2018: Rückkehr Griechenlands zur Normalität?

26.01.2018 / Joachim Bischoff, Björn Radke und Axel Troost

Der Text ist zuerst erschienen auf www.sozialismus.de

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Griechenland hat seit 2010 die finanzielle und ökonomische Souveränität verloren und hängt seither am Tropf internationaler Geldgeber, vor allem der Euro-Länder und dem Internationalen Währungsfonds. Seither gibt es auch eine scharfe Kontroverse: Die unter dem massiven Druck der Troika durchgesetzte Austeritätspolitik werde niemals erfolgreich sein, und es gehe gar nicht um das Mitgliedsland der Eurozone und seine massiv verarmte Bevölkerung.

Der griechische Ex-Finanzminister Varoufakis ist sicher: Kanzlerin Merkel und Finanzminister Schäuble haben über den Zweck des Griechenland-Geldes gelogen. Die vielen Milliarden seien nicht Griechenland zu Gute gekommen, sondern deutschen und französischen Banken. »Als der große Zusammenbruch des Finanzsektors stattfand, entdeckte die deutsche Regierung bald zu ihrem Entsetzen, dass die Deutsche Bank und alle anderen deutschen Banken ›kaputt‹ waren« sagt Varoufakis. Über Nacht und in nur 24 Stunden habe die Bundesrepublik dann den Banken 500 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, um diese zu retten.

Kurz danach registrierte die europäische Elite eine weitere Lücke: Banken würden wieder Konkurs gehen, wenn der griechische Zahlungsausfall nicht abgewendet werden würde. Also habe es ein zweites Rettungspaket gegeben, für deutsche und französische Banken, »getarnt als ein Akt der Solidarität mit Griechenland«. Hier liegt für Varoufakis – und den Großteil der radikalen Linken – das Problem: Sie denken, dass die Finanzhilfen für Griechenland vielmehr Finanzhilfen für die europäischen Großbanken gewesen seien.

In der Tat waren die deutschen und französischen Banken massiv in Griechenland engagiert. Fakt ist aber auch: Die griechische Ökonomie war massiv eingebrochen, die Sozialleistungen (Arbeitslosigkeit, Renten, Gesundheit) konnten nicht mehr über Steuern und Abgaben refinanziert werden. Die Defizite trieben die Schuldenaufnahme noch oben. Richtig ist: Sicherlich wären viele Banken und Versicherungen in große Schwierigkeit geraten, manche vielleicht sogar in den Konkurs. Sicher ist aber auch: Griechenland hätte vor dem sofortigen Staatsbankrott gestanden.

Griechenland ist seit 2010 auf internationale Finanzhilfen angewiesen. Im Gegenzug muss das Land zahlreiche einschneidende Spar- und Reformmaßnahmen umsetzen. Im derzeit laufenden dritten Hilfsprogramm stehen bis 20. August 2018 bis zu 86 Mrd. Euro bereit. Das Wirtschaftswachstum hatte zuletzt wieder leicht angezogen, Experten gehen davon aus, dass Griechenland nicht die gesamte Kreditsumme benötigen wird. Mehr noch: Allmählich bereitet sich das Land darauf vor, wieder finanziell unabhängig zu werden.

Die Finanzminister der Euro-Länder haben nach Überprüfung festgestellt, dass Griechenland 89 der 113 der ihnen aufgezwungenen Maßnahmen erfüllt habe. Durch einen Parlamentsbeschluss werde sich die Zahl der ausstehenden Reformen weiter verringern. Dies erlaube einen Grundsatzbeschluss für eine weitere Tranche von Hilfsgeldern. Ausgezahlt würde dann voraussichtlich ab Mitte Februar.

Dringend benötigt wird das Geld in Griechenland im Moment nicht. In absehbarer Zeit sind keine großen Kredite fällig. Nur 3,3 Mrd. Euro der nächsten Finanzspritze aus dem Hilfsprogramm sind für den Schuldendienst vorgesehen. Mit 1,5 Mrd. Euro kann die griechische Regierung Zahlungsrückstände im Inland begleichen, was de facto wie ein kleines Konjunkturprogramm wirkt. Weitere 1,9 Mrd. Euro wollen die Gläubiger Athen gewähren, um einen »Cash-Puffer« für die Zeit nach dem Ende des Hilfsprogramms im August aufzubauen.

Das gegenwärtige Hilfsprogramm avisiert für 2018 einen Primärüberschuss von 3,5% des BIP. Der Haushalt, den die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras vorgelegt hat, ist ehrgeizig, er setzt sich einen Primärüberschuss von 3,8% des BIP (7,05 Mrd. Euro) zum Ziel. Griechenland schaffte es bereits im letzten Jahr, die Überschuss-Vorgabe des Programms von 1,75% des BIP zu übertreffen. Laut dem Finanzministerium hat der Primärüberschuss 2017 2,44% des BIP betragen.

Wieder einmal setzt die Regierung Tsipras auf eine Erhöhung der Staatseinnahmen, um die Programmziele zu erreichen. Die ordentlichen Einnahmen des Staatshaushaltes sollen um 1,795 Mrd. Euro wachsen, hauptsächlich über die Erhöhung der Steuereinnahmen um 951 Mio. Euro. Die Ausgaben sollen um 916 Mio. Euro gekürzt werden, was allerdings auf niedrigere Zinsen und eine optimistische Einschätzung hinsichtlich der Höhe des Finanzbedarfs des Sozialversicherungssystems zurückzuführen ist.

Das höhere Steueraufkommen (gleich verteilt auf die direkten und indirekten Steuern) setzt voraus, dass sich die griechische Wirtschaft 2018 kräftig erholen wird. Der Staatshaushalt geht für dieses Jahr von einem Wachstum des BIP von 2,5% aus. Ob dieses Ziel tatsächlich erreicht wird, ist aber fraglich. Bereits im Haushaltsentwurf 2017 hatte die griechische Regierung ein Wachstum von 2,7% des BIP für das laufende Jahr avisiert. Diese Annahme wurde in der Mitte des Jahres auf 1,6% korrigiert. Ob das Wachstumsziel für 2017 erreicht wurde, ist unsicher, denn in den ersten drei Quartalen wuchs die Wirtschaft nur mäßig.

Beunruhigend ist außerdem die Entwicklung der Investitionen. Die Bruttoanlageinvestitionen gingen im dritten Quartal 2017 um 8,5% zurück, im Vergleich zum entsprechenden Quartal 2016. Die Zurückhaltung der Wirtschaft im ersten Wachstumsjahr seit Beginn der Krise zeigt, dass die Unternehmer von den Erfolgsperspektiven Griechenlands noch nicht vollends überzeugt sind.

Die griechische Regierung ist aber optimistisch, dass sich Griechenland nach Auslaufen des Hilfsprogramms im August 2018 aus eigenen Kräften finanzieren kann. Alexis Tsipras will aus politischen Gründen nach dem Ende des Hilfsprogramms behaupten dürfen, dass er derjenige sei, der Griechenland aus dem erniedrigenden Zustand beschränkter Finanzsouveränität herausgeholt habe.

Armutsbekämpfung

Positiv ist zweifellos, dass ein Teil der erwirtschafteten Überschüsse – zum Missmut der Troika – zur Armutsbekämpfung eingesetzt wird. Dazu gehören:

  • eine 730 Mio. Euro umfassende »soziale Dividende«,
  • eine Einmalzahlung über 400 Euro für junge Arbeitslose,
  • eine Erhöhung des Kindergelds, die sich 2018 auf 260 Mio. Euro belaufen wird,
  • eine Ausweitung der erst 2017 eingeführten Sozialhilfe um 60.000 weitere Berechtigte,
  • 650 Euro Entschädigung für frühere MitarbeiterInnen von Unternehmen in einem armen Viertel Athens, die nach einem Hochwasser aufgeben mussten,
  • Hilfszahlungen über insgesamt 10 Mio. Euro an GriechInnen, denen der Strom wegen unbezahlter Rechnungen abgestellt wurde,
  • eine Lotterie, die jeden Monat 1.000 Euro an 1.000 Griechen ausschüttet, die bargeldlos bezahlen und so Steuerbetrug erschweren, und
  • kostenlose Mittagessen für 140.000 Grundschüler.

Kritiker sehen in diesen Sozialleistungen einen Versuch Tsipras', jene WählerInnen zurückzugewinnen, die er durch die Zustimmung zu einem dritten Kreditprogramm mitsamt harter Sparprogramme und Strukturreformen verloren hat. Die linke Syriza-Partei des Regierungschefs liegt in allen Umfragen deutlich hinter der konservativen Nea Dimokratia.

Die Neuwahlen stehen eigentlich erst im Herbst 2019 an, finden möglicherweise jedoch weit früher statt. Einige Maßnahmen, wie zum Beispiel eine weitere Kürzung der staatlichen Renten, werden erst im Jahr 2019 tatsächlich greifen. Tsipras könnte ab August jederzeit vorgezogene Neuwahlen ansetzen– nachdem das dritte Kreditprogramm abgeschlossen ist.

Allerdings werden auch im laufenden Jahr 2018 weitere Sparmaßnahmen auf Druck der Geldgeber umgesetzt. Das Parlament in Athen hat im Januar ein großes Bündel an Reformen gebilligt. Unter anderem ist darin eine Einschränkung des Streikrechts vorgesehen. Die Euro-Finanzminister mahnten Griechenland nun, vor allem bei den Privatisierungen weiter Tempo zu machen. Durch das Gesetzesbündel wird eine Reihe weiterer Strukturreformen in die Wege geleitet. Die wichtigste scheint die Übertragung aller Beteiligungen des Staates an die neue Privatisierungskasse zu sein, die Tsipras im Rahmen der Einigung mit den Gläubigern im Juli 2015 akzeptiert hatte. Ob dies zu einer neuen Welle von Privatisierungen führen wird, muss sich erweisen. Die Inspektoren der ehemaligen Troika aus der EZB, dem IMF und der EU-Kommission sind mit den Jahren vorsichtiger geworden in ihrer Einschätzung, ob die vielen Reformgesetze auch tatsächlich umgesetzt werden. Athen peilte zuletzt an, nach der Verpachtung der zwei größten Häfen Piräus und Thessaloniki weitere wichtige Hafenanlagen zu privatisieren.

Die wichtigste Neuerung im Gesetzespaket, die unmittelbare Folgen für das Bankensystem haben soll (und möglicherweise explosive Folgen für die griechische Gesellschaft), ist die Erleichterung von Zwangsversteigerungen bei Immobilien. Über 50% der von griechischen Banken ausgegebenen Kredite an inländische Unternehmen und Privatpersonen sind faul. Viele sind angeblich über Immobilien abgesichert oder waren Bausparkredite. Als die Schuldenkrise ausbrach, haben mehrere Regierungen aus Angst vor den sozialen Folgen Zwangsversteigerungen ausgesetzt. Nun haben die Gläubiger des Landes aber solche zur Bedingung für den Abschluss der Evaluation gemacht.

Ein großes Problem bleibt deshalb die prekäre Situation der vier großen Banken in Griechenland. Sie leben immer noch von Notkrediten der griechischen Zentralbank, die wiederum von der Europäischen Zentralbank gefüttert wird. Die Banken sitzen auf einem Berg von faulen Krediten, die von den Kreditnehmern nicht mehr getilgt werden. Der Betrag dürfte nach Schätzungen inzwischen 100 Mrd. Euro erreicht haben. Diese »non performing loan « (NPL) sollen möglichst zügig zurückgeführt werden. Die Europäische Zentralbank hat den griechischen Banken vorgegeben, bis Ende 2019 rund 40% dieser NPL loszuwerden. Bislang liegen die Banken im Plan, meint der Chef des griechischen Bankenverbandes, Nikolaos Karamouzis. »Wenn die Wirtschaft weiter wächst, die Zinsen sinken und Unsicherheiten verschwinden, können wir den Prozess sogar beschleunigen«, so Karamouzis. Erst wenn die Banken wieder gesund sind, können sie die griechischen Unternehmen mit den nötigen neuen Krediten versorgen. Die Europäische Zentralbank hat einen Stresstest für die vier griechischen Banken vorgezogen. Im Mai sollen die Ergebnisse vorliegen.

Das derzeitige Hilfsprogramm läuft im August 2018 aus. Bis dahin wird es voraussichtlich noch eine letzte Überprüfung geben, die zu einer letzten Auszahlung führen wird. Vom Kreditrahmen des dritten Programms von bis zu 86 Mrd. Euro sind laut EMS-Chef Regling bisher 40,2 Mrd. Euro ausbezahlt (und zwei Mrd. Euro zurückbezahlt) worden. Auch unter Einrechnung der jetzigen und der zu erwartenden letzten Tranche dürfte der Rahmen damit bei weitem nicht ausgeschöpft werden.

Zugleich beginnen Überlegungen über den Abschluss des Programms. Die Euro-Gruppe bestätigte den Beginn technischer Arbeiten der EU an Maßnahmen zur Erleichterung der griechischen Schuldenlast. Die Euro-Staaten hatten wiederholt zugesagt, nach einem erfolgreichen Abschluss des Programms falls nötig solche Erleichterungen zu gewähren – zum Beispiel in Form einer Verlängerung von Laufzeiten ausstehender Kredite. Laut dem Euro-Gruppen-Chef Centeno will man insbesondere einen Mechanismus prüfen, der die Schuldenerleichterungen an die Entwicklung des griechischen Wirtschaftswachstums knüpft. Denn die Tragfähigkeit der hohen griechischen Bruttoverschuldung von zuletzt rund 180% des BIP hängt nicht zuletzt vom Wachstum ab, das Griechenland während der langen Rückzahlungsfristen zu erzielen vermag.

Der Chefvolkswirt des Internationalen Währungsfonds (IWF), Maurice Obstfeld, sieht die Bedingungen für einen neuen IWF-Kredit an Griechenland weiterhin als nicht erfüllt an. »Die Erwartung war, dass der IWF Griechenland Kredit gewährt, wenn es ausreichend Fortschritte bei strukturellen Reformen zeigt und wenn seine Kreditgeber mit ausreichend Schuldenerleichterungen aus der Deckung kommen, um Griechenlands Schulden tragbar zu machen. Zumindest die letzte Bedingung ist bislang nicht erfüllt«, sagte Obstfeld. Die Euro-Finanzminister hatten die Auszahlung weiterer Kredite an Griechenland alleine auf den Weg gebracht. Der IWF hat bislang lediglich seine grundsätzliche Bereitschaft zugesagt, sich an diesem laufenden Kreditprogramm zu beteiligen.

Dennoch ist der Weg frei für Gespräche über abschließende Reformen, die Athen erfüllen muss, um seine Staatsfinanzen und die Volkswirtschaft auf ein Leben ohne den Tropf europäischer und internationaler Geldgeber vorzubereiten. Beginnen sollen diese im April. Vermutlich während der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF). Vor Juni wird indes kein endgültiges Ergebnis erwartet.

Für den geschäftsführenden deutschen Finanzminister Peter Altmaier ist die positive Entwicklung bei der finanziellen Sanierung Griechenlands ein Erfolg der Griechen, aber vor allem auch ein Erfolg der Euro-Gruppe. Drei Jahre lang haben die Finanzminister der EU-Währungsgemeinschaft Härte gezeigt und die linkspopulistische Regierung von Premier Alexis Tsipras gezwungen, die Auflagen für die Rettungs-Milliarden zu erfüllen. »Die Maßnahmen zeigen Wirkung«, sagte Peter Altmaier. »Das hätten viele nicht gedacht vor drei Jahren.«

Die Grundsatzdebatte innerhalb der Linken hat sich zum Teil aufgelöst: Die wirkliche Entwicklung hat bislang verdeutlicht, dass die Rückgewinnung der Finanzsouveränität auch aus einer katastrophalen Krisenkonstellation heraus möglich ist. Der frühere Finanzminister Varoufakis hat freilich immer noch Mühe die Alternative von Syriza zu respektieren. In einem aktuellen Interview teilte er kräftige Seitenhiebe gegen seinen Nachfolger, Euklid Tsakalotos, aus.

Dieser habe sich nach dem 6. Juli 2015 (dem Tag des Rücktritts von Varoufakis) zu einem »Yes-Man« entwickelt: Ein Ja-Sager also. Das, was Tsakalotos danach geäußert habe, könne Varoufakis »niemals unterstützen«. Auch Ministerpräsident Alexis Tsipras wird von Kritik seines einstigen Finanz-Chefs nicht verschont. Seiner Ansicht nach hätte Tsipras niemals der Forderung der Geldgeber nachgeben dürfen, dass Griechenland einen Primärüberschuss von 3,5% erwirtschaften muss. Noch schwerere Geschütze fährt der DiEM25-Initiator im Interview gegen den heutigen stellvertretenden Finanzminister Jorgos Chouliarakis auf. Dieser sei von Anfang an ein »Befehlsempfänger der Troika« gewesen.

Im Juni 2015 stand Griechenland nahe vor einem Staatsbankrott. Die Forderung nach einem Austritt aus dem Euro lief auf eine Verschärfung des Niederganges hinaus. Die Finanzmärkte hätten dem Land jedwede Unterstützung verweigert. Die Ratingagenturen haben dem Land wiederum eine positive Perspektive bescheinigt.

Die Regierung in Athen will die positive Stimmung an den Märkten nutzen. Finanzminister Euklid Tsakalotos hatte bereits bei der Vorlage des Staatshaushaltes 2018 im November die Neuemission von Obligationen angekündigt. Sie sollen helfen, die Renditekurve der griechischen Staatspapiere zu normalisieren. Im Juli 2017 hatte das Land erstmals seit drei Jahren einen Bond mit fünfjähriger Laufzeit an den Finanzmärkten platziert und weitere Schritte angekündigt.

Athen glaubt, nun sei die Zeit reif dafür. Die griechische Schuldenverwaltungsbehörde (PDMA) soll sich darauf vorbereitet haben, einen Bond mit siebenjähriger Laufzeit zu platzieren, um auch in diesem Segment die Renditen nach unten zu drücken. Die PDMA hat das Ziel, die Rendite in diesem Laufzeitenbereich um mindestens 25% nach unten zu bringen. Sie hält derzeit eine »Zielrendite« von 3,5% für erreichbar.

Investmentbanker, Regierung und Geldgeber beteuern unisono, dass Hellas mit einem Puffer aus verbleibenden Tranchen und Einnahmen vom Kapitalmarkt bis August in der Lage sein sollte, sich selbst zu finanzieren. Der griechische Zentralbankchef Yannis Stournaras plädiert dennoch für einen »vorsorglichen Stützungsrahmen« der öffentlichen Geldgeber, etwa eine Kreditlinie. So könnten nach dem Ende des Hilfsprogramms das Vertrauen der Märkte gestärkt und die Refinanzierungskosten gesenkt werden.

Ohne vergleichbare Bedingungen ist auch eine Schuldenerleichterung nicht vorstellbar. Die Last von 319 Mrd. Euro macht Griechenland weiter krisenanfällig. Nichts wünscht Athen sich sehnlicher als eine Umschuldung. Aber die europäische Gläubiger haben – abgesehen von einigen begrenzten Maßnahmen – jegliche Diskussion darüber auf das nahende Ende des Rettungsprogramms verschoben.

Wie aus ihren Kreisen verlautet, soll Griechenland – wie auch die anderen Bail-out-Länder Zypern, Irland und Spanien – unter Beobachtung bleiben, solange nicht drei Viertel der Staatsschulden getilgt sind, was gegenwärtig im Jahr 2060 erwartet wird. Was es damit genau auf sich hat, werden die Gespräche mit den Gläubigern in den kommenden Monaten ergeben.
Griechenland sieht endlich Licht am Ende des Tunnels. Nach fast acht Jahren der wirtschaftlichen und politischen Krise rückt die Befreiung aus den Fesseln des Hilfspakets in greifbare Nähe. Die Auflagen für das überschuldete Land waren eine Zerreißprobe für Griechenland und für die gesamte Europäische Union. Sowohl in Athen wie auch in anderen europäischen Hauptstädten fiebert man dem Schlussakt des griechischen Dramas entgegen: Das Spar- und Hilfsprogramm läuft im August aus, und ein Ausstieg scheint wahrscheinlich.

»Die Krise (Europas) geht zu Ende, wo sie begann – im Süden«, sagte Ministerpräsident Alexis Tsipras vor kurzem bei einem Treffen mit Kollegen aus Südeuropa. »Sie endet real und symbolisch, sobald Griechenland im August 2018 (aus dem Rettungsprogramm) entlassen wird.« Aber es hängt noch von den nächsten Monaten ab, ob Athen einen sauberen Ausstieg hinbekommt, oder ob es ein Anschlussprogramm mit politisch heiklen Bedingungen geben wird, um eine Neuauflage der langjährigen Schuldenkrise zu vermeiden.

Ein viertes Hilfsprogramm brauche man nicht, meinte Bundesfinanzminister Peter Altmaier: »Darüber wird nicht diskutiert.« Noch vor einem Jahr hatten die EU-Beamten in Brüssel dazu eine ganz andere Meinung. Damals war noch jeder Besuch der Kontrolleure ein Drama. Inzwischen wächst die Wirtschaft und das Defizit geht zurück. Im August wird Kassensturz gemacht.