Cum-Ex: Die Kriminellen tragen Maßanzug

21.06.2017 / DGB klartext Nr. 24/2017

Es ist einer der größten Steuerbetrügereien der Geschichte: Mit „Cum-Ex“ und „Cum-Cum“ genannten Finanzgeschäften hat eine kriminelle Bande aus Anwälten, Bankern und superreichen Privatleuten die deutschen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler um mehr als 31 Milliarden Euro betrogen. Das sind 31 Milliarden Euro, die der Allgemeinheit für Schulen, Kinderbetreuung und eine Sanierung der Straßen bis heute fehlen und stattdessen in einige Luxusyachten und Villen geflossen sind (siehe Grafik).

Bei Cum-Ex-Geschäften wird eine bezahlte Steuer zwei-, dreimal oder sogar noch öfter zurückgefordert. Die millionenschweren Täter zahlten also insgesamt gar keine Steuern auf ihre Gewinne, sondern kassierten dafür massiv Gelder vom Staat. Steuergelder, die normale Angestellte auf ihr erarbeitetes Einkommen zahlen mussten, flossen quasi direkt in die Taschen der Cum-Ex-Millionäre. Zwischen 2005 und 2012 wurde die Allgemeinheit allein dadurch um 7,2 Milliarden Euro enteignet.

Cum-Cum-Geschäfte hingegen sind so aufgebaut, dass eine inländische Bank einem ausländischen Investor dabei hilft, eine Steuerrückzahlung zu erhalten, die er eigentlich gar nicht bekommen dürfte. Mit diesem Trick sind dem Staat zwischen 2001 und 2016 mindestens 24,6 Milliarden Euro gestohlen worden.

Zu den in diese Geschäfte verstrickten Banken gehören wohl unter anderem die Commerzbank und die Deutsche Bank. Laut Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht haben viele Finanzinstitute genau zur Zeit der Finanzkrise mit diesen Geschäften begonnen. Das heißt: Während die Banken offiziell großzügige Staatshilfen kassierten, zockten sie den Fiskus gleichzeitig über zwielichtige Geschäfte ab.

Wie konnte das passieren? Zum einen ließen die bestehenden Gesetze offenbar teilweise den Spielraum dafür, zum anderen wurden bestehende Gesetzeslücken viel zu spät geschlossen. Das Perfide: Oft schrieben Finanz-Lobbyisten eifrig an den Gesetzen mit, die diese Geschäfte eigentlich einschränken sollten. Staatliche Akteure vertrauten den Bankern und ignorierten das Problem jahrelang. Bereits vor 25 Jahren gab es erste Warnungen vor diesen Geschäften. Erst 2012 wurden die Cum-Ex-Tricks aber gesetzlich unterbunden. Ein Verbot der Cum-CumGeschäfte ließ sogar bis 2016 auf sich warten.

Die Fälle zeigen: Moralische Appelle und Vertrauen führen nicht weit. Wo es Gesetzeslücken oder mangelnde Kontrolle gibt, werden Finanzinstitute, Anwälte und deren vermögende Kundschaft das ausnutzen, um sich weiter zu bereichern. Es bedarf daher nicht nur einer lückenlosen Aufklärung der Geschehnisse, einer Rückerstattung aller dem Staat gestohlenen Steuern und – wo möglich – einer Bestrafung der Täter. Es braucht auch klare gesetzliche Regelungen, um solche und ähnliche Geschäfte künftig komplett zu unterbinden. Auch andere Steuergestaltungstricks, Umgehungsmöglichkeiten und Steueroasen müssen jetzt trocken gelegt werden. Vor allem darf die Politik Finanzjongleure nicht länger als Experten betrachten, wenn es um Steuergesetze oder Finanzmarktregulierung geht. Der Einfluss von Finanz-Lobbyisten muss untersucht und wirksam zurückgedrängt werden.