Hamburg: Die Linke in der Bürgerschaft

17.08.2008 / Von MATHIS NEUBURGER, Morgenpost Hamburg

Spiel nicht mit den Schmuddelkindern: So lautet das berühmte Lied des 68er-Barden Franz Josef Degenhardt über Ausgrenzung von Außenseitern. Als Schmuddelkinder wurden auch die Linken bezeichnet, als sie im März erstmals in der Bürgerschaft Platz nahmen. Die schrägen Blicke sind mittlerweile weg. "Wir fühlen uns akzeptiert", so Fraktionschefin Dora Heyenn. Die Linken dürfen mitspielen - und machen das recht erfolgreich.

Keine Skandale wie in Bremen oder Niedersachsen: Bis auf einige Patzer am Anfang schlägt sich die kleinste Fraktion nicht schlecht. Vor allem wenn man bedenkt, dass acht Abgeordnete alle Themen abdecken.

Damit kommen einige besser zurecht als andere. Während etwa Christiane Schneider dauernd Anfragen stellt, ist von anderen kaum was zu hören. "Ich musste einen Extra-Schreibtisch anschaffen, um die Papierberge zu bearbeiten", sagt Joachim Bischoff. "Für einen Lektor ist das eher zu schaffen als für eine Verkäuferin. Dafür hört ihr das Plenum genau zu, wenn sie über die Lage im Einzelhandel spricht."

"Mir war ja ganz grummelig im Magen, ob wir das überhaupt hinkriegen. Und am Anfang fühlte man sich richtig gejagt", sagt Heyenn. Aber insgesamt sei man ganz zufrieden. Und in der Tat: Die Linke wird zitiert, auf ihre 78 Anfragen und 12 Anträge wurde in Medien und Politik Bezug genommen. "Obwohl wir Opposition sind, ist es eben nicht egal, was wir sagen. Man nimmt uns ernst", freut sich Kersten Artus. Und Heyenn weiß, warum sie mit im Spiel sind: "Wir sind wohl doch nicht so exotisch, wie viele dachten."

Info:
"Die Stille" Elisabeth Baum (44) ist bislang kaum in Erscheinung getreten. Als Verkäuferin vertritt sie die berühmten "kleinen Leute" in der Fraktion. "Der Arbeiter" Elektriker Mehmet Yildiz (30) tut sich im Parlament noch schwer. Dafür kümmert er sich um Jugendliche mit Migrationshintergrund. "Der Theoretiker" Der Ökonom und Lektor Joachim Bischoff (64) gilt in der Linksfraktion als intellektuelles Rückgrat. Er kümmert sich um vier Fachgebiete. "Der Netzwerker" Fraktionsvize Norbert Hackbusch (53) wird konstatiert, dass er "die unterschiedlichen Leute der Fraktion zusammenhält". "Die Feministin" Kersten Artus (44) kämpft für Gleichstellung in Fraktion und Gesellschaft. Sie ist auch für Medien und Gesundheit zuständig. "Die Klassenlehrerin" Fraktionschefin Dora Heyenn (59) muss ihre Truppe zusammenhalten. Da sie bis vor Kurzem als Lehrerin arbeitete, gelingt ihr das. "Der Hartz-Lobbyist" Wolfgang Joithe (58) war bis vor Kurzem Hartz-IV-Empfänger. Jetzt wettert er gegen die Arge und hilft Arbeitslosen auf den Ämtern.

Zitat:
"Wir sind wohl nicht so exotisch, wie viele dachten" Dora Heyenn, Fraktionschefin


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