Krankenkassen: Vorstände mit großer Lohntüte

Krankenkassen bezahlen bis zu 242 000 Euro Jahresgehalt

07.08.2008 / Von Christian Klemm, Neues Deutschland

Der Bundesrechnungshof stellt in einem neuen Bericht fest, dass die Krankenkassen ihren Vorständen Jahresgehälter von bis zu 242 000 Euro zahlen. Jetzt fordern die Rechnungsprüfer eine Reglementierung der Bezüge durch den Gesetzgeber.

Eigentlich ist es paradox: Die gesetzlichen Krankenkassen geben sich klamm und verweigern den Versicherten immer mehr Leistungen – gleichzeitig aber verdienen ihre Vorstände bis zu 242 000 Euro jährlich, wie die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« in ihrer Mittwochausgabe mit Bezug auf Zahlen des Bundesrechnungshofes schreibt. Nach einem neuen Bericht des Rechnungshofes zahlten Kassen mit bis zu 100 000 Versicherten ihrem Führungspersonal zuletzt im Schnitt 140 000 Euro im Jahr. Ein Zustand, der nach Vorstellung der Rechnungsprüfer abgeschafft gehört. Eine Verdienst-obergrenze, durch den Bundesgesetzgeber festgelegt, soll nach ihren Vorstellungen die Bezüge zukünftig reglementieren. Eine Orientierung, so die Kalkulation der Prüfer, könnten beamtenrechtliche Reglungen sein.

Der Bundesrechnungshof untersuchte 29 von 217 möglichen Krankenkassen, die etwa ein Fünftel der bundesdeutschen Versicherten repräsentieren. Namen nennt der Rechnungshof in seinem Bericht nicht. Fest steht: Die Bezüge der Kassenvorständler unterscheiden sich erheblich. Ausschlaggebend sind jeweils die bei einer Krankenkasse versicherten Mitglieder. Nach Angaben von www.krankenkasse.de einem Berliner Internetportal, wird die Arbeit des Vorstandsvorsitzenden der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Saarland mit 54 050 Euro im Jahr honoriert. Ein Vorstand der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) erhält nach Angaben des Portals dagegen eine Grundvergütung von 223 963 Euro jährlich. Hinzu könnten Erfolgsprämien und leistungsbezogene Bezüge kommen. Rechnet man diese mit, so ist der Chef der Deutschen Betriebskrankenkasse (BKK) Spitzenreiter auf der Gehaltsskala. »Wenn alles bestens läuft, kann er mit Bezügen in Höhe von 267 960 Euro rechnen«, ist auf der Internetseite zu lesen.

In der Regel erhalten die Kassenchefs zusätzlich zu ihrem Gehalt – wie in vielen Wirtschaftsunternehmen auch – Sachleistungen und Vergünstigungen wie Mobiltelefone, Dienstwagen und Firmencomputer. Dieser variable Teil des Gehaltes liegt zwischen 25 und 30 Prozent der Gesamtbezüge. In einem Fall, so die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« gestern, beliefen sich diese Leistungen auf 77 Prozent der Grundvergütung. Die Prüfer des Rechnungshofes äußern in ihrem Bericht, dass mitunter Ziele und Zwecke der Zahlungen nicht schriftlich festgehalten worden seien. Ausgezahlt wurden die Prämien dagegen immer.

Der GKV-Spitzenverband, die zentrale Interessenvertretung der Gesetzlichen Krankenversicherung, wollte sich auf ND-Nachfrage nicht zu einer möglichen Reglementierung der Vorstandsgehälter äußern. Der Verband erklärte am Mittwoch: »Wir haben in Deutschland eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. Dies ist nicht zuletzt das Verdienst der Kassenmanager, die dafür sorgen, dass auch in schwierigen Zeiten, wie z. B. in der Vorbereitungsphase des Gesundheitsfonds, die Versorgung von 70 Millionen Versicherten gut funktioniert.«

Nimmt man die Gehälter von Unternehmen und Konzernen der freien Wirtschaft als Maßstab, so erscheinen die Gehälter der Krankenkassenvorständler eher wie ein Trinkgeld. Wie das Münchener Magazin »Focus« im vergangenen November mitteilte, betrug die Vorstandsvergütung der Porsche AG für das abgelaufene Jahr 112,7 Millionen Euro.

Viagra & mehr

Neben Dienstwagen und Firmenhandy stellen Krankenkassen ihren Vorständen mitunter auch andere »Annehmlichkeiten« zur Verfügung. Der Bundesrechnungshof fand heraus, dass dazu Haarwuchsmittel, Massagen in türkischen Bädern, orthopädische Matratzen, Viagra-Pillen und Reisen mit der Partnerin gehörten.