Leipzig bekommt Sozialticket

Grüne, LINKE und SPD wollen die Einführung im Stadtrat durchsetzen

07.04.2008 / Von Matthias Gärtner, Neues Deutschland

Gegen den Widerstand der Leipziger Verwaltungsspitze wollen Grüne, LINKE und SPD im Stadtrat die Einführung eines Sozialtickets durchsetzen.

Noch Anfang vergangener Woche hatte Sozialbürgermeister Thomas Fabian (SPD) erklärt, dass für die Leipziger Stadtverwaltung die Einführung eines Sozialtickets aus Kostengründen vom Tisch sei. »Vor dem Hintergrund der aktuellen Haushaltslage können wir diese freiwillige Leistung nicht vorschlagen«, machte Fabian deutlich. Nach Berechnungen der Verwaltung hätten 88 000 Einwohner der Messestadt Anspruch auf ein solches Ticket. Vorgesehen ist, dass die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) das Sozialticket zu einem Preis von 25 Euro pro Monat anbieten. Eine Monatskarte für das Stadtgebiet kostet zur Zeit 47,50 Euro. Insgesamt müsste die Stadt jährlich einen Zuschuss von 1,4 Millionen Euro an die Verkehrsbetriebe zahlen. Angesichts des städtischen Haushaltsdefizits ist das aus Sicht der Rathausspitze nicht realisierbar. Dietmar Pellmann, sozialpolitischer Sprecher der LINKEN im Stadtrat, erklärte die Einführung des Sozialtickets zu einem relevanten Punkt bei der Haushaltsverhandlung. Ohne die Stimmen der LINKEN im Stadtrat wäre die Verabschiedung des städtischen Haushaltes für dieses Jahr fraglich. Offensichtlich die Kommunalwahlen im kommenden Jahr im Blick hat jetzt die SPD-Stadtratsfraktion überraschend verkündet, dass noch in diesem Jahr ein Sozialticket in Leipzig eingeführt werden soll. »Wir haben Verständnis für die Position der Verwaltungsspitze, angesichts des Haushaltsdefizits selber keinen Beschlussvorschlag unterbreiten zu können. Da das Sozialticket von uns aber gewollt ist, werden wir mit den Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE in den nächsten Tagen abstimmen, welche Möglichkeit der Beschlussfassung im Stadtrat am sinnvollsten ist«, verkündete der sozialdemokratische Fraktionschef Axel Dyck. Mit den Stimmen der drei Fraktionen ist eine große Mehrheit für das Sozialticket im Stadtrat gesichert. Die Einführung ist zum 1. August dieses Jahres vorgesehen. Für die Einführung des Sozialtickets hatten sich im letzten Jahr mehr als 20 000 Leipziger bei einer Unterschriftensammlung stark gemacht. Dietmar Pellmann von der LINKEN hatte angesichts der ablehnenden Haltung der Rathausspitze bereits mit einem Bürgerbegehren gedroht. Ob die Einführung des Sozialtickets insgesamt zu einer finanziellen Entlastung der privaten Haushaltskassen führen wird, muss sich zeigen. In der letzten Stadtratssitzung haben SPD und LINKE eine Erhöhung der Gebühren für die Kinderbetreuung beschlossen. Widerstand regt sich besonders in der LINKEN. So erklärte der Landessprecher des Arbeitskreises soziale Gerechtigkeit (ASG), Maximilian Meurer: »Es erfordere schon mehr als ein Hobbyfernglas, um den Stern zu finden, auf dem sich sozialdemokratische Politiker und leider auch linke Stadträte in Leipzig gerade befinden.« Von seiner Partei, die sich seit Jahren für eine kostenfreie Kita-Betreuung einsetze, erwarte er vielmehr handfestes politisches Engagement gegen Sozialabbau.