"Die Mentalität muss sich wandeln"

DGB, Gewerkschaftlicher Info-Service

03.11.2016 / Nr.16 - November 2016

Das ist ein Riesenhieb“, stellt der ver.di-Finanzexperte Mark Roach klar. Als Mitglied im Aufsichtsrat der Commerzbank betont er: „Es sind 9600 Vollzeitjobs, die wegfallen. Deshalb sind wahrscheinlich weitaus mehr Menschen betroffen – sogar bis zu 12 000.“

Für ver.di ist die Commerzbank kein einfaches Feld: Wie in den meisten Banken ist nur ein relativ kleiner Teil der Bank-Beschäftigten gewerkschaftlich organisiert. Zudem sind die bei einer derartigen Umgestaltung zu regelnden Themen in Tarifverträgen abgedeckt, sodass die Friedenspflicht gilt – die Angestellten dürfen also nicht streiken. „Die Beschäftigten können höchstens in der Pause auf die Straße gehen“, so Roach. Das mache den Protest schwerer.„Es gibt einen Berg an Problemen“, sagt Roach. Vor allem die Digitalisierung sei für die Commerzbank – wie für alle Geldhäuser – eine Herausforderung. So machen die Online-Angebote von Start-ups den Banken viele ihrer traditionellen Geschäfte streitig – vom Zahlungsverkehr bis hin zur Kreditbearbeitung. Die Niedrigzinsphase der Europäischen Zentralbank belastet zudem das Geschäft.

„Was mich wütend macht, ist, wie der Vorstand der Commerzbank mit den Beschäftigten umgeht“, sagt Roach. So sei offensichtlich intern klar, in welchen Sparten die Commerzbank Stellen streichen wolle. Dennoch hielte die Geschäftsführung ihre Pläne bisher geheim. Damit die 1,1 Milliarden Euro, die die „Restrukturierung“ kosten wird, nicht mehr in der Bilanz des laufenden Jahres landen. Roach rechnet damit, dass die Vorstände erst im März oder April 2017 erklären, welche Jobs sie kürzen werden. „Diese Politik des Vorstands führt dazu, dass die Beschäftigten ein halbes Jahr in Unsicherheit leben und um ihren Arbeitsplatz fürchten“, sagt Roach. Ihn ärgert besonders, dass im dritten Quartal 2016 rund 700 Millionen Euro abgeschrieben wurden. Dieser fiktive Wert stand seit der Übernahme der Dresdner Bank 2008 noch in den Büchern. Um die Bilanz in den letzten Jahren nicht noch schlechter aussehen zu lassen, wurde dieser Betrag erst jetzt abgeschrieben – und damit mehr als der gesamte Gewinn der ersten neun Monate. „Für dieses Manöver war Geld da“, sagt Roach. „Aber 150 oder 200 Millionen Euro um den Abbau sozialverträglich zu gestalten, will der Vorstand nicht aufbringen.“

Was muss sich ändern bei der Commerzbank? Roach hat darauf eine klare Antwort. „Die Mentalität muss sich wandeln“, sagt er. Die Vorstände dürften nicht mehr nur auf Unternehmensberater hören. „Sie müssen endlich wieder die Kunden und Angestellten in den Fokus nehmen und nicht das Urteil der Analysten und des Kapitalmarkts.“ Um das zu erreichen, findet Roach, könnte auch der Bund eingreifen, der großer Aktionär der Commerzbank sei. „In so einem Fall sollte er nicht mehr nur Nachtwächterstaat sein, sondern gezielt Einfluss nehmen.“

Der Beitrag ist zuerst erschienen in "DGB einblick"[1] - Gewerkschaftlicher Info-Service

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