weed: Newsletter “EU-Finanzreform”

Mit Beiträgen u.a. von Peter Wahl, Rodrigo Fernandez und Myriam Van der Stichele

03.11.2013 / Newsletter “EU-Finanzreform” Ausgabe 20, 1. November 2013

Editorial: Dösen auf dem Vulkan – Keine substantielle Änderungen in der EU-Politik durch Große Koalition

Von Peter Wahl, WEED

Der Bundestagswahlkampf und der komplizierte Prozess zur Regierungsbildung haben zu einem halbjährigen Stillstand beim EU-Krisenmanage-ment geführt. Es wird noch mindestens bis Weihnachten dauern, bis die neue Regierung anfangen wird, zu arbeiten.

Aber unabhängig davon: es wird keine substantiellen Änderungen in der deutschen Position geben. Falls in anderen Staaten, speziell in den Krisen-Ländern und Frankreich, Hoffnung bestand, dass eine neue deutsche Regierung einen Kurswechsel mit sich bringen würde, werden diese enttäuscht werden. Bereits in den zurückliegenden Jahren gab es europapolitisch de facto eine Große Koalition. Trotz einiger kritischer Rhetorik stimmte die SPD immer mit Merkel, wenn es zum Schwur kam
– von der Bankenrettung bis zur Austeritätspolitik.

Zudem war die Krise der EU kein zentrales Wahlkampfthema. Unter Anspielung auf den Filmtitel Tanz auf dem Vulkanaus den zwanziger Jahren beschrieb Habermas die Situation treffend als „Dösen auf dem Vulkan!“

In den aktuellen Verhandlungen hat die SPD bereits so moderate Forderungen wie Euro-Bonds aufgegeben. Das einzig Neue dürften einige Milliarden Euro zur Minderung von Jugendarbeitslosigkeit in den Krisenländern sein. Denn in den Grundfragen gibt es einen weitgehenden Konsens: Beide, Christdemokraten und Sozialdemokraten, verteidigen das deutsche Entwick-lungsmodell des neomerkantilistischen Export-weltmeisterwahns. So wie England von seinem Fi-nanzplatz London abhängig ist, verhält sich die deutsche Wirtschaft wie ein Junkie, der ohne die exzessive Wettbewerbsfähigkeit seiner Exportindustrie nicht leben kann. Und das findet weite Unterstützung in der Gesellschaft. Der vergleichsweise hohe Anteil der Industrie, mit Automobil- und Maschinenbau an der Spitze, umfasst nicht nur große Konzerne wie Volkswagen und BMW, son-dern auch global wettbewerbsfähige mittelständische Unternehmen. Selbst bis weit in die Belegschaften und Gewerkschaften hinein ist der Standortnationalismus Konsens. Die neue Regierung in Berlin wird daher weiterhin zugedröhnt bleiben.
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Inhaltsübersicht

  • Editorial: Dösen auf dem Vulkan – Keine substantiellen Änderungen in der EU-Politik durch Große Koalition
  • Wird die Bankenunion den Euro retten? Einigung über eine neue Aufsicht für große Banken in der Euro-Zone
  • Fahrplan der Kommission zur Kontrolle des Schattenbanksystems lässt viele Fragen offen
  • Kalender

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