Kommunen endlich entlasten!

Von Axel Troost

07.03.2016 / Sachsens Linke! 3-2016

Bereits heute sind viele Kommunen kaum noch in der Lage, die Daseinsfürsorge im Normalbetrieb aufrecht zu erhalten. Durch die Geflüchteten zeigt sich das noch deutlicher. Die Kommunen dürfen nicht im Regen stehen gelassen werden – weder mit den schon länger vorhandenen Strukturschwächen noch mit zusätzlichem Bedarf für Flüchtlinge.

Bund und Länder handhaben die finanzielle Unterstützung der Kommunen bei den Kosten der Fluchtbewegung sehr unterschiedlich. Gerade strukturschwache Bundesländer haben selbst nicht viel, um ihre Kommunen zu unterstützen. Ärmere Kommunen in strukturschwachen Bundesländern werden unter den heutigen Bedingungen die kommunale Daseinsvorsorge nicht in gewohntem Umfang aufrechterhalten können. Weil die genauen Gesamtkosten der Fluchtbewegung noch nicht absehbar sind, ist aus Sicht der LINKEN der Bund in der Pflicht, die Länder und Kommunen nicht dem Risiko auszusetzen, zu großen Teilen auf den Kosten sitzen zu bleiben. Die Flüchtlingsfrage ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Seriöse Schätzungen gehen für 2016 von Ausgaben von mindestens 25 Mrd. Euro für Flüchtlinge aus. Um ärmere Bevölkerungsschichten nicht in die Arme der Rechtspopulisten und Rechtsradikalen zu treiben, muss die Politik unmissverständlich klar machen, dass dieses Geld nicht bei den Menschen eingespart wird, die schon viel länger finanziell und sozial an den Rand unserer Gesellschaft gedrängt wurden. Die seit vielen Jahren ausgedünnten sozialen Dienste und öffentlichen Infrastrukturen müssen gerade jetzt für alle Menschen verbessert und wieder in angemessener Form bereitgestellt werden.

DIE LINKE fordert umgehend ein Sofortprogramm in Höhe von 25 Mrd. Euro, um die Handlungsfähigkeit des Staates in seinen originären Aufgabenbereichen wieder herzustellen, und einen generellen Ausbau sozialer Dienstleistungen und öffentlicher Infrastruktur für alle. Dazu gehören die massive Aufstockung der Soforthilfe an die Kommunen und Länder zur Erstattung sämtlicher Kosten für die Erstversorgung der Flüchtlinge, ein Bundessonderprogramm sozialer Wohnungsbau mit 500.000 Wohnungen in Mischnutzung für Menschen mit geringen Einkommen und Flüchtlinge und der Ausbau arbeitsmarktpolitischer Qualifizierungs- und Integrationsprogramme. Mindestens 300.000 Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose und Flüchtlinge sollen in einem vernünftig organisierten und finanzierten öffentlich geförderten Beschäftigungssektor geschaffen werden. Die Gesundheitsversorgung muss verbessert werden, der Bundeszuschuss für Bildung (Schulen, Kitas, aber auch Volkshochschulen und – insbesondere für Mädchen und junge Frauen – Bibliotheken) erhöht und soziale Beratungsstellen ausgebaut werden. Für die Bekämpfung von Fluchtursachen ist u.a. mehr Geld für das UN-Flüchtlingshilfswerk und für das Welternährungsprogramm nötig.

Utopisch ist ein solches Programm nicht, denn Deutschland hat kein Ausgaben-, sondern ein Einnahmenproblem. Natürlich wären die finanziellen Mittel für eine humane Flüchtlingspolitik vorhanden. Das beherzte Eingreifen des Staates in der Bankenkrise hat vorgemacht, was geht. Der Haushaltsüberschuss von 2015 beläuft sich dank der guten Konjunktur auf 12,1 Mrd. Euro. Umverteilung und gerechte Besteuerung würden die ohnehin sprudelnden Staatseinnahmen noch erheblich erhöhen. Kredite kann der Bund derzeit zu niedrigen Zinsen aufnehmen. Selbst unter den Bedingungen der Schuldenbremse, die wir ablehnen, könnten Kredite bis zu 13 Mrd. aufgenommen werden. Doch mit der Ideologie der „Schwarzen Null“ sind die Herausforderungen im Europa des 21. Jahrhunderts nicht zu bewältigen. Die Rückzahlung soll durch entsprechende Besteuerung hoher Unternehmensgewinne, Vermögen und Einkommen geschehen.