Ein Weihnachtsmärchen zur Bankenregulierung

Von Axel Troost

18.11.2014 / linksfraktion.de, 18.11.2014

Seit Wochen schon gibt es wieder Marzipankartoffeln und Lebkuchen zu kaufen. So langsam bringen sich auch die Glühweinbuden und die ersten Nikoläuse in Stellung. Ein Grund, endlich in den Weihnachtsmodus zu schalten. Dies mag Bundeskanzlerin Merkel bewogen haben, eine frohe Weihnachtbotschaft zu verkünden: "Nie wieder wird es notwendig sein, dass Steuerzahler dafür eintreten müssen, wenn große Banken zusammenbrechen", so Merkel[1] am Sonntag in Brisbane.

Merkels frohe Botschaft lässt sich leicht widerlegen

Beim G20-Gipfel in Brisbane kann sie nicht gewesen sein. Und wenn, dann hat sie nicht aufgepasst. Denn dort wurde nur beschlossen, dass Banken mehr verlustabsorbierendes Kapital aufbauen müssen und dass die Abwicklung grenzüberschreitend tätiger Banken erleichtert werden sollen. Ersteres wird noch viele Jahre in Anspruch nehmen wird, letzteres konnte schon in der EU nicht verbindlich geregelt werden und wird auf internationaler Ebene noch viel weniger gelingen. Ein Durchbruch war das nicht, bestenfalls ein Trippelschritt.

Merkels frohe Botschaft lässt sich leicht widerlegen. Die Bundesregierung hat gerade erst vor zwei Wochen explizit beschlossen, den milliardenschweren Bankenrettungsfonds SoFFin um ein weiteres Jahr zu verlängern. Das wäre nicht nötig gewesen, wenn Merkel die Wahrheit gesagt hätte. Genauso wenig wäre es nötig gewesen, detailliert den Einsatz von ESM-Mitteln zur Bankenrettung zu regeln (also des vom Steuerzahler finanzierten Eurorettungsschirms). Auch dies hat der Bundestag erst vor zwei Wochen beschlossen.[1]

Staatliche Bankenrettung ist nach wie vor Programm

Wenn 2016 der einheitliche europäische Abwicklungsmechanismus an den Start geht, werden staatliche Rettungsgelder für Banken jedenfalls fest im neuen Regelwerk verankert sein. Sie tragen dort den Namen "außerordentliche öffentliche Finanzsektorhilfen". Zuvor hat zwar eine Mindestbeteiligung der Bankgläubiger und des Bankenrettungsfonds zu erfolgen. Doch auch diese kann umgangen werden, wenn die Finanzstabilität gefährdet ist. Dann können öffentliche Gelder als "präventive Finanzsektorhilfen" in Form von Garantien oder Kapitalspritzen gewährt werden, um Banken vor der Abwicklung zu bewahren.

In der EU gibt es zehn Banken mit einer größeren Bilanzsumme als die jährliche Wirtschaftsleistung (BIP) von Spanien. Diese Banken lassen sich nicht systemschonend abwickeln, sie müssen radikal geschrumpft und auf ihre Kernfunktionen zurückgeführt werden. Solange die Wähler mit Weihnachtsmärchen vom vollständigen Schutz der Steuerzahler eingelullt werden, wird dies nicht passieren. Bereits vor Monaten hat Merkel die Bankenregulierung zu 80 Prozent für erledigt erklärt. Die letzte anstehende größere Bankenreform ist eine EU-Verordnung zu Trennbanken, die aber eher lausig ausfallen dürfte. Sobald eine der großen Banken wieder einmal ins Wanken gerät, wird man sich wünschen, dass man das Bankenproblem angegangen und nicht schöngeredet hätte.

[1] Selbst die eigenen Fachpolitiker wiedersprechen Merkel: So Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU) in der Sitzung des Bundestags am 6. November 2014: „Meine Damen und Herren, auch in Zukunft wird immer wieder die Diskussion geführt werden, ob der Staat nicht doch irgendwo haften muss. Wenn diese drei Maßnahmen – Eigentümer, Gläubiger und Fonds – nicht ausreichen sollten, sind Länder selbst verpflichtet, die Finanzierung der Banken vorzunehmen.
(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: So ist das!)“

Links:

  1. http://www.bundeskanzlerin.de/Content/DE/Mitschrift/Pressekonferenzen/2014/11/2014-11-16-statement-merkel-g20.html;jsessionid=2DF0830AE185A1558F40284B2BA162D0.s4t1