DGB-Studie zu Niedriglohn-Jobs: Immer mehr Arbeitnehmer mit zu wenig Geld

06.01.2008 / tagesschau.de

"Der Aufschwung ist inzwischen bei den Menschen angekommen", so Wirtschaftsminister Michael Glos noch Ende November. Die Botschaft des Ministers: Die schlechten Jahre sind vorbei. Belegbar für die gesamtwirtschaftliche Lage ist das: Die Arbeitslosigkeit sinkt (inzwischen bei rund 3,4 Millionen), die Wirtschaft dagegen wächst, auch wenn die ursprüngliche Wachstumsprognose von zwei Prozent wohl leicht gesenkt wird.

Trotzdem haben acht von zehn Bürgern nicht das Gefühl, dass sie an der positiven wirtschaftlichen Entwicklung teilhaben. Vielmehr ist - wieder einmal - eine Debatte um Managergehälter entbrannt, in der es allerdings dieses mal nicht so sehr um die Managermillionen, sondern vielmehr um die gigantische Diskrepanz zwischen den Gehältern in den Chefetagen und am Fließband geht.

Habe Job, brauche Geld

Diese Schere wird weithin als ungerecht empfunden, zumal immer mehr Menschen arbeiten, ohne mit dem Geld überhaupt durch den Monat zu kommen. Dieses "Niedriglohn-Problem" beschäftigt inzwischen auch die Politik, die SPD will die anstehenden Wahlen zu Abstimmungen über den Mindestlohn machen.

Eine neue Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes dürfte den Sozialdemokraten da recht kommen: Wie die "Frankfurter Rundschau" unter Berufung auf eine Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) berichtet, ist die Zahl der hilfsbedürftigen Arbeitnehmer im Jahr 2007 um mehr als ein Drittel auf 1,3 Millionen gestiegen. Zum Vergleich: 2005 - also vor Beginn des Aufschwungs - waren nur rund 950.000 Arbeitnehmer auf Hartz IV angewiesen.

"Vollzeitnahe Beschäftigungsverhältnisse"

Von diesen 1,3 Millionen arbeiten nach Angaben des DGB viele in einer "sozialversicherten, oftmals vollzeitnahen Beschäftigung". Das widerspricht der gängigen Annahme, dass die Mehrheit derjenigen, die arbeitet und trotzdem staatliche Hilfe braucht, in den sogenannten Mini-Jobs beschäftigt sei. Tatsächlich sei ihr Anteil um rund die Hälfte gefallen, deutlich größer sei dagegen der Kreis der Hartz-IV-Bezieher geworden, die mehr als 400 Euro im Monat verdienen und damit Sozialabgaben zahlen müssen, heißt es in der Studie.

Nach Einschätzung des DGB bedeutet das, "dass sich Menschen mit einer Kombination aus Hartz IV und Mini-Job keinesfalls einrichten und zufrieden geben". Vielmehr bemühten sich viele um volle Arbeitsplätze - auch wenn diese schlecht bezahlt sind.

Altersarmut in spätestens 15 Jahren Thema

Nach Einschätzung des Rentenexperten Bert Rürup wird die große Zahl von Geringverdienern auch Auswirkungen auf das Rentensystem haben. "Unter den gegenwärtigen Bedingungen werden die Armutsrisiken im Alter zunehmen", sagte er dem "Spiegel". In spätestens 15 Jahren werde das Thema Altersarmut relevant werden. Rürup erneuerte zugleich einmal mehr seine Kritik an der Bundesregierung: Gerade die staatlich geförderte Riester-Rente klammere die Geringverdiener aus.