Keynesianismus, neoliberaler Staat und soziale Gegenmacht

12.08.2008 / Ingo Schmidt, Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik

In seinem letzten Weltwirtschafts-Ausblick erklärte der Internationale Währungsfonds, dass zur Eindämmung der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise staatliche Ausgabenprogramme nötig seien. Diese Rehabilitierung des Keynesianismus durch das „Zentralkomitee des internationalen Monetarismus“ deutet daraufhin, dass die Bourgeoisien aller Länder nach Alternativen zum Neoliberalismus suchen. Nicht weil der Kampf subalterner Klassen sie zu Konzessionen zwingt, sondern weil die Krise ihr Vermögen bedroht. Weil das zur Sicherung der Geldzirkulation betriebene Krisenmanagement Vermögensverluste hinauszögern aber nicht verhindern kann, erwägen Wirtschaftspolitiker nun also eine Rückkehr zum Keynesianismus. Dabei stehen sie vor dem Problem, dass Vermögen nicht nur durch Liquiditätsmangel, Unternehmenszusammenbrüche und eine hierdurch ausgelöste Rezession vernichtet, sondern auch von der gegenwärtig steigenden Inflation Stück für Stück entwertet werden.

Stagnation der realen Wertschöpfung und inflationäre Aushöhlung von Kaufkraft und Vermögen gab es zuletzt in den 1970er Jahren. Im völligen Gegensatz zu aktuellen Debatten über ein Comeback des Keynesiaismus schlossen sich seinerzeit immer mehr Wirtschaftspolitiker der montaristischen Auffassung an, dass keynesianisch inspirierte Ausgabenprogramme nicht zu steigender Nachfrage nach Gütern, Dienstleistungen und Arbeitskraft würde. Vielmehr stellten solche Staatsinterventionen die Dispositionsfreiheit privaten Kapitals in Frage, weshalb Unternehmen auf steigende Staatsausgaben nicht mit Investitionen und Neueinstellungen reagierten, sondern ihre ohnehin geplante Produktion zu steigenden Preisen absetzen würden. Noch schlimmer, so argumentierten die damals sehr selbstbewusst auftretenden Monetaristen, würde die Situation, wenn Arbeiter die mit steigenden Preisen einhergehenden Reallohnverluste mit der Forderung nach höheren Nominallöhnen beantworten würden. Genauer: Wenn sie aufgrund eines hohen Beschäftigungsniveaus in der Lage wären, solche Forderungen durchzusetzen. Dies war in den 1970er Jahren der Fall. Ein Unternehmer, der in jener Zeit versucht hätte, sich Lohnforderungen durch Standortverlagerung zu entziehen oder diese auch nur anzudrohen, wäre ausgelacht worden.

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