Weg frei für Rot-Rot in Brandenburg

SPD-Sondierungsgruppe empfiehlt einstimmig Koalitionsverhandlungen mit der Linkspartei

12.10.2009

In Brandenburg will die SPD zwei Wochen nach der Landtagswahl Koalitionsverhandlungen mit der Linkspartei aufnehmen. Das kündigte Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) am Montag nach einem vierten und letzten Sondierungsgespräch beider Seiten an. Die ursprünglich geplante vierte Gesprächsrunde mit der CDU wurde gleich abgesagt.

Potsdam (ND-Neiße/dpa). Die Empfehlung, jetzt Koalitionsverhandlungen mit der Linkspartei aufzunehmen, sei in der SPD-Sondierungsgruppe einstimmig gefallen, berichtete Platzeck. Eine Begründung nannte er nicht. Einzelheiten werden zunächst den Parteigremien mitgeteilt, erklärte er. »Das ist eine Frage des Anstandes.« Seit 1999 regierte die SPD gemeinsam mit der CDU. Noch am Montagabend wollte sich ein Kleiner Parteitag der SPD mit der Regierungsbildung beschäftigen; am Dienstagabend will die LINKE darüber beraten. Als Beginn der Koalitionsverhandlungen ist der Donnerstag ins Auge gefasst.

Ministerpräsident Platzeck habe einen Weg gefunden, in Brandenburg die »konservative und einseitige Ausrichtung zu überwinden und eine alternative Politik mit den LINKEN zu versuchen«, lobte der Linkspartei-Politiker Gregor Gysi. Die Vorsitzende der Linksfraktion im Landtag, Kerstin Kaiser, zeigte sich optimistisch, dass in den kommenden fünf Jahren mit der SPD »vernünftige Politik« möglich sei. Dies gelte vor allem für die Berücksichtigung sozialer Belange in der Wirtschaftskrise. Die 49-Jährige sprach gegenüber ND von einem »ermutigenden Signal für die LINKEN« in ganz Deutschland. Platzecks Entscheidung, der CDU einen Korb zu geben, eröffne den Sozialisten eine »wichtige Chance«. »Wir können beweisen, wie aus einer konstruktiven Opposition heraus es der Linkspartei gelingt, in Regierungsverantwortung zu kommen, um dort ihre Ziele umzusetzen.« Bundespolitisch ist für Kaiser wichtig, dass Brandenburg »den allgemeinen Rechtsruck nicht mitmacht«. Wenn es in Potsdam zu Rot-Rot kommt, dann diene das auch der Schaffung eines Gegengewichtes zur CDU-FDP-Bundesregierung. Brandenburg würde beweisen, dass die Verschiebung des politischen Koordinatensystems nach rechts nicht zwangläufig ist. Nun sei die Frage, wo die Kompromisslinie beim Koalitionsvertrag verlaufe. Ungewiss ist für Kaiser, ob sich durch die Entwicklung in Potsdam die Lage in Thüringen beeinflussen lässt.

Die CDU-Landesvorsitzende und Kulturministerin Johanna Wanka sprach von einem »Verrat an '89«. Es sei nicht zumutbar, dass 20 Jahre nach dem Mauerfall die LINKE als »Erbin« der SED-Staatsführung mitregieren werde. Die CDU-Fraktionsvorsitzende Saskia Funck sieht einen Linksruck. »Es tut mir im Herzen weh, mit ansehen zu müssen, wie die nächsten entscheidenden Jahre unseres Landes der Angst des Ministerpräsidenten geopfert werden.« Er fürchte, von der eigenen Partei nicht alle Stimmen zu bekommen.

Die Kommunisten seien nicht die Lösung, sondern das Problem, behauptete FDP-Fraktionschef Hans-Peter Goetz. Rot-Rot sei ein fatales Signal für die Wirtschaft.

Dagegen begrüßte Grünen-Landeschef Axel Vogel die Absage an eine rot-schwarze Stillstandskoalition. »Jetzt muss ein Politikwechsel erfolgen«, erklärte er. In den Koalitionsverhandlungen werde sich erweisen, inwieweit die Wahlversprechungen Bestand haben. Bei der SPD befürchte er eine Abwehr gegen die Einstellung neuer Lehrer. Die LINKE werde zeigen müssen, wie ernst ihr der Widerstand gegen neue Braunkohletagebaue in der Lausitz sei.

Im Saarland wollen CDU, FDP und Grüne indes zügig einen Fahrplan für die Verhandlungen zur bundesweit ersten Jamaika-Koalition vereinbaren.