Massenprotest und Eklat bei VW

40 000 demonstrieren für Erhalt des VW-Gesetzes / Piëch fällt Porsche in den Rücken

14.09.2008 / Neues Deutschland

Auf einer der größten Kundgebungen in der Geschichte des Volkswagen-Konzerns sind am Freitag mehr als 40 000 Beschäftigte für den Erhalt des VW-Gesetzes eingetreten. In der zeitgleich stattfindenden Aufsichtsratssitzung kam es währenddessen zum Eklat.

Wolfsburg (Agenturen/ND).

Mit der Massenkundgebung sandten die Beschäftigten, die sich auf dem Werksgelände vor dem Konzernsitz versammelt hatten, ein Signal an die EU-Kommission in Brüssel sowie an Großaktionär Porsche. Der Sportwagenbauer will das Gesetz, das der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat wichtige Mitbestimmungsrechte sichert, streichen. EU-Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy hatte eine neue Klage vor dem Europäischen Gerichtshof angekündigt.

»Wir brauchen im Zeitalter von Globalisierung und Finanzmarktkapitalismus mehr Demokratie und nicht weniger«, sagte IG Metall-Chef Berthold Huber, Hauptredner der Veranstaltung. DGB-Chef Michael Sommer sicherte den Demonstrierenden die Solidarität der Gewerkschaften zu. VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh kündigte an, notfalls werde die Belegschaft auch in Brüssel demonstrieren. Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) hatte bereits am Morgen im ZDF gesagt, das Volkswagen-Gesetz sei nötig um zu verhindern, »dass einer alles dominiert«.

In der zeitgleich stattfindenden Aufsichtsratssitzung konnte Niedersachsens Ministerpräsident durchsetzen, dass die 20-Prozent- Sperrminorität erhalten bleibt. Der VW-Aufsichtsrat beschloss auf seinen Antrag eine entsprechende Satzungsänderung. Der Beschluss sei einhellig gefallen, nur die Porsche-Vertreter hätten sich enthalten. Die Änderung passt die Satzung an das veränderte VW-Gesetz an.

Bei der Sitzung kam es zudem zu einem Eklat, mit der der Machtkampf bei Volkswagen nach dem Einstieg von Porsche einen neuen Höhepunkt erreichte: VW-Patriarch und Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch, selbst Miteigentümer von Porsche, fiel dem Sportwagenbauer in den Rücken. Mit überraschender Stimmenthaltung ließ er den Antrag der Arbeitnehmerseite passieren, wonach Geschäfte zwischen Porsche und der VW-Tochter Audi nur mit Zustimmung des Wolfsburger Aufsichtsrates geschlossen werden dürfen.

Der Chef des Porsche-Aufsichtsrates, Wolfgang Porsche, äußerte sich nahezu fassungslos zum Vorgehen seines Cousins: »Ich bin entsetzt über das Abstimmungsverhalten des Aufsichtsratsvorsitzenden«, ließ er wissen. Piëch selbst war bei der Aufsichtsratssitzung nicht anwesend, er hatte sein Votum über zwei vorliegende Anträge mittels einer so genannten Stimmbotschaft in verschlossenen Umschlägen hinterlegt. Die Gründe für sein Fernbleiben bei der wichtigen Sitzung wurden zunächst nicht bekannt.