"Wir sind das Volk"

Vorworte mit RANDGLOSSEN von Bernd Rump in der aktuellen Ausgabe von Sachsens Linke

31.03.2009 / Von Bernd Rump, Sachsen

Der heutige Tag ist ein Resultat des gestrigen. Was dieser gewollt hat müssen wir erforschen, wenn wir zu wissen wünschen, was jener will .Heinrich Heine.


Obiger Text auf der Rückseite des Buches. Und vorn: DIE AULA, Hermann Kant. Diesen Heine las ich später. Der Satz verbindet sich mit ABF oder Trullesand. Oder Quasi Riek.. Und wir diskutierten damals, wo dieser hingegangen sein mag und in wessen Auftrag. Und wo wir hingehen würden. Und dieser Heinesatz blieb mir im Kopf. ICH SOLL EINE REDE SCHREIBEN: Womit beginnen?

20 Jahre nach den Ereignissen des Jahres 1989 , die zum Verschwinden des sich als sozialistisch verstanden habenden Weltsystems führten, die den kalten Krieg beendeten und auch das Ende der Deutschen Demokratischen Republik besiegelten, ist es an der Zeit, seitens einer linken Partei, die selbst zu einem großen Teil aus diesem Umbruch hervorgegangen ist, an diese Ereignisse zu erinnern, Wertungen zu treffen und ihr Selbstverständnis zu prüfen. Nicht, um irgendeine geschichtliche Wahrheit parteiideologisch zu definieren und anderen zu oktroyieren, sondern um vom heutigen Tag ausgehend sich in dem offenen Strom der Geschichte zu verorten, zu fragen und zu antworten.

Solche Wertungen sind immer schwierig. Und sie sind immer zuerst subjektiv. Und sie schreien nach Standpunkt. Sie fragen, wer bist Du? Du warst doch dabei. Du bist mit 17 in die Partei eingetreten. Du warst Ingenieur, Aktivist – oder was auch immer. Wo nehmen sie das Recht her, Dir alles abzusprechen. Dein Lebenswerk oder was Du davon hältst. Denn Du hattest danach keine Chance. Weil sie Dich auf ihrem Zettel hatten, weil Du IM warst oder Studienrat oder Parteisekretär oder auch rein gar nichts. Nur, weil Du nicht bereit warst, Dich auf den Bauch zu werfen, oder weil nicht einmal das nützte, obwohl Du es tatest und Dich noch heute dafür schämst. Und ich sage: sie hatten kein Recht dazu. Nur Du selbst hast es, wenn es um Dich geht. Du kannst Dich fragen und Du kannst antworten. Du bist in der Partei geblieben, die ihren Namen änderte und sich. Und noch immer das Gleiche will und nicht dasselbe.

Eine Partei, die sich dem Demokratischen Sozialismus programmatisch verpflichtet und die im parlamentarischen System der Bundesrepublik Deutschland eindeutig links verankert ist und sich als Teil der Europäischen Linken versteht kann sich nicht damit begnügen der allgemein vorwiegenden politischen Ideologie diesbezüglich zu parieren, sondern sie muss ihre eigene Kritik der Verhältnisse entwickeln. Zumal die eigene Kritiklosigkeit gegenüber den einst von ihr geprägten politischen wie ökonomischen Verhältnissen wohl selbst zu Gutteil dazu führten, dass der Fall eintrat, in dem diese implodierten. Denn der Marxsche Gedanke, dass „proletarische Revolutionen sich beständig selbst kritisieren“ müssen , bedeutet in seiner Umkehr eben nichts anderes, als dass die Nichtkritik eben die Verhältnisse selbst versteinern lässt und so gefährdet. Es mag heute müßig erscheinen, über mögliche – und vertanne - Chancen einer sozialistischen Alternative, nachzudenken. Denn alle Versuche, die Verkrustungen aufzubrechen, alle Reformversuche scheiterten letztlich. An Panzern, an der Halbherzigkeit der Reformer, berechtigtem und unberechtigtem zögern - oder zuletzt, im Mutterland dieses Sozialismus - einfach daran, dass die Zeit abgelaufen war: das Vertrauen verbraucht, der Glaube erloschen. Sei es wie es sei: Die versteinerten Verhältnisse jedenfalls kamen zum Tanzen, als die Demonstranten den Herrschenden – also irgendwie auch uns - ihre eigene Melodie vorsangen: Wir sind das Volk.

Wann haben wir den Satz abgegeben? Was des Volkes Hände schaffen ist des Volkes eigen. Die Plakate der Kindheit, Transparente. Das hatten wir gewollt und was ist herausgekommen? Und warum? Weil sie, also die von drüben uns immer bekämpft haben , eingekreist: DER KLASSENFEIND, dessen wir uns nicht mehr erwehren konnten? Oder weil wir es vergessen hatten, so pö a pö, weich geworden waren und dem Konsum hinterher jagten – sie, da immer einen Schritt voraus. Oder einen Kilometer? Vorwärts zum Abgrund, wie der Witz es erzählte. Schneller, weiter höher – aber wohin? Was die Partei beschloss wird sein. Und das Volk? Beschloss es auch etwas? VEB : VOLKSEIGENER BETRIEB Aber was, wenn Volk gedenkt es wegzuwerfen: das Eigentum?

Selten haben geschichtliche Ereignisse vergleichbarer Dimension ein friedlichen Verlauf genommen. Hier friedliche Revolution, nebenan samtene Revolution. Runde Tische, in Polen der erste nichtkommunistische Premier. In Ungarn stirbt Janos Kadar und sie begraben postum Imre Nogy, alle die Volksdemokratien streichen das Wort Volk: Die sich geschichtsmächtig dünkenden Parteien zerbrachen oder lösten selbst ihre eigenen Umklammerungen. Nur in Rumänien floss Blut: das Ende des Stalinismus auf stalinistische Weise. Sondergericht, Urteil, Erschießung. Wer tot ist, den kann man nichts mehr fragen. Horrorgeschichten grassieren. Im Hintergrund das Gespenst des chinesischen Beispiels (?) vom Tjen na Men Platz. Die Frage: werden sie schießen? Die Frage: Wer – wen, wer auf wen? Wir mögen manche Dummheit gemacht haben aber das kein Schuss fiel war keine.

Ein Plakat: Freiheit oder Sozialismus? Eine unsinnige Frage. Was für ein Sozialismus soll das denn sein ohne Freiheit. Nehmt sie euch, braucht sie, missbraucht sie. Freiheit kann man nur lernen, indem man sie sich schafft. Freiheit ist Einsicht in die Notwendigkeit. Warum war das nötig. Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden. Warum mussten sie das abräumen lassen eineinhalb Jahre zuvor bei unserer Demo. Jetzt haben wir die Quittung.

Das Jahr 1989 war für die DDR insgesamt ein Jahr der Krise. Die Widersprüche waren allerorten sichtbar. War schon der Volkswirtschaftsplan 1988 nicht mehr erfüllt worden, - manche sagen, erfüllt wurde schon lange keiner - gelang es 1989 gar nicht erst, einen solchen zu bilanzieren. Die Gegnerschaft der DDR-Führung zur Politik der Perestroika war offensichtlich und längst bis in die Reihen der SED auf Ablehnung gestoßen. Die kommenden Ereignisse lagen in der Luft. Die Untätigkeit des SED-Politbüros tat das Ihre. Im Sommer begann die Massenausreise über Ungarn. Die Botschaftsbesetzung in Prag folgte. Der politische Herbst begann, wenn man definitiv von einem Beginn sprechen mag, in Sachsen. Im Geburtsland der deutschen Arbeiterbewegung, der Sozialdemokratie. Möglicherweise gerade deshalb. Sachsen hatte zum Aufbau der DDR entscheidend beigetragen, partizipierte aber im letzten Jahrzehnt kaum davon. Sichtbar vor allen an der verfallenden Wohnsubstanz. Dieser Herbst begann mit den Friedensgebeten, mit den montäglichen Spaziergängen um den Leipziger Ring. Von hier weitete sich die Bewegung aus. Die Ereignisse in Dresden und Berlin um den 40. Jahrestag der DDR folgten. Mit der Entscheidung am 9. Oktober in Leipzig gegen der Einsatz von Gewalt blieb der friedliche Charakter gewahrt. Die ganze Republik wurde nunmehr davon ergriffen. Am 4. November standen Hunderttausende auf dem Berliner Alexanderplatz. Fünf Tage später fiel die Mauer.

Jahrelang hatten wir das eigentlich erhofft. Schon damals, als sie gebaut wurde: Für einige Zeit, fünf oder zehn Jahre schlimmstenbestenfalls.. Jetzt können sie uns nicht mehr ausbluten. Jetzt können wir zeigen, was wir können. Jetzt haben wir Ruhe – und Frieden. Meine FDJ-Medaille vom Kampfauftrag 61 – irgendwo muss sie liegen neben dem Artur-Becker und der Erich-Weinert-Medaille und dem Jungaktivisten und den ganzen Urkunden: vom Rezitatorenwettbewerb über die Glückwünsche zur Jugendweihe bis zum Typbeispiel Boxberg. Bestimmt gemischt mit den Ausweisen – vom Übungsleiter bis zum Parteidokument. Und im FDJ-Ausweis klebt noch immer das Gelöbnis für die Deutsche Einheit. Unter dem Scheinwerferdom zum Deutschlandtreffen der Jugend 1964 gesprochen.

Und nun das: Ich war im Theater. In der Pause kam die Nachricht vom Zettel Schabowkis. Mein Gegenüber: Es ist zu Ende. Ich: Nein. Ja, ich hoffte. Worauf? Auf die Rückkehr der Panzer? Gewiss nicht. Tage später in Leipzig bei Freunden. Was müssen etwas tun: Für unser Land. Christa W. hatte die Idee und schrieb auch den Text. Heym las ihn dann. ( Heym, Den sie si 1980 ausschlossen, der Feind Heym – ich hab die Reden in meinem Schreibtisch)FÜR UNSER LAND. Darunter 1, 2 Millionen oder mehr. Und nicht genug gegen den anströmenden Wunsch nach dem sofortigen Glück. Aber was ist Glück? Wohin waren wir denn gekommen mit der ganzen Wunschliste nach dem Auto und blauen Fliesen? Ich weiß, ich bin ungerecht und ich entschuldige mich – ABER ICH WILL DAS NICHT WOLLEN MÜSSEN: Aber warum nur wollten wir das, die meisten inzwischen. Was war das seit dem 8.Parteitag: ALLES FÜR DAS WOHL DES VOLKES. Was aber ist das Wohl?

Abends, der 9.November: Bis dahin geschah in der DDR Ähnliches wie in den meisten anderen osteuropäischen Staaten. Aber danach und dadurch trat eine andere Frage auf die Tagesordnung: die nationale Frage. Vermeintlich gelöst, erwies sie sich als ungelöst. Das Volk skandierte nun: Wir sind ein Volk. Der Gedanke einer erneuerten Deutschen Demokratischen Republik, der Gedanke eines erneuerten Sozialismus auf deutschem Boden scheiterte an der Realität. Die deutsche Einheit selbst geriet zu einem Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland und damit zur Übernahme derer Maximen, Institutionen. Der Gedanke vom „anderen Deutschland“ verblasste, die DDR erscheint heute vielen als ein Sonderweg und ihr Ende als Sieg der Vernunft in der Geschichte. So, als sei dies bereits das Ziel des Herbstes 89 gewesen. Die Meinungen darüber und betreffenden Wertungen gehen auseinander, und das ist selbstverständlich. Denn die Konsequenz betraf und betrifft ihre Biografien, betrifft Menschen und ihr Wirken. Sie betrifft Sozialisten wie Nichtsozialisten. Sie änderte schließlich auch die bisherige Bundesrepublik. Auch die Deutsche Linke. Denn diese LINKE ist selbst ein Ergebnis dieser Entwicklung, so wie es schon die PDS war? Und so, wie diese bejaht die Linke, bejahen Sozialisten dieses Land, indem sie es für verbesserbar halten.

Brechts Kinderhymne. Gedacht für EINE deutsche demokratische Republik. Von der See bis an die Alpen – von der Oder bis zum Rhein. Der Wahlkampf 1998 fällt mir ein, der Rap, Wahlsong: „Das ist immer noch mein Land“. Aber wenn das mein Land ist, dann muss ich es mir auch nehmen. Die DDR ist schließlich, an ihrem eigenen Anspruch gemessen, gescheitert. Gescheitert an dem Mangel an Demokratie, an der Unfähigkeit zur Kritik, an der Blindheit gegenüber der Welt. Nicht aber an Mangel an Arbeit und Engagement. Denn nicht desto trotz haben im Osten Deutschlands genauso wie im Westen die Menschen die Trümmer weggeräumt, das tägliche Leben organisiert und neue, andere Zielsetzungen als in der Vergangenheit entwickelt. Sie haben versucht, der deutschen Geschichte eine andere, eine friedliche Perspektive zu geben. DDR und Bundesrepublik waren stets in einem komplizierten Verhältnis miteinander verbunden. Sie waren sich Widerpart und Herausforderung. Die heutige Republik ist ein Produkt beider – aber die offizielle Republik will davon nichts wissen. Die Aufarbeitung der Geschichte gerät so immer wieder zu einer bloßen Thematisierung des „Unrechtstaates DDR“, der „SED-Diktatur“ und läuft Gefahr, eine neue Lebenslüge zu generieren. Die Defizite der heutigen Entwicklung werden so verschleiert, die notwendige Reformfähigkeit unterminiert. Um den Preis der Stagnation, der sich in der rasant verändernden Welt als zu hoch erweisen könnte.

Entgegen aller Mythen politischer Gegner und selbsternannter Meinungsführer. Ja selbst entgegen eigener Freunde: Der Herbst 89 gehört zu den besseren Stunden deutscher Geschichte. Diejenigen, die dabei waren, haben allen Grund, zu sagen, dass eben niemals die Verhältnisse so bleiben müssen, wie sie sind. Die Erfahrung, dass die Menschen ihre Geschichte machen können, die Erfahrung von Solidarität, die Erfahrung gemeinsamen Nachdenkens und Handelns, die Erfahrung der Kraft der Schwachen, die Erfahrung der Freiheit – all das ist zugleich auch Auftrag und längst nicht abgegolten und beendet. Für die Zukunft ist all dies unersetzbar. Und für unseren Blick auf die Vergangenheit und insbesondere, die durch Sozialsten zu verantwortende Vergangenheit bedeutet dies, uns immer wieder zu erklären, dass jeder Versuch Sozialismus ohne Freiheit zu begründen schon selbst das Scheitern bedeutet. Nein, es gibt keinen Grund, Verbrechen, die im Namen des Sozialismus begangen wurden, zu rechtfertigen. Es gibt keine Rechtfertigung dafür, unmenschliches Verhalten, Spitzeldienste und Diktatur zu relativieren. So, wie es aber auch keinen Grund dafür gibt, die große Leistung von Menschen in Ostdeutschland und kluge Innovationen zu denunzieren oder klein zu machen. Die Brechung sozialer Privilegien, der Wiederaufbau eines zerschlagenen Landes und überhaupt der Versuch, der sozialen Idee zu so zu folgen, dass an die Stelle des Profitprinzips der Mensch mit seinen Bedürfnissen und Fähigkeiten tritt, wird auch für das heute und das Morgen eine Herausforderung sein. Und natürlich müssen und werden wir auch jenen parieren, die diese mit 1989 und 90 siegreiche Ordnung nunmehr wieder für das Ende der Weltgeschichte ansehen. Freilich werden wir jener gewollte Delegitimierung der sozialen Idee, des Sozialismus überhaupt, seiner Vertreterinnen und Vertreter, den Verdrehungen, falschen Behauptungen und Halbwahrheiten entgegen treten. Und wir werden uns jeder Gleichsetzung zwischen der so genannten SED-Herrschaft und der Naziherrschaft mehr als verschließen. Denn diese dient nicht der Wahrheitsfindung, sondern der Verbreitung von Unwahrheit und ausschließlich politischer Mythenbildung und einer gefährlichen Legitimation. Denn sie legitimiert letztlich das dunkelste Kapitel der Deutschen Geschichte, ohne das es den kalten Krieg und die Spaltung Deutschlands nie gegeben hätte. Jener Herbst 89 macht nicht vergessen, wo und wie dieses Kapitel begann und dass die Welt alle Kräfte brauchte, um es zu beenden. Im Gegenteil.

Wieder die AULA: Wo kamen sie denn her, wo kamen wir her? Aus dem Krieg. Es war doch so. DAS NEU LEBEN MUSSANDERS WERDEN. Enteignung der Junker, der Kriegsverdiener. Die Trümmer wegräumen, Bodenreform. Lehrer im Schnellkurs der Neulehrer. Lernen, Lernen, nochmals lernen. Ich rekapituliere: 40 Jahre war Frieden. Wenigstens hier. FÜR FRIEDEN UND VÖLKERFREUNDSCHAFT., Ja. Mein Pioniergruß.. Ja. Der Ernteeinsatz und die ganze Arbeit: Ja. Das Du am Arbeitsplatz und das arbeiten und leben und lernen: Ja. Der Glaube an Vernunft in der Geschichte: Ja, selbst wenn es schwer fällt. FÜR DUMME SACHEN HABEN WIR NIEMALS GEKÄMPFT (Eigenzitat aus einem vergessenen Stück): Fragezeichen? Stimmt das? Stimmt eigentlich so nicht. Auch wir waren manchmal blöde. Nachsatz: .Aber einen Globke – den hatten wir nicht.

Der Mensch ist seine Geschichte – und schon ein Mensch ist die seine. Wenn er sie hat. Wenn er sie sich nehmen kann. Die Schwierigkeiten beim Umgang mit der Geschichte liegen weniger darin, dass Erkenntnislücken zu füllen wären. Selten sind die Archive eines Staates so gründlich geöffnet worden. Sie liegen vielmehr in deren Instrumentalisierung durch die Politik. Der leicht durchschaubare Zweck dessen ist die Streichung der DDR als der Versuch einer Antwort auf die nationale Katastrophe, in die Nazis das Land geführt hatten.

Dieser Versuch hat vor der Geschichte nicht bestanden. Er wurde auch nicht aus freien Stücken übernommen, sondern stand unter der Ägide der Sowjetunion und deren Sozialismusvorstellungen. Die Möglichkeiten zur Reform, die immanenten Potentiale konnten nicht ausgelotet werden. Das Jahr 68 hat dies unter Beweis gestellt. Sie – und nicht wir – lernten daraus. Nach Prag war nichts mehr möglich, was von sowjetischen Vorstellungen abwich. Die Breschnew-Doktrin bestimmte den Spielraum. Bis hinein in die verbale Gefolgschaft im Afghanistan-Krieg. Selbst zögerliche Versuche, die Sprachlosigkeit zwischen den Systemen zu unterwandern wurden lange unterbunden. Die Stationierung von SS 20 und Pershing machten dies deutlich. Der Sozialismus in den Farben der DDR blieb eine agitatorische Floskel. Und als sich im Zuge der Gorbatschowschen Politik die Verhältnisse veränderten, gehörte ausgerechnet die SED-Führung zu deren schärfsten Kritikern. Damit spätestens wurde jede Chance verspielt, in den kommenden Prozessen wenigstens ein Akteur zu sein. Es gehört zu den Makeln deutscher Sozialisten auf die Parteien in Polen und Ungarn herabgesehen zu haben, von eigener Unfehlbarkeit überzeugt und zugleich blind gegenüber der offen sichtbaren Realität. Wer zu spät kommt – den bestraft das Leben. Erst nach diesem Satz begannen einige der Verantwortlichen, zu handeln. Zögerlich, selbst die Wende für sich reklamierend, immer mindest einen Schritt hinter den Ereignissen hinkend, verspielten sie den letzten Kredit, den sie in Teilen des Volkes hatte. Erst der erzwungene Außerordentliche Parteitag beendete das Debakel. Der Bruch mit dem Stalinismus als System war das wohl grundlegendste Ereignis, welches überhaupt die Weiterexistenz als Partei ermöglichte

Was hat der gestrige Tag gewollt? Das Ergebnis des so friedlichen Herbstes und die Absichten vieler seiner Akteure liegen wohl weit auseinander. Und doch:. Der Gedanke von einer anderen Art Sozialismus beginnt: Vielleicht anfangs nur mit dem neuen (vorerst halbneuen) Namen. Den hastig geschriebenen Reden: Wir brechen unwiderruflich…Die Analyse übersprangen wir vorerst. (Die vergebliche Rede von Bahro) Auf in den Wahlkampf. Die PDS wurde eine Partei in der neuen und noch so fremden Republik ,die wie keine andere Partei Anfeindungen ausgesetzt war und die zugleich die Interessen derer vertrat, die mit der Art und Weise des Anschlusses, mit der ständigen ideellen und materiellen Zerstörung ihrer Biografien in Bedrängnis gerieten. Sie begann in ihrer Arbeit mit der einfachen Hilfe zur Selbsthilfe und wurde so immer mehr zur Vertreterin ostdeutscher Interessen schlechthin - in dem Maße, in dem die Politik der nunmehr führenden Partei alles schleifte, was von der DDR künden konnte: Die Arbeitsplätze, die Kultur, das Bildungssystem. Und sich damit schadet und uns irgendwie nütze. Weil wir so wieder das Einfache lernten, was gar nicht so schwer zu machen ist.

Der heutige Tag: Wäre es nicht besser, wir ließen DAS alles beiseite. Warum konferieren wir nicht über das, was heute heran dräut? Über die Krise, das Land? Ein alter Genosse zu mir, sorgenvoll. Aber wer hindert uns denn daran Genossen? Erste Seite DIE AULA: MIT AUSLAUFENDEM SEMESTER SCHLIEßUNG ABF VORGESEHEN STOP KANNST DU DIE REDE HALTEN STOP. Wir sollten öfters miteinander Reden. Wenn wir es nicht tun, werden wir nicht mehr wissen, wer wir sind.