"Transparenzregister" der Bundesregierung ist ein verspäteter Aprilscherz
Gemeinsame Presseerklärung von Tax Justice Network und Netzwerk Steuergerechtigkeit Deutschland
In Antwort auf die Enthüllung systematischen Missbrauchs von Briefkastenfirmen durch die Panamapapers hat die Bundesregierung ein Transparenzregister als Lösungsvorschlag ins Spiel gebracht. Der Wortlaut des entsprechenden neuen Passus (§ 9a) im Geldwäschegesetz (GWG) liegt Tax Justice Network und dem Netzwerk Steuergerechtigkeit Deutschland vor (hier einzusehen). Eine Analyse offenbart gravierende Mängel, welche zur Wirkungslosigkeit des Registers führen werden.
Dem Missbrauch von
Briefkastenfirmen beugen vor allem öffentliche Register der wahren
Eigentümer dieser Firmen vor. Die 4. Geldwäscherichtlinie der EU
schreibt zwar ein verpflichtendes Register der wirtschaftlich
Berechtigten von Rechtspersonen EU-weit vor, gewährt jedoch in
erster Linie Ermittlungsbehörden und Banken Zugang zu den Daten. Der
Öffentlichkeit, etwa Journalisten und zivilgesellschaftliche
Organisationen, muss laut Richtlinie lediglich bei nachgewiesenem
„berechtigtem Interesse“ Einblick in das Register gewährt
werden. Die Richtlinie muss von den EU-Mitgliedsstaaten in nationales
Recht überführt werden, so dass die jeweiligen Gesetze bis Mitte
2017 in Kraft sind.
Die Richtlinie erlaubt
Mitgliedsstaaten jedoch explizit, über die Mindestvorgabe
hinauszugehen, und die Registerdaten zu veröffentlichen. Während
das Bundesfinanzministerium aus seiner Skepsis gegenüber den in der
4. Geldwäscherichtlinie erlaubten öffentlichen Registern keinen
Hehl macht, sorgten Wirtschaftsminister Gabriel und Justizminister
Maas gestern mit der Forderung für Aufsehen, ein Transparenzregister
einführen zu wollen. Weil es als Transparenzvorstoß aus dem
SPD-geführten Justizministerium präsentiert wurde, liegt die
Erwartung einer über die Mindestvorgabe hinausgehende Öffentlichkeit
des Registers nahe. Nachdem der in Rede stehende Passus §9a, der dem
Geldwäschegesetz hinzugefügt werden soll, analysiert werden konnte,
steht fest, dass dieser Entwurf keineswegs über die Mindestvorgabe
aus Brüssel hinausgeht. Im Gegenteil, der Vorschlag bleibt in
einigen Aspekten sogar hinter den EU-Erfordernissen zurück und würde
– falls verabschiedet – ein Vertragsverletzungsverfahren der
EU-Kommission nach sich ziehen. Dass das Register nicht öffentlich
zugänglich gemacht werden soll, kann aus den Erläuterungen zu
Absatz zwei des neuen Paragraphen entnommen werden:
„Die nach § 9b
Absatz 3 berechtigten Personen und Organisationen müssen bereits im
Hinblick auf eine Einsichtnahme in das Transparenzregister ein
berechtigtes Interesse nachweisen […].“
Auch wenn §9b noch
nicht zur Analyse vorlag, kann aus dieser Passage bereits entnommen
werden, dass der Zugang zum Register nach §9b nicht öffentlich
erfolgen, sondern an den Nachweis eines berechtigten Interesses
geknüpft bleiben soll. „Diesen Vorschlag als neues
Transparenzregister zu feiern ist eine dreiste Verdrehung der
Tatsachen. Es handelt sich um eine schon lange geplante
Minimallösung, die nur marginal etwas an der Verschleierung mittels
Briefkastenfirmen ändern wird. Justizminister Maas und Vize-Kanzler
Gabriel wollen der Öffentlichkeit offenbar einen gewaltige
Mogelpackung unterjubeln.“, erläutert Lisa Großmann,
Koordinatorin des deutschen Netzwerks Steuergerechtigkeit.
Eine Überprüfung der
Angaben seitens einer Behörde ist in dem Passus nicht vorgesehen.
Eine solche Aufgabe wäre auch kaum plausibel und effektiv von einer
Behörde zu leisten. Bislang werden diese Pflichten von zigtausend
Banken, Notaren und Anwaltsfirmen erfüllt. Es ist nicht glaubhaft zu
erwarten, dass mit einem Schlag solche Pflichten von einer einzigen,
noch nicht einmal ausdrücklich genannten oder erschaffenen Behörde
erfüllt werden können.
Darüber hinaus
beschränkt der Entwurf explizit die Angabepflichten der
Anteilseigner der Firmen – etwa Treuhänder, Briefkastenfirmen oder
Stiftungen – auf „die Informationen zum wirtschaftlich
Berechtigten direkt hinter ihm“ (siehe Seite 6). Der Entwurf aus
dem Hause des Justizministers führt diese Ausnahme auf Seite 7 noch
weiter aus. Dort heißt es schwarz auf weiß (Erläuterungen zu
Absatz 4, Seite 7): „Eine weitere Einschränkung greift bei
Beteiligungs- oder Kontrollketten: Die Angabepflicht nach Absatz 4
besteht nur, wenn der Angabepflichtige entweder selbst wirtschaftlich
Berechtigter ist oder er unmittelbar unter der Kontrolle eines
wirtschaftlich Berechtigten steht, sei es durch eine
Anteilseignerschaft oder sonstige Einflussnahmemöglichkeit. In einer
Beteiligungskette weiter hinten stehende wirtschaftlich Berechtigte
muss ein Anteilseigner nicht angeben.“
Damit beschränkt der
Vorschlag die Reichweite aller Transparenz auf nur die erste Schicht
von Rechtspersonen oder Treuhändern, die deutsche Firmen
kontrollieren. „Die Transparenzverpflichtung nur auf die erste
Schicht des Firmendickichts zu begrenzen ist so als würde die
Gurtpflicht nur innerorts gelten. Das Ziel der Richtlinie und die
Vorgabe aus Brüssel wird damit verfehlt. Diese Fehlleistung jedoch
wird zweifelsohne im weiteren Gesetzgebungsprozess behoben und
scheint somit eher ein Ablenkungsmanöver vom eigentlichen Skandal zu
sein: dass die Bundesregierung noch immer gegen die vollständige
Transparenz von Firmeneigentümern kämpft“, kommentiert Markus
Meinzer, Vorstandsmitglied von Tax Justice Network.
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