Griechenland: Es geht auch um unsere Zukunft

DGB klartext 27/2015

13.07.2015 / DGB Bundesvorstand, Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik, 10.07.2015

In der Weltwirtschaft rumort es wieder: In China ist der Marktwert der börsennotierten Unternehmen in drei Wochen um mehr als 3.000 Milliarden Dollar eingebrochen. Eigentlich müssten die Europäer jetzt die Vorteile einer stabilen Wirtschaft direkt vor der Haustür erkennen. Sie müssten den Wert der über Jahre errichteten Europäischen Union sehen – von Binnenmarkt, gemeinsamer Währung und entwickelten Institutionen.

Doch das Gegenteil scheint der Fall: Das Ende der Hilfskredite für Griechenland und der Liquiditätshilfe für dortige Banken scheint nicht mehr nur ein Gedankenspiel zu sein. Regierungsvertreter von EU-Ländern reden ernsthaft darüber, ein anderes EU-Land fallen zu lassen. Eine griechische Staatspleite und ein Ausscheiden aus der Eurozone (Grexit) werden offen als Lösungen diskutiert.

Politischer Schaden für Deutschland und Europa

Was hieße das für Deutschland? Erstens wären die bereits vergebenen Kredite futsch, wenn Griechenland zahlungsunfähig wird. Ca. 60 bis 80 Milliarden Euro stünden für den Bundeshaushalt auf dem Spiel. Zweitens sind deutliche negative Auswirkungen auf das Finanzsystem und die Realwirtschaft in Deutschland und anderen Euro-Ländern keineswegs ausgeschlossen. Drittens – und das ist der bedeutendste Punkt: Der langfristige politische Schaden für die Eurozone und die EU wäre kaum abzusehen. Ein Grexit liefert das Signal, dass der Euro nicht unumkehrbar ist. Das Vertrauen in Sicherheit und Stabilität der Währung würde noch stärker beschädigt, die Unsicherheit weiter wachsen.

Scheitert der Euro, dann scheitert Europa

Die Bundeskanzlerin hat zu Recht gesagt: „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa.“ Damit wäre nicht nur der mühsam erreichte und noch lange nicht zufriedenstellende Stand der politischen Einheit gefährdet. Auch die vielen wirtschaftlichen Vorteile der Wirtschafts- und Währungsunion werden von vielen offenbar als allzu selbstverständlich angesehen. Beispiele zur Erinnerung: Es gibt keine Kosten durch Handelsschranken im großen EU-Binnenmarkt, es gibt kein teures Wechselkursrisiko in der Eurozone, ein glaubwürdiger Euro bringt Vorteile im außereuropäischen Handel, wenn Geschäfte in Euro statt in Dollar abgerechnet werden.

Griechen haben nicht gegen Europa gestimmt

Anstatt alles für den Erhalt dieser Vorteile zu tun, gehen die Grexit-Befürworter große Risiken ein. Und das ohne Grund: Die Griechen haben in ihrem Referendum weder gegen den Euro, noch gegen Europa gestimmt. Sie haben sich zu Recht gegen die komplett gescheiterte EU-Spar- und Kürzungspolitik gewandt. Diese Politik hat nicht nur Griechenland in eine soziale und ökonomische Katastrophe gestürzt. Sie hat dazu geführt, dass die Wirtschaftsleistung der gesamten Eurozone seit Beginn der US-Finanzkrise um ein Prozent geschrumpft ist, während es in den USA im selben Zeitraum um 8 Prozent aufwärts ging. Bis zum Beginn der Spar- und Kürzungspolitik lief die Erholung noch parallel.

Griechenland braucht Reformen, die Wachstum schaffen

Die europäischen Gläubiger müssen sich schnell mit den Griechen einigen. Statt unsozialer Kürzungen braucht Griechenland Reformen, die wirklich Wachstum schaffen, Investitionen und eine tragfähige Verschuldung. Ein Grexit löst keine Probleme – weder für Griechenland noch für die EU. Wir brauchen stattdessen einen neuen Kurs des sozialen und wirtschaftlichen Fortschritts für Gesamteuropa. Es geht auch um unsere Zukunft!