Die Verhandlungen über das EU-Budget sind vorerst gescheitert. Die Vorstellungen der 27 EU-Mitgliedstaaten und Vertreter des Parlaments hätten zu weit auseinander gelegen, so der Chef der Verhandlungsdelegation des EU-Parlaments, Alain Lamassoure. Der britische Premier Cameron bekräftigte noch einmal seine Entschlossenheit, jede reale Budgeterhöhung mit einem Veto zu blockieren. Er erklärte, angesichts der Haushaltnöte der meisten Mitgliedsstaaten wäre eine Aufstockung des EU-Budgets grotesk. Für das kommende Jahr hatte das Europaparlament Ausgaben in Höhe von 137,9 Mrd. Euro gefordert. Das sind 6,82 Prozent mehr als in diesem Jahr. Der Ministerrat der EU-Regierungen will die Ausgaben hingegen auf 132,7 Mrd. Euro begrenzen. Das wäre ein Anstieg um 2,79 Prozent.
Eine Klärung vor dem Sondergipfel die Staats- und Regierungschefs am 22. November soll aber erreicht werden, um eine Einigung über die EU-Finanzplanung für 2014 bis 2020 nicht zu gefährden. Die sogenannten „Nettozahler“ - wie beispielsweise die deutsche, die finnische, die österreichische, die britische, die dänische und die spanische Regierung - machten klar, dass sie den Anstieg des Haushalts 2013 weiterhin auf maximal 2,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr begrenzen wollen. Die Beratungen über den Haushalt werden zusätzlich dadurch erschwert, dass die EU-Kommission auch einen Entwurf für einen Nachtragshaushalt des Jahres 2012 vorgelegt hatte. Die Minister sollten zusätzlichen Ausgaben in Höhe von 9 Mrd. Euro zustimmen, damit Rechnungen bezahlt werden könnten, die aufgrund früherer Zahlungsverpflichtungen jetzt anfallen.
Die EU-Kommission hat deutlich mehr Mittel gefordert und eine Reihe von Südländern wünscht eine deutliche Erhöhung vor allem mit Blick auf die schrumpfende Wirtschaftsleistung. Zugespitzt wird die Situation durch die aktuelle Prognose des EU-Währungskommissars Olli Rehn, der für 2013 „ein Jahr des Schreckens in der Euro-Zone“ befürchtet. „Die Arbeitslosigkeit wird 2013 mit knapp elf Prozent in der EU und zwölf Prozent in der Euro-Zone einen Höchststand erreichen", teilte die Kommission mit. Allein in der Euro-Zone wären damit etwa 19 Millionen Menschen ohne Arbeit. Die Wirtschaft in der Währungsunion werde erneut leicht schrumpfen und auch 2014 nur knapp die Nulllinie beim Wachstum überschreiten. „Europa durchläuft einen schwierigen Prozess“, sagte er, „der noch eine ganze Weile anhalten wird.“
Die EU-Kommission hat ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum in der Eurozone nach unten korrigiert. Die gemeinsame Wirtschaftskraft der 17 Euro-Länder schrumpfe demnach um 0,4 Prozent in diesem Jahr und legt dann im Jahr 2014 nur um 0,1 Prozent zu. Im Mai war die EU-Kommission noch von minus 0,3 Prozent für 2012 und plus 1,0 Prozent für 2013 ausgegangen.
So hat sich die Lage besonders in den Krisenländern am Rand der Währungsunion noch verschlechtert:
Und wieder einmal bestätigt sich die von vielen Ökonomen und politischen Akteuren nicht nur aus dem Spektrum der politischen Linken mahnend hervorgebrachte wissenschaftliche Erkenntnis, dass einseitige Austeritätspolitik in Europa nicht dazu geeignet ist, die tiefgreifenden Probleme und ihre negativen Auswirkungen auf die Industrie und ihre Beschäftigten zu beseitigen. Im Gegenteil.
Zurecht analysiert Rudolf Hickel deshalb einem aktuellen Papier den „Minusmultiplikator“ und der Vorstand der IG Metall kritisiert diese Austeritätspolitik: „Sie verschärft die Krise in den am stärksten betroffenen Ländern und hat zu unzumutbaren Belastungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern geführt. Davon sind Jugendliche und junge Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen massiv betroffen. In vielen Ländern hat eine gut ausgebildete junge Generation keine Aussicht auf sichere und gute Arbeitsplätze. Nur die Kombination von Schuldenabbau mit gezielten Wachstumsprogrammen schafft dieVoraussetzung für eine erfolgreiche Überwindung der Krise ohne inakzeptable soziale Kosten. Es geht um nicht weniger als die langfristige Sicherung der industriellen Basis, Wertschöpfung und Innovationskraft in Europa. Eine erfolgreiche europäische Industriepolitik ist auf eine eigene Produktion in Schlüsselindustrien angewiesen.“
Auswertung einer Diskussionsveranstaltung: Wohin steuert Europa? Zur Krise in der Euro-Zone
Staatsschuldenkrise? Euro-Krise Fiskalpakt - Ursachen, Mythen und politische Alternativen
Terminhinweis: Forum Offene Wissenschaft: Quo vadis, Europa? Krise und Zukunft