Leiharbeitnehmer verdienen deutlich weniger als andere Beschäftigte. Nur etwa die Hälfte des Lohnabschlags lässt sich auf persönliche Faktoren wie Qualifikationsunterschiede zurückführen.
Beschäftigte in der Zeitarbeitsbranche verdienen im Schnitt 40 Prozent weniger als andere Arbeitnehmer. Das geht aus einer Untersuchung der Arbeitsmarktforscherin Elke Jahn hervor. Die Wissenschaftlerin vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) stützt sich bei ihren Berechnungen auf eine vom IAB erhobene Stichprobe, die fünf Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten abdeckt.
Der Datensatz des IAB enthält neben Informationen zu Verdienst und aktueller Beschäftigungsform für die Jahre 1995 bis 2008 Angaben zu weiteren persönlichen Merkmalen. So konnte die Wissenschaftlerin herausarbeiten, wie sich Leiharbeiter von den übrigen Beschäftigten unterscheiden:
Um den Lohnrückstand von Leiharbeitern genauer einordnen zu können, müssten diese Unterschiede zwischen Beschäftigten mit Zeitarbeitsvertrag und anderen Arbeitnehmern berücksichtigt werden, so Jahn. Mit aufwändigen statistischen Verfahren hat die Forscherin den Einfluss personenspezifischer Merkmale herausgerechnet.
Ergebnis: Die Differenz schrumpft, bleibt aber erheblich. Nach der statistischen Bereinigung beträgt der durchschnittliche Lohnunterschied zwischen Leiharbeitern und Normalbeschäftigten bei gleicher Qualifikation 18 Prozent. Männliche Leiharbeiter in Westdeutschland verdienen 19 Prozent weniger. In den östlichen Bundesländern liegt der Lohnabschlag bei 15 Prozent. In Ballungsräumen ist die Differenz etwas größer als auf dem Land; bei Frauen, jüngeren Beschäftigten und Hochschulabsolventen ist der Abstand kleiner.
Die Wissenschaftlerin hat außerdem untersucht, wie sich das Einkommen von Arbeitnehmern vor und nach Leiharbeitsphasen entwickelt. Dabei zeigt sich, dass der Leiharbeit oft schon unterdurchschnittlich bezahlte Beschäftigungen vorangingen. Wer aus der Leiharbeit den Sprung in ein anderes Arbeitsverhältnis schafft, erhält nach einigen Monaten im Regelfall eine Bezahlung, die nur noch einige Prozentpunkte unter dem mittleren Lohn liegt. Allerdings gelingt drei Vierteln kein direkter Übergang in reguläre Beschäftigung.
In Deutschland sind rund 800.000 Menschen als Leiharbeiter tätig. Damit liegt der Anteil der Zeitarbeiter an allen Beschäftigten bei etwa 1,5 Prozent. Das entspricht dem europäischen Durchschnitt.
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Elke Jahn: Entlohnung in der Zeitarbeit - Auch auf die Mischung kommt es an, in: IAB-Forum 1/2011
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