinsen, ohne die sich die Kreditfinanzierung nicht rechnet.
  • Weiterer Hintergrund: Die zunehmende Konkurrenz der Pensionsfonds um die Renditen.
Die Hatz der „Alphajäger“ (Handelsblatt) nach immer höheren Renditen wird vor allem vom ständig wachsenden „Anlagedruck“ (Handelsblatt) der weltweit erheblich angestiegenen Liquidität und insbesondere der Pensionsfonds getrieben, die angesichts der Zinsflaute die Mindestrendite nicht mehr erreichen und in immer riskantere Anlageformen wie Hedgefonds, Private-Equity- Gesell-schaften, Derivate, riskante Hochzinsanleihen etc. drängen.

Die Branche wird immer aggressiver: Inzwischen sind auch Dax-Konzerne im Visier. „Übernahmen für bis zu 40 Mrd Euro sind theoretisch möglich … Firmenkäufer sammeln Rekordsummen“, liest man in der SZ.

Die notorischen Warner sind auf dem Plan und kommen immer öfter aus der eigenen Branche: Waren Buffet, der reichste Mann der Welt, sieht in den neuen sog. „strukturierten Finanzprodukten“ „tickende Zeitbomben, die mit der Sprengkraft von Massenvernichtungswaffen das Weltfinanzsystem aus den Angeln heben können“ (Handelsblatt). Die FTD prangert Praktiken der Branche an, die gekauften Unternehmen mit Schuldenbergen zu beladen, „die nur in Schönwetterzeiten vertretbar sind…. Das könnte sich bald ändern, wenn die Zinsen steigen.“ Gewarnt wird vor einem „Schneeballeffekt, … der das neue Zeitalter der Gier zu einem schmerzhaften Ende bringt.“ Das Blatt zitiert eine Studie der Europäischen Zentralbank, in der ein Finanzcrash in Aussicht gestellt wird, wenn die unkontrollierte Ausbreitung der Hedgefonds anhält.

Mit Blick auf das Untergangsgeschrei der PE-Branche ist Eines klar: Sie erhält gegenwärtig durch das deutsche Steuersystem ein Renditegeschenk von über 4%/a. Durch die geplante beschränkte Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen verliert sie diese Steuerbegünstigung - ein Schritt zu einem faireren Wettbewerb.

Die PE-Firmen und Hedgefonds werden mit den nun steigenden Zinsen und mit den sich verschärfenden Problemen der Pensionsfonds ins Trudeln kommen. Davon unbeschadet muss die Politik regulierend eingreifen. Ich kann den Bundesfinanzminister nur ermuntern, sich vom Geschrei der "Heuschrecken" nicht beeindrucken zu lassen. Er wird mit der Zinsbesteuerung allerdings nur einen Teil des Weges schaffen. Nötig sind nationale und dann weltweite Regulierungen.

Die Stichworte sind: Verbot von Leerverkäufen, Registrierungspflicht, Offenlegung der Kreditfinanzierungsquoten, Einführung von lock-up-Fristen, Börsenumsatzsteuer etc. Wir wären schon ein Stück weiter, wenn die Bundesregierung sich zu den von der US-amerikanischen Börsenaufsicht SEC geforderten schärferen Kontrollen durchringen könnte.