Von der Black Box in die Grauzone: Europas Vorstoß zur Regulierung von Ratingagenturen

16.11.2008 / Axel Troost, Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag

Die Europäische Kommission hat entschieden, Ratingagenturen unter Aufsicht zu stellen. Die Agenturen sollen künftig einer europäischen Registrierungspflicht unterliegen und Mindestanforderungen genügen. Hierzu zählen die Trennung von Bewertung und Beratung und ein jährlicher Transparenzbericht.

Ratingagenturen in der Vertrauenskrise

Ratingagenturen leben vom Vertrauen in ihre Bewertungen. Jahrzehntelang fügten die Regierenden sich dem Verweis der Branche, der Ruf bei den Kundinnen und Kunden sei die Regulierung. Jahrzehntelang waren die Agenturen frei jeder Haftung: Ihre Bewertung sei bloße Meinung.

Im Vorfeld der aktuellen Krise vergaben die Agenturen Bestnoten bis zum Ende und blähten die Märkte auf. Kein Wunder, da ihre Bezahlung anteilig am Verkauf der Papiere erfolgt. Unzählige Verfehlungen, besonders spektakulär bereits 2001 das Hochloben des Energiekonzerns Enron noch kurz vor seinem Bankrott, bewirkten nichts als Neuauflagen freiwilliger Selbstregulierung.

Nun endlich, nach vielen Scherben und auf einem Höhepunkt der Vertrauenskrise, bewegen die Regierungen sich einen Schritt in Richtung gesetzliche Verbindlichkeit. Auf die Schulter klopfen können sie sich dafür wahrlich nicht.

Interessenkonflikte beseitigen statt eindämmen

Die Agenturen agieren weiterhin als privatwirtschaftliche Akteure. Ihr Gewinn hängt an den Aufträgen der Unternehmen, die sie bewerten: je schmeichelhafter die Note, desto größer die Beliebtheit beim Auftraggeber. Stichprobenweise Blicke der Aufsicht in die ehemalige Black Box des Ratings schaffen die finanzielle Abhängigkeit nicht aus der Welt. Im Kundengespräch gleicht die verordnete Trennung von Bewertung und Beratung einer Grauzone.

Wirkliche Veränderung hingegen brächte eine Gebührenordnung: Öffentlich kontrollierte Ratingagenturen, die von den Unternehmen, die ein Rating beanspruchen, per Umlage in einen Fonds finanziert werden.

Finanz-TÜV einführen

Verkehrsregel Nummer 1 muss ein Finanz-TÜV sein, der Finanzinstrumente ähnlich wie bei Medikamenten vor ihrer Zulassung prüft: auf ihr gesamtwirtschaftliche Risikopotenzial und ihre Verbraucherfreundlichkeit – die blinden Fleck der Agenturen. Der Vorschlag ist den Verantwortlichen bekannt. DIE LINKE hat ihn eingebracht.

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