Die gesetzliche Krankenversicherung bietet derzeit ca. 90 Prozent der
Bevölkerung eine weitgehende Absicherung im Krankheitsfall. Doch der
neoliberale Umbau der Gesellschaft macht auch vor dem Gesundheitssystem
nicht halt. Markt, Wettbewerb und „Eigenverantwortlichkeit“
durchdringen immer stärker alle Bereiche der gesundheitlichen
Versorgung. Das höchste individuelle Gut, nämlich die Gesundheit, wird
zunehmend marktwirtschaftlichen Kategorien unterworfen.
DIE LINKE bekämpft diese von der Bundesregierung forcierte Politik der
Privatisierung und Entsolidarisierung, in der die
gesamtgesellschaftliche Verantwortung für die Daseinsvorsorge zusehends
verdrängt und solidarische sowie soziale Ausgleichselemente geschliffen
werden.
Gesundheit darf keine Ware werden!
DIE LINKE setzt sich für folgende Grundpfeiler einer umfassenden und
flächendeckenden Gesundheitsversorgung für alle Menschen in diesem Land
ein:
- Nur ein demokratisch organisiertes und kontrolliertes
Gesundheitssystem kann einen umfassenden Zugang der gesundheitlichen
Versorgung für alle garantieren.
- Die Rücknahme von Praxisgebühr und unsolidarischen
Zuzahlungsregelungen sowie die Wiedereinführung einer adäquaten
Befreiungsregelung für Härtefälle ermöglichen auch Geringverdienenden
im Krankheitsfall einen ungehinderten Zugang zu den
Versorgungsstrukturen.
- Alle Elemente der letzten „Gesundheitsreformen“, die dem Prinzip
der Solidarität widersprechen, müssen rückgängig werden. „Teilkasko",
Wahl- und Sondertarife, von denen nur junge Gesunde profitieren können
und durch die Alte, Kranke und Geringverdienende stärker belastet
werden, werden von uns entschieden abgelehnt.
- DIE LINKE setzt sich für einen umfassenden Versorgungsanspruch für
alle ein. Darum lehnen wir es ab, dass „selbstverschuldete“
Behandlungen z.B. in Folge von Tätowierungen, Piercing oder
Schönheitsoperationen nicht mehr von den Krankenkassen übernommen
werden dürfen und die Ärztinnen und Ärzte in diesen Fällen ihre
Schweigepflicht brechen müssen. Dies ist nur ein weiterer Schritt der
Entsolidarisierung.
- In einer solidarischen Bürgerinnen- und Bürgerversicherung, die
auch von einem Großteil der Bevölkerung gewünscht wird, leisten alle
Menschen den gleichen prozentualen Anteil ihres Einkommens als Beitrag
zur Finanzierung eines umfassenden Gesundheitsschutzes.
- Die Arbeitgeber sind wieder zur Hälfte an den
Krankenkassenbeiträgen zu beteiligen. Aufgrund des Sonderbeitrags von
0,9 Prozent, der zahlreichen Zuzahlungsregelungen und der
Leistungsausgrenzungen tragen die Versicherten mittlerweile nahezu zwei
Drittel der Gesundheitskosten. Die Einführung einer
Wertschöpfungsabgabe ist zu prüfen.
- Der in der „Gesundheitsreform 2007“ festgelegte Zusatzbeitrag im
Rahmen des geplanten Gesundheitsfonds, für den allein die Versicherten
aufkommen sollen, wird von der Fraktion DIE LINKE entschieden
angelehnt. Insbesondere lehnen wir ab, dass über diesen Zusatzbeitrag
eine „kleine Kopfpauschale“ eingeführt werden soll, also alle
Versicherte den gleichen Euro-Betrag zahlen sollen und dadurch die
Geringverdienenden besonders stark belastet werden.
- Zwischen den Krankenkassen ist ein Finanzausgleich herzustellen,
der die unterschiedliche Erkrankungsschwere und -häufigkeit ihrer
Mitglieder wirklich berücksichtigt. Die in der „Gesundheitsreform 2007“
festgelegten Regelungen für einen so genannten „morbiditätsorientierten
Risikostrukturausgleich“ führen weiterhin zu großen Nachteilen für
diejenigen Krankenkassen, in denen mehr Alte und Kranke versichert sind.
- Längst überfällig ist ein Präventionsgesetz, das insbesondere
soziale Ursachen für Krankheitsentstehung und Gesundheitsförderung in
den Mittelpunkt rücken muss.
- Die so genannte „dualistische“ Finanzierung der Krankenhäuser, bei
der die Investitionskosten von Ländern und Kommunen getragen werden,
muss erhalten bleiben, damit die staatliche Daseinsfürsorge erfüllt
werden kann. Die am Bedarf orientierte Krankenhausplanung bleibt in
staatlicher Hand. Die Länder und Kommunen nehmen so weiterhin ihre
Verantwortung für die bedarfsgerechte, investive Ausstattung der
Krankenhäuser wahr.
- Der Investitionsstau an deutschen Kliniken muss dringend abgebaut
werden. Dazu muss die Bundesregierung die Länder mit entsprechenden
Finanzmitteln ausstatten, anstatt die Investitionskosten der Kliniken
komplett auf die Krankenkassen abzuwälzen. Dies hätte weitere
Beitragserhöhungen zur Folge.
- Zunehmende Privatisierungen gefährden eine flächendeckende
Versorgung in allen Regionen und dienen nur dem Profitinteresse der
Aktionäre großer Konzerne.
- Wir setzen uns entschieden für eine demokratische Organisation der
Gesundheitsversorgung ein. Eine wohnortnahe und bedarfsgerechte
gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung ist über regionale
Gesundheitskonferenzen unter Einbindung aller Beteiligten herzustellen.
Der öffentliche Gesundheitsdienst, Gesundheitsberichterstattung und die
Erarbeitung von Gesundheitszielen sind dafür zentrale Elemente.
- Die unter dem Namen „Patientencharta“ von der Bundesregierung,
Ärzteverbänden und Patientenorganisationen im Jahr 2002 verabschiedete
Dokumentation von individuellen Patientenrechten, kollektiven
Beteiligungsmöglichkeiten und ärztlichen Informationspflichten muss
aktualisiert und erweitert werden. Patientenrechte sind gesetzlich zu
regeln und zu stärken.
- Wir fordern die Einführung einer Positivliste für Arzneimittel,
damit nur noch Medikamente mit therapeutischem Nutzen auf Kassenrezept
verschrieben werden. So drängen wir die Macht der Pharmaindustrie und
deren Profitstreben zurück. Die Einrichtung unabhängiger Arzt- und
Patienteninformation sowie eine aus Steuermitteln finanzierte
Gesundheitsforschung unterstützen dieses Anliegen. Die Mehrwertsteuer
für Arzneimittel ist auf 7 Prozent zu reduzieren.
- Die Zulassung von Arzneimitteln muss eine hoheitliche Aufgabe
bleiben und die Überwachung der Arzneimittelsicherheit ausgebaut werden.
- Insbesondere wollen wir eine Gesundheitsversorgungsforschung
ausreichend durch Steuermittel finanzieren, da die Industrie nur dort
investiert, wo Profite zu erwarten sind. Menschen mit seltenen
Erkrankungen oder in Entwicklungsländern werden sonst nicht ausreichend
versorgt.
- DIE LINKE will eine „integrierte Versorgung“ fördern, die die
kostenintensive Trennung von ambulanten und stationären Einrichtungen
des Gesundheitswesens schrittweise überwindet und den Bedürfnissen der
Bevölkerung gerecht wird. Auf diesem Wege kann auch einer
Unterversorgung bei der medizinischen Versorgung begegnet werden.
Private Kapitalgesellschaften, die darüber krakenhaft ein
Anbietermonopol aufbauen, müssen zurückgedrängt werden.
- Medizinische Leistungen sind sowohl im ambulanten wie im
stationären Bereich der alten und der neuen Bundesländer nach
einheitlichen Kriterien zu vergüten. Die Ost-West-Angleichung von
Honoraren sowie Löhnen und Gehältern ist bei allen Berufen, auch im
Gesundheitswesen, kurzfristig umzusetzen.
- „Verschiebebahnhöfe“, mit denen GKV-Mittel für andere Zwecke
umverteilt werden, müssen sofort geschlossen werden. Derzeit erhalten
die Krankenkassen für die versicherten Erwerbslosen viel zu niedrige
Beiträge von der Bundesagentur für Arbeit.