Neoliberale Wirtschaftspolitik - ein Angriff auf die demokratische Gesellschaft?

Das scheiternde Konzept

06.01.2009 / Horst Afheldt

Der Nobelpreisträger und frühere Chefvolkswirt der Weltbank Joseph Stiglitz beschreibt die bislang herrschende Wirtschaftsideologie, meist „Neoliberalismus“ genannt(1), so (2):

„Handels- und Kapitalmarktliberalisierung waren zwei Schlüsselkomponenten eines allgemeinen wirtschaftspolitischen Rahmenkonzepts, das die Strategien bündeln sollte, die Entwicklung am ehesten fördern. Dieser so genannte Washington Consensus (von) IWF... Weltbank... und USFinanzministerium... forderte vor allem Staatsabbau, Deregulierung und eine zügige Liberalisierung und Privatisierung.“

So trieb man die Staaten bewusst in einen scharfen Wettbewerb um das frei hin und her fließende Kapital. Der Steuerwettlauf nach unten begann. Die Staaten wurden immer schlanker und nähern sich heute dem Suppenkasperstaat. Die durch Steuersenkungen und Steuerentziehungen ausgepowerten Staaten versuchten, die notwendigen Mittel durch Verkauf des öffentlichen Eigentums zu finden. Heute ist der größte Teil des von Generationen angehäuften Volksvermögens verscherbelt und im Besitz weitgehend unbekannter Aktionäre. Man behauptete, diese Privatisierungen seien notwendig, denn private Wirtschaft sei effizienter als öffentliche. Doch effizienter ist die Bundesrepublik nicht geworden. Wieso soll es auch effizienter sein, wenn Private Gefängnisse betreiben oder drei verschiedene Postdienste landauf landab Briefe verteilen, (3) Personen dieselben Wege fahren, die vorher eine Person fuhr? Was ist für die Allgemeinheit effizienter, wenn dafür die Briefkästen in immer weitere Abstände entrücken, um die Zustelldienste profitabel zu machen? Wenn man vor einer Reise bei 3 verschiedenen Postdiensten einen Nachsendungsantrag stellen muss, da man ja nicht weiß, mit welchem Postdienst jemand an einen schreibt? Ist eine Post effizient, bei der immer wieder Briefe und Päckchen spurlos verschwinden, weil nicht mehr vertrauenswürdige „Postbeamte“ die anvertraute Post austeilen, sondern schlecht bezahlte, überforderte Hilfskräfte der Subunternehmer, denen die Post heute die Versorgung zugeschoben hat? Ist es effizient für den Bahnkunden, wenn nicht eine Bahn fährt, sondern sechs verschiedene, deren jeweilige Preise herauszufinden vor allem dann zum Kreuzworträtsel degeneriert, wenn Landesgrenzen überschritten werden? Wenn die privatisierten Energie Versorger Preise fordern, gegen die der Staat kaum noch etwas machen kann, weil er die einst öffentlichen Unternehmen in die Privatisierung entlassen hat? Wo bleibt die erhöhte Effizienz für die Allgemeinheit, wenn die privatisierten öffentlichen Nahverkehrsmittel immer teurer werden, so dass immer mehr Menschen sich veranlasst sehen, wieder mit dem Auto zu fahren? Und vor allem: wo bleibt die Effizienz, wenn immer mehr Menschen durch die internationale Lohnkonkurrenz nur noch Löhne erarbeiten, von denen sie nicht leben können - und so den Apparat der sozialen Hilfen aufblähen?

Zum vollständigen Text auf der Internetseite der Internetseite der Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik (Memo-Gruppe) geht es hier (PDF-Dokument)[1]

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1 Der historische Liberalismus enthielt deutlich mehr gesetzliche Ordnungselemente
2 Stiglitz, Chancen der Globalisierung, S.37
3 Eigene Berechnungen (Preisbereinigt). Datengrundlage: Statistische Jahrbücher und Statistische
Taschenbücher,(Bundesministerium für Arbeit und Soziales)

Links:

  1. http://www.memo.uni-bremen.de/docs/m5608.pdf