Die Energiewende gelingt nur sozial

Von Caren Lay, verbraucherpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag und stellvertretende Vorsitzende der Partei DIE LINKE

17.10.2012 / 16.10.2012

Bezahlbarer Strom wird immer mehr zur sozialen Frage. Vorbei sind die Zeiten, in denen der Strom einfach und günstig für alle Verbraucherinnen und Verbraucher vom örtlichen Versorger kam. Seit dem Jahr 2000 sind die Strompreise um circa 75 Prozent gestiegen. Diese massive Verteuerung erhöht den finanziellen Druck auf die Haushalte. Sie müssen einen immer größeren Teil ihres Budgets für Energie aufwenden. Je niedriger das Einkommen, desto höher der Anteil für Strom.


In Folge der verfehlten Politik der Deregulierung und Liberalisierung beherrschen die vier Energieriesen E.on, EnBW, RWE und Vattenfall nun 80 Prozent des Marktes und fahren immer höhere Gewinne ein. Die Bundesregierung macht milliardenschwere Stromgeschenke an die Industrie. Gleichzeitig lädt sie die Kosten der Energiewende einseitig auf private Stromkunden und kleinere Unternehmen ab, anstatt die Energiewende sozial zu gestalten.

Nicht einmal Sozialbehörden werden über Stromsperren informiert

Zum Thema bezahlbare Energiepreise fällt Bundesumweltminister Altmaier (CDU) nur die Ausweitung der Energieberatung für Verbraucherinnen und Verbraucher ein. Sicher, Energieberatung ist gut und mehr davon ist sicher besser. Doch was nutzt einer Geringverdienerin das Wissen, dass ihr Kühlschrank ein Energiefresser ist, wenn sie nicht das Geld für ein energiesparenderes Gerät hat?

Die Versorgung mit Strom ist immer mehr eine Frage von Verteilungsgerechtigkeit. Die Auswirkungen sind bereits spürbar. Jährlich wird 600.000 bis 800.000 Haushalten mit Zahlungsschwierigkeiten der Strom von ihrem Versorger gesperrt. Dabei haben die Stromanbieter fast freie Hand: Nach lediglich einer Sperrungsandrohung und einer Ankündigung kann das Unternehmen den Strom abklemmen. Noch nicht einmal die Sozialbehörden werden informiert über Stromsperrungen. In keiner anderen Branche sind die Gläubiger in ein einer derart starken Position und können ohne Gerichtsbeschluss einfach handeln.

Das kann so nicht weiter gehen. Im Saarland hat es erst vor kurzem Tote bei einem Wohnungsbrand gegeben. Die Familie hatte ihre Wohnung mit Kerzen beleuchten müssen, weil ihr zuvor der Strom abgestellt worden war. Dabei fing die Einrichtung Feuer. Für uns ist klar: Stromsperren müssen verboten werden.

Freikontigent für alle Haushalte und Abwrackprämie für Stromfresser

Armen Haushalten helfen und gleichzeitig einen Anreiz schaffen, Strom zu sparen, kann auch ein sozial-ökologisches Sockel-Stromtarifmodell. Wir schlagen ein Freikontingent für alle Haushalten von 300 kWh im Jahr plus 200 kWh pro Person im Haushalt vor. Der Verbrauch, der über diesen kostenlosen Sockel hinaus geht, würde dann teurer als heute werden. Dieses Tarifmodell entlastet gering und durchschnittlich Verdiendende und setzt zugleich Anreize zum Energie sparen.

Bleiben noch die stromfressenden Altgeräte in den Haushalten. Hier schlägt DIE LINKE eine Abwrackprämie vor. Denn das Ausrangieren alter Energieschleudern und die Anschaffung neuer energiesparender Geräte zahlen sich gleich zweifach aus: Erstens sinkt der Stromverbrauch des Haushalts, was die Verbraucherinnen und Verbraucher im Geldbeutel spüren. Zweitens wird die Umwelt entlastet. DIE LINKE schlägt daher vor, den Kauf eines neuen Kühlschranks, einer Waschmaschine oder einer Spülmaschine mit A+++-Zertifikat mit 200 Euro Zuschuss zu belohnen.

Eine gerechte und ökologische Politik für Stromkundinnen und Stromkunden besteht aus vielen Schritten. Dies sind nur einige Ideen, die wir weiter vorantreiben sollten. Wir LINKE müssen und dafür einsetzen, dass es die Schritte sind, die die Bürgerinnen und Bürger direkt spüren. Denn die Energiewende funktioniert nur, wenn sie sozial gerecht ist.