Mietenstopp und Mietendeckel kommen – Fragen & Antworten

Die rot-rot-grüne Koalition hat sich auf Eckpunkte für ein neues Gesetz des Landes geeinigt, mit dem die Höhe der Mieten in Berlin reguliert wird.

20.06.2019 / LINKSFRAKTION Berlin

Was ist der Stand der Dinge?

Die rot-rot-grüne Koalition hat sich auf Eckpunkte für ein neues Gesetz des Landes geeinigt, mit dem die Höhe der Mieten in Berlin reguliert wird. Der Senat hat die Eckpunkte in seiner Sitzung am 18. Juni 2019 beschlossen. 

Wie geht es nun weiter?

Die beschlossenen Eckpunkte werden nun von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen zu einem Gesetzentwurf ausgearbeitet. Dabei müssen noch viele Details geklärt werden. Der Gesetzentwurf wird dann ebenfalls vom Senat beschlossen und schließlich ins Abgeordnetenhaus eingebracht. Das Gesetz soll noch Ende dieses Jahres beschlossen werden und im Januar 2020 in Kraft treten. Die Regelungen sollen rückwirkend mit dem Beschluss der Eckpunkte im Senat gelten.

Was ist geplant?

  • Mietenstopp: Die Mieten für nicht preisgebundene Wohnungen werden für einen Zeitraum von fünf Jahren eingefroren.
  • Mietendeckel: Es wird eine generelle Mietobergrenze eingeführt, die noch genauer definiert werden muss. Wird eine Wohnung neu vermietet, darf die Höhe der Miete des Vormieters und die Mietobergrenze nicht überschritten werden. Wenn Mieten deutlich oberhalb der Mietobergrenze liegen, sollen Mieter*innen einen Antrag stellen können, damit die Miete abgesenkt wird.
  • Modernisierungsumlage: Wenn Kosten für Modernisierungen auf die Miete umgelegt werden sollen, muss dies in Zukunft vom Vermieter gemeldet werden. Modernisierungen, die eine Umlage von 50 Cent pro Quadratmeter nicht überschreiten, können weiterhin ohne Genehmigung durchgeführt werden. Höhere Umlagen sind möglich, müssen aber geprüft und genehmigt werden.
  • Ausnahmen: Neubauwohnungen, die zum ersten Mal vermietet werden, werden von dem Gesetz ausgenommen. Gleiches trifft auf Sozialwohnungen zu, für die eigene Regelungen gelten.
  • Härtefälle: Vermieter*innen, die durch die neuen Regelungen in eine wirtschaftliche Schieflage geraten, kann nach Antragstellung und Überprüfung eine Erhöhung der Miete genehmigt werden. Mieter*innen, die einen Wohnberechtigungsschein haben, wird dann der Mietanteil erstattet, der die Mietobergrenze überschreitet.
  • Durchsetzung: Vermieter*innen, die sich nicht an die neuen Regelungen halten, müssen mit einem Bußgeld von bis zu 500.000 Euro rechnen.

Geht das rechtlich überhaupt?

Mit dem Mietendeckel betreten wir juristisches Neuland. Am Ende wird ein Gericht die Zulässigkeit prüfen. Mehrere juristische Gutachten bestätigen aber, dass ein öffentlich-rechtlicher Mietendeckel des Landes Berlin möglich ist. Seit der Föderalismusreform sind die Bundesländer für das Wohnungswesen zuständig. Artikel 28 Absatz 1 der Verfassung von Berlin besagt zudem: „Jeder Mensch hat das Recht auf angemessenen Wohnraum. Das Land fördert die Schaffung und Erhaltung von angemessenem Wohnraum, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen, sowie die Bildung von Wohnungseigentum.“

Vermieter*innen verschicken jetzt Mieterhöhungen – was tun?

Die neuen Regelungen sollen rückwirkend mit dem Beschluss der Eckpunkte im Senat gelten. Haben Mieter*innen zum Zeitpunkt des Senatsbeschlusses - also dem 18. Juni 2019 - der Mieterhöhung nicht zugestimmt, ist nach unserer Rechtsauffassung die bisher geltende Miete Grundlage für das Einfrieren der Miete und die geforderte Mieterhöhung nicht wirksam.

Mieter*innen sollten Mieterhöhungsverlangen in Ruhe prüfen und die zweimonatige Frist zur Zustimmung ausschöpfen. Vernetzen Sie sich mit ihren Nachbar*innen und wenden Sie sich an eine Mieterberatungsstelle.

Mieterberatung in linken Partei- und Abgeordnetenbüros

Mieterberatungen der Bezirke

Berliner Mieterverein

Eine rückwirkende Anwendung eines Gesetzes, geht das überhaupt?

Das Grundgesetz kennt außer dem strafrechtlichen Rückwirkungsverbot keinen Grundsatz eines allgemeinen Rückwirkungsverbotes. Vertrauensschutz ist dann nicht gefordert, wenn zum Zeitpunkt, auf den das Gesetz rückwirkend angewendet werden soll, mit einer solchen Regelung gerechnet werden musste. Die neuen Regelungen sollen mit der Beschlussfassung im Senat wirken.

Wird sozialen Vermieter*innen damit nicht die Grundlage entzogen?

Das Gesetz wird eine Härtefallregelung enthalten, die Vermieter*innen beantragen können, soweit es zu einer wirtschaftlichen Schieflage kommt. Dies betrifft unter anderem die vielfache Klage, dass laufende Kosten sich durch die Inflationsrate und so weiter erhöhen. Baukosten sind kein Argument, denn diese werden nicht durch Mieteinnahmen im Bestand finanziert. Modernisierungen sind anzeigepflichtig und die Umlage bis zu 50 Cent pro Quadratmeter ist genehmigungsfrei. Weitergehende Maßnahmen mit höherer Umlage werden geprüft und müssen genehmigt werden. Instandhaltungen sind nicht umlagefähig und müssen durch reguläre Mieteinnahmen finanziert werden. Ist dies nicht mehr möglich, gilt die Härtefallregelung.

Und das Eigentumsrecht der Vermieter*innen?

Auch das Eigentumsrecht der Vermieter*innen gilt nicht unbeschränkt. Insbesondere wenn das Eigentum einen sozialen Bezug hat und in einer sozialen Beziehung steht, ist auf die Belange derjenigen Rücksicht zu nehmen, die auf die Nutzung des Eigentumsobjekts, also der Wohnung, angewiesen sind (Eigentumsverpflichtung). Das Recht schützt den Substanzerhalt des Eigentums, weswegen eine Härtefallregelung eingeführt wird. Ein Recht auf Rendite gibt es aber nicht.

Wenn der Mietendeckel kommt, entfällt dann die Vergesellschaftung?

Nein. Für uns Linke stehen Mietendeckel und Vergesellschaftung nicht gegeneinander, sondern ergänzen sich. Der Mietendeckel ist eine befristete Lösung zur schnellen Linderung des Mietenwahnsinns. Die von der Initiative „Deutsche Wohnen und co. enteignen“ angestrebte Vergesellschaftung, die von uns unterstützt wird, soll auf lange Sicht die Wohnungsbestände der großen profitorientierten Wohnungsunternehmen in Gemeinwirtschaft überführen.

12. Juni 2019

Berliner Mietengesetz: Mieten einfrieren und deckeln

Von Gaby Gottwald, Mitglied im Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen

Die rot-rot-grünen Koalitionsfraktionen haben sich auf ein Eckpunktepapier geeinigt, das nach Beschlussfassung im Senat am 18.6. als Landesgesetz zur Regulierung der Miethöhen ausgearbeitet und ins Parlament eingebracht werden soll. Die Regelungen gelten mit der Beschlussfassung der Eckpunkte im Senat.

Demnach werden für circa 1,4 Millionen nicht preisgebundene Wohnungen die Mieten für einen Zeitraum von fünf Jahren eingefroren. Zudem wird eine generelle Mietobergrenze eingeführt, der sogenannte Mietendeckel, der noch genauer zu definieren ist. Bei Neuvermietung darf die Höhe der vorherigen Vertragsmiete und die Mietobergrenze nicht überschritten werden. Liegen Bestandsmieten deutlich oberhalb der Mietobergrenze, können Mieter*innen einen Antrag auf Absenkung stellen. Fällt die amtliche Überprüfung positiv aus, wird die Miete auf die zulässige Obergrenze abgesenkt.

Erstvermietungen in Neubauwohnungen werden vom Landesgesetz ausgenommen.

Eine Umlage auf die Miete nach Modernisierung ist grundsätzlich anzeigepflichtig. Modernisierungen, die eine maximale Umlage von 50 Cent pro Quadratmeter nicht überschreiten, sind genehmigungsfrei. Höhere Umlagen bei energetischen Modernsierungen, unterliegen einem Genehmigungsvorbehalt und müssen 1:1 durch Einsparungen bei den Betriebskosten ausgeglichen werden. Der voraussichtliche Einspareffekt bei den Betriebskosten ist vorab durch Sachverständige nachzuweisen. Eine Genehmigung wird nur erteilt, wenn öffentliche Fördermittel in Anspruch genommen werden und energetische Maßnahmen gesetzlich vorgeschrieben sind, Barrieren gemindert werden oder ein Substandard behoben wird.

Vermietern, die durch die neuen Regelungen in eine wirtschaftliche Unterdeckung geraten, kann nach Antragstellung und Überprüfung eine Erhöhung der Miete genehmigt werden. Mieter*innen, die WBS-berechtigt sind, wird dann der Mietanteil erstattet, der die Mietobergrenze überschreitet. Verstöße gegen das Landesgesetz können mit einem Bußgeld bis zu 500.000 Euro geahndet werden.