Rettungsfonds: Bluten für die großen Banken

Rede von Axel Troost am 6. November 2014

06.11.2014 / 06.11.2014

Sparkassen und Genossenschaftsbanken werden kräftig zur Kasse gebeten

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Es bleibt dabei: Wir haben massive Kritik an dem vorgelegten Gesetzentwurf, an dem vorgeschlagenen Bankenrettungsfonds. Gestern im Finanzausschuss wurde das als Meilenstein dargestellt. Kollege Brinkhaus hat von einem Dach gesprochen, das das Haus zusammenhält. Aber die grundlegenden Probleme sind für meine Begriffe hier nicht angesprochen worden bzw. wurden harmonisiert.

Das erste Problem ist: Man hat die EZB mit dieser Aufgabe betraut, wohlwissend, dass dadurch ein Zielkonflikt entsteht, der ungeheuer groß ist. Die beschworene chinesische Mauer zwischen Geldpolitik und Bankenaufsicht wird es so nicht geben. Bei jeder geldpolitischen Entscheidung, zum Beispiel hinsichtlich des Aufkaufs von Papieren, wird man fragen müssen: Könnte das auch aus der Abteilung Bankenaufsicht kommen, weil bestimmte Banken bestimmte Probleme haben?

(Beifall bei der LINKEN)

Zweitens. Mit der Zuständigkeit der EZB ist klar, dass man sich auf die Euro-Zone begrenzt hat. Damit ist London ‑ jeder weiß, dass London der größte Finanzplatz Europas ist ‑ eben nicht Teil des Regulierungsbereichs. Das heißt, bei jeder Art von Bankenabwicklung ‑ gleich ob es um deutsche Banken oder Banken aus anderen europäischen Ländern geht ‑ wird es eine Schnittstelle mit der britischen Aufsicht geben, und keiner weiß, ob das wirklich funktionieren wird, ob die Mechanismen greifen werden, wie das ausgelegt wird. Das Gleiche gilt natürlich auch für die Schnittstelle New York/USA. Insofern sollte man hier nicht so tun, als würde man etwas wirklich Stabiles schaffen.

(Beifall bei der LINKEN)

Drittens. Man ist nicht in Ansätzen ‑ das ist für mich das Zentrale ‑ an die Frage „too big to fail“ herangegangen. Das Bankensystem und die einzelnen Banken werden nicht massiv verkleinert. Ich will das verdeutlichen: Zehn Banken in der EU haben ein Geschäftsvolumen, das größer ist als die jährliche Wirtschaftsleistung, also das Bruttoinlandsprodukt, von Spanien.

Alleine die Deutsche Bank hat ein Bilanzvolumen, das so groß ist wie die gesamte Wirtschaftsleistung Italiens. Solche Banken wollen Sie regulieren? Solche Banken wollen Sie - Stichwort: 8 Prozent - wie auch immer abwickeln, wenn es hier zu Schieflagen kommt? Ich glaube, nicht einmal eine relativ kleine Bank wie die Commerzbank ist in diesem Regime wirklich abwickelbar. Deswegen geht es schon darum, die Banken zu verkleinern.

Kollege Kahrs, Ihren arroganten Vortrag hätten Sie sich sparen können. Denn wir sind diejenigen, die sagen: Wir müssen die Rolle der Kreditinstitute wieder auf ihre Kernfunktion, nämlich auf eine der Realwirtschaft dienende Funktion, beschränken.

(Johannes Kahrs (SPD): Dann sollten Sie mal was dafür tun und nicht nur Unsinn reden!)

Aber diese Situation haben wir ja nicht. Die Bankenlandschaft ist so groß geworden, weil die Banken im Zockergeschäft tätig sind, und nicht, weil sie die Realwirtschaft finanzieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen muss genau dies angegangen werden.

(Johannes Kahrs (SPD): So wird das garantiert nichts!)

Wenn man das systematisch nicht angeht, dann verfehlt man letztlich das eigentliche Ziel.

(Johannes Kahrs (SPD): Getretener Quark wird breit, nicht stark!)

Aber das heißt natürlich, sich auch mit den Mächtigen anlegen zu müssen. Das ist in diesem Fall nicht passiert.

Kommen wir zu einem Punkt, der für uns zentral ist: zum Bankenrettungsfonds. Minister Schäuble hat eben dargestellt, es gehe dabei um einen Solidarpakt und um die solidarische Haftung für gemeinsame Risiken. Das hört sich gut an. In der Tat sind wir der Ansicht, dass die Branche sowohl zur Begleichung der bisherigen Kosten als auch zur Begleichung zukünftiger Kosten in einen solchen Fonds einzahlen muss. Er müsste viel größer sein. Aber einzahlen müssten diejenigen, die wirklich Risiken erzeugen und mit den Mitteln aus einem solchen Fonds gerettet werden können. Wenn man mit einem solchen Fonds aber letztlich die Bankenlandschaft Deutschlands plattzumachen versucht, indem man deutsche Sparkassen und Genossenschaftsbanken bei der Zahlung der Beiträge massiv mit heranzieht, dann geht das voll am Thema vorbei,

(Beifall bei der LINKEN)

weil diese erstens regional organisiert sind, diese Risiken also gar nicht erzeugen, und weil sie zweitens ein jeweils eigenes Sicherungssystem haben. Die retten sich selber; die brauchen keinen Bankenrettungsfonds. Also ergibt es auch überhaupt keinen Sinn, dass sie in einen solchen Bankenrettungsfonds einzahlen.

(Manfred Zöllmer (SPD): Warum wollt ihr denn, dass noch mehr eingezahlt wird?)

Jetzt wird gesagt: Na ja, da haben wir im Prinzip ein Problem. Es gibt eine Kleinbankenregelung, also eine Regelung für Banken mit einer Bilanzsumme von unter 1 Milliarde Euro. - Das hört sich erst einmal gut an, wenn man nicht Bescheid weiß. Wenn man weiß, dass nur 20 Prozent der Sparkassen darunterfallen, heißt das: 80 Prozent liegen darüber. Diese Banken müssen nicht nur einen Beitrag von 1 000 bis 50 000 Euro pro Jahr zahlen, sondern sie müssen deutlich mehr bezahlen. Eben haben wir vom Minister gehört: Es gibt eine Übergangsregelung - diese will man auch in Anspruch nehmen -, die Banken mit einem Bilanzvolumen von 1 bis 3 Milliarden Euro etwas Erleichterung bringt. - Wir haben das einmal im Einzelnen nachgerechnet. Das sind maximal 10 Prozent Ersparnis, und das gegenüber viel, viel höheren Beiträgen, die gezahlt werden müssen.

Damit das nicht so abstrakt bleibt, mache ich das einmal ganz konkret mit Blick auf einige mir nachfolgende Redner deutlich. Wir haben in Bad Tölz - das ist der Wahlkreis des CSU-Debattenredners Alexander Radwan - eine Sparkasse mit einem Bilanzvolumen von 2 Milliarden Euro. Sie wird, so ist uns im Finanzausschuss vorgerechnet worden, zwischen 240 000 und 300 000 Euro jährlich in diesen Fonds einzahlen müssen, ohne jemals gerettet werden zu können. Nehmen wir die Sparkasse Wuppertal - Kollege Manfred Zöllmer spricht als Nächster -, die Sparkasse einer Stadt, die völlig pleite ist, kein Geld mehr für Schulen, Schwimmbäder, Theater und anderes mehr hat. Diese Sparkasse wird keine Chance mehr haben, Geld gemeinnützig auszuschütten, wenn sie denn Gewinne macht. Sie muss jedes Jahr 900 000 Euro an den Fonds abführen, ohne jemals etwas davon zu haben.

(Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Das ist doch gelogen!)

Wir können aber auch - Kollege Brinkhaus, gut, dass du gerade etwas sagst -

(Heiterkeit des Abg. Johannes Kahrs (SPD))

die Volksbank Bielefeld-Gütersloh oder, Kollege Schick, die Volksbank Rhein-Neckar heranziehen. Beide Volksbanken werden entsprechend ihrer Größe jeweils um die 0,5 Millionen Euro jährlich in diesen Fonds einzahlen müssen.

(Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU): Nein! Das stimmt nicht!)

Dabei ist klar, dass noch niemals eine Volksbank gerettet werden musste, weil die eigenen Sicherungssysteme immer ausgereicht haben.

(Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Aber vielleicht die Spitzenverbände! Jetzt sei mal ehrlich!)

- Nein, es bleibt dabei. Das sind alles Beträge, die der Gemeinnützigkeit entzogen werden. Deshalb ist das in dieser Übergangsregelung nicht vernünftig geregelt.

(Beifall bei der LINKEN - Ralph Brinkhaus (CDU/CSU): Es ist falsch, was du da sagst!)

Deswegen kann ich nur sagen: Gerade bei der Bankenregulierung zeigt sich das gleiche Muster wie bei der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Bundesregierung der vergangenen 20 Jahre. Auch in diesem Fall findet eine Umverteilung von unten nach oben statt, in diesem Fall von den Sparkassen hin zu den Großbanken. Das lehnen wir ab. Deswegen werden wir dem Gesetzentwurf auf keinen Fall zustimmen.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)