Presseerklärung: Von Kaffeesatz- und Statistiklesern

Zur Debatte um die Verteilung der Steuerlasten in der laufenden Haushaltsdebatte erklärt Dr. Axel Troost, finanzpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE:

30.11.2007

In diesen Tagen werden Politiker von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen nicht müde zu betonen, die Reichen in Deutschland würden mehr Steuern zahlen als von der Öffentlichkeit wahrge­nommen. Dabei wird gerne darauf verwiesen, dass die Reichen den überwältigenden Teil der Einkommensteuern zahlen.

Diese Feststellung ist richtig, sollte aber kein Grund zur Selbstzufriedenheit sein, sondern eine Selbstverständlichkeit. Und außerdem ist es nur die halbe Wahrheit: Die reichsten 15 Prozent der Steuerpflichtigen zahlen zwar 65 Prozent der Einkommensteuer, aber die Einkommensteuer, wie die direkten Steuern insgesamt, machen einen immer kleiner werdenden Teil der Steuerein­nahmen aus.

Waren direkte Steuern Anfang der 1990er Jahre noch für 56 Prozent der Steuereinnahmen ver­antwortlich, so sank dieser Anteil nach 2000 auf unter 50 Prozent und wird laut Schätzung des Bundesfinanzministeriums 2007 auf den historisch niedrigsten Stand von ca. 47% fallen. Bei der Einkommensteuer (Lohnsteuer und veranlagte Einkommensteuer) war der relative Rückgang sogar noch stärker: Der Anteil der Einkommensteuer an den Gesamtsteuereinnahmen ist um über ein Viertel von 38 Prozent 1990 auf unter 28 Prozent 2006 gefallen, Tendenz weiter fallend.

Entsprechend gestiegen sind die indirekten Steuern. Anders als die progressive Einkommen­steuer wirken indirekte Steuern, insbesondere die Mehrwertsteuer, regressiv. Die Armen und die mittleren Einkommensbezieher zahlen proportional viel, die Reichen hingegen relativ wenig. Die Verkäuferin bei Schlecker zahlt genauso viel Mineralöl- und Mehrwertsteuer für einen Liter Benzin wie der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank. Genauso verhält es ich bei den Steuern auf eine Tasse Kaffee oder eine Kilowattstunde Strom. Gerade der Anteil der Mehr­wertsteuer an den Steuereinnahmen ist von 1990 bis 2006 um ein Drittel von 14,2 Prozent 21,2 Prozent gestiegen. Die Mehrwertsteuererhöhung 2007 treibt diesen Umbau des Steuersystems weiter voran.

Auch wenn Die LINKE es sehr begrüßen würde, so kann doch heute leider keine Rede davon sein, dass das gesamte Steueraufkommen insbesondere von den Reichen und großen Unter­nehmen aufgebracht wird. Vielmehr wollen wir diesen Zustand u.a. durch die Wiederanhebung des Spitzensteuersatzes bei der Einkommensteuer, eine höhere Körperschaftsteuer, die Wieder­erhebung der Vermögen- und Börsenumsatzsteuer und eine Reform der Erbschaftsteuer erst noch erreichen.